Betreff
Fortführung des Projektes "Arbeitsrechtliche Beratung für Arbeitsmigranten in prekären Beschäftigungsverhältnissen im Oldenburger Münsterland"
Vorlage
V-SOZ/24/183
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Sozialausschuss empfiehlt dem Kreistag, vorbehaltlich der Förderung durch den Landkreis Vechta und das Bischöflich Münstersche Offizialat, die finanzielle Unterstützung des Projektes „Arbeitsrechtliche Beratung für Arbeitsmigranten in prekären Beschäftigungsverhältnissen im Oldenburger Münsterland“ weiterzuführen für den Zeitraum vom 01.02.2025-31.12.2026 in Höhe von 41.297,44 EUR im Jahr 2025 und 45.051,75 EUR im Jahr 2026, insgesamt 86.349,19 EUR.


Sachverhalt:

Die Stiftung Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth (CSW) hat mit Datum vom 07.10.2024 einen Antrag auf finanzielle Unterstützung der Weiterführung des Projektes „Arbeitsrechtliche Beratung für Arbeitsmigranten in prekären Beschäftigungsverhältnissen im Oldenburger Münsterland“ für den Zeitraum vom 01.02.2025-31.12.2026 in Höhe von 41.297,44 EUR für 2025 und 45.051,75 EUR für 2026 gestellt.

Diese Beratungsstelle hat am 01.03.2018 ihre Arbeit entsprechend dem Konzept „Niederschwelliges (Rechts-)Beratungsangebot im Oldenburger Münsterland für Arbeitsmigranten in prekären Beschäftigungsverhältnissen“ aufgenommen, das seinerzeit vom Landescaritasverband für Oldenburg e. V. erarbeitet wurde. Die politischen Gremien der Landkreise Cloppenburg und Vechta hatten 2017 einer finanziellen Förderung der Beratungsstelle für zunächst 3 Jahre (2018-2020) in Höhe von jeweils 45 % der Gesamtkosten zugestimmt bei Übernahme der restlichen 10 % durch das Bischöflich Münstersche Offizialat (Beschluss KT v. 28.09.2017). 2020 wurde einer Verlängerung der finanziellen Förderung für zunächst 1 Jahr vom 01.02.2021-31.01.2022 zugestimmt (Beschluss KT v. 07.07.2020). Dies geschah vor dem Hintergrund der Einführung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in der Fleischwirtschaft, das zum 01.01.2021 Werkverträge in der Branche und ab dem 01.04.2021 Zeitarbeit verboten hat. Es sollten zunächst einmal die Auswirkungen dieses neuen Gesetzes auf die Situation der prekär Beschäftigten analysiert werden. 2021 wurde wiederum beschlossen, das Projekt für weitere drei Jahre zu finanzieren (Beschluss KT v. 21.12.2021). Es wurde festgestellt, dass angesichts der hohen Anzahl von Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten und ihrer besonderen Problemlagen weiterhin ein Beratungsbedarf gegeben sei.

Die Beratungsstelle unterstützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund bei der Wahrnehmung ihrer Rechte als Arbeitnehmende. Sie richtet sich insbesondere an Personen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, aus allen Branchen und unabhängig von der Art des Arbeitsverhältnisses. Die Beratungsstelle informiert Betroffene niedrigschwellig über das geltende Arbeitsrecht, berät und begleitet sie bei konkreten Problematiken und Fragestellungen. Das ursprüngliche Konzept von 2017 wurde vom CSW aktualisiert als Beratungskonzept 3.0 (s. Anlage). Die Beratung erfolgt demnach durch eine Juristin bzw. einen Juristen im Stundenumfang einer halben Vollzeitstelle. Hinzu kommt der langjährige Stelleninhaber, der als zusätzlicher Jurist mit einer geringfügigen Beschäftigung vorgesehen ist, um sein Erfahrungswissen für die Beratungsstelle zu erhalten. Die Expertise qualifizierter und erfahrener Juristen bzw. Juristinnen wird als Alleinstellungsmerkmal der Beratung hervorgehoben.

Das Caritas-Sozialwerk führt in seinem Antrag aus, dass im Oldenburger Münsterland 28.751 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte aus dem Ausland tätig sind (Stand: September 2023). Das sind knapp 19 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Region. Gegenüber 2020 ist das ein Wachstum um 4 %-Punkte. Das CSW stellt einen erhöhten Beratungsbedarf dieser Gruppe fest. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Anzahl der Beratungsfälle seit 2018.

Tabelle: Entwicklung der Anzahl der Beratungsfälle

Jahr

Beratungsfälle

2018

140

2019

276

2020

318

2021

273

2022

208

Quelle: verschiedene Jahresberichte der Beratungsstelle für Arbeitsmigranten

Der Jahresbericht 2021/2022 der Beratungsstelle für Arbeitsmigranten gibt Auskunft über die aktuelle Verteilung der Beratungsfälle auf Branchen, Herkunftsländer, Arten der Anstellung etc. Die drei Branchen mit den meisten Beratungsfällen sind: Schlachtbetriebe (2021: 45, 2022: 28), Logistik (2021: 43, 2022: 20) und Reinigung (2021: 34, 2022: 23). Zu den häufigsten Herkunftsländern der Personen mit einem Beratungsanliegen zählen Rumänien (2021: 112, 2022: 54), Syrien (2021: 39, 2022: 37) und Bulgarien (2021: 31, 2022: 37). Bezüglich der Art der Anstellung handelte es sich in 62 % der Fälle (2022; 2021: 52 %) um direkte Anstellungen, in 20 % der Fälle (2022; 2021: 30 %) um Arbeitnehmerüberlassungen, in 4 % der Fälle (2022; 2021: 3 %) um Werkverträge. In den übrigen Fällen gab es keine Angaben.

Gegenüber 2020 ist somit ein Rückgang bei der Gesamtzahl der Beratungsfälle erkennbar. Dies betrifft insbesondere die Beratungsfälle mit Bezug zu Schlachtbetrieben von 79 Fällen in 2020 auf 28 Fälle in 2022. Analysen zu den Effekten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes in der Fleischwirtschaft belegen, dass das Gesetz deutliche Verbesserungen hervorgebracht hat, gleichzeitig jedoch eine problematische Arbeits- und Führungskultur innerhalb der Betriebe oft noch fortbesteht. Das Gesetz wird als wichtiger Schritt bewertet, um dauerhaft Arbeitsbedingungen und betriebliche Mitbestimmung zu verbessern (Sachverständigenrat für Integration und Migration SVR-Studie 2023-1).

Gemäß den Ausführungen des Caritas-Sozialwerks erscheint eine Fortführung der Arbeit der „Beratungsstelle für Arbeitsmigranten“ notwendig und sinnvoll. Auch die Kreisverwaltung Cloppenburg befürwortet eine weitere finanzielle Unterstützung des Projektes „Arbeitsrechtliche Beratung für Arbeitsmigranten in prekären Beschäftigungsverhältnissen im Oldenburger Münsterland“ für den Zeitraum vom 01.02.2025-31.12.2026 gemeinsam mit dem Landkreis Vechta in Höhe von jeweils 45 % der Gesamtkosten und dem Bischöflich Münsterschen Offizialat in Höhe von 10 %. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die betriebliche Mitbestimmung ausländischer Arbeitskräfte in der Fleischwirtschaft haben sich seit 2018, als die Beratungsstelle ihre Arbeit aufgenommen hat, deutlich verbessert. Es ist davon auszugehen, dass diese Möglichkeiten zunehmend wahrgenommen werden. Perspektivisch sollten daher die Interessen der Betroffenen verstärkt durch Gewerkschaften und Betriebsräte vertreten werden, sodass eine kommunal kofinanzierte arbeitsrechtliche Beratungsstelle über 2026 hinaus entbehrlich wird.

Die Kosten setzen sich laut eingereichtem Finanzierungsplan wie folgt zusammen und betragen für den Landkreis Cloppenburg 41.297,44 EUR für das Jahr 2025 und 45.051,75 EUR für das Jahr 2026:

Einnahmen

Gesamtlaufzeit

2025 (11 Monate)

2026 (12 Monate)

BMO (10 %)

19.188,71 €

9.177,21 €

10.011,50 €

LK Vec (45 %)

86.349,19 €

41.297,44 €

45.051,75 €

LK Clp (45 %)

86.349,19 €

41.297,44 €

45.051,75 €

Gesamt

191.887,09 €

91.772,09 €

100.115,00 €

Personalausgaben jährlich

Personalkosten

77.000,00 €

Personalnebenkosten

2.000,00 €

79.000,00 €

Sachkosten jährlich

Reisekosten

2000,00 €

Fortbildung

700,00 €

Mieten

6.000,00 €

Umlagen

4.000,00 €

Versicherungen

90,00 €

Afa

275,00 €

Verwaltung

4.000,00 €

Porto

50,00 €

Bürobedarf, Fachliteratur

1.000,00 €

Telefon

1.000,00 €

Jahresbericht

2.000,00 €

21.115,00 €

100.115,00 €


Finanzierung:

PSP-Element (Produkt)

P1.111200.101


Anlagenverzeichnis:

1.                  Antrag „Beratungsstelle für Arbeitsmigranten“ vom 07.10.2024

2.                  Beratungskonzept 3.0