Betreff
Fortführung der Koordinierungsstelle für die generalistische Pflegeausbildung
Vorlage
V-SOZ/23/162
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

Der Landkreis führt die Koordinierungsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung fort und stellt für die Dauer von weiteren zwei Jahren Personal zur Verfügung. Die kommunalen Mittel für die Finanzierung dieser Stelle werden in den Jahren 2023-2025 zur Verfügung gestellt. Der Landkreis Cloppenburg wird sich die Kosten für die Stelle von den Trägern der praktischen Ausbildung im Umfang der Ausgleichszahlungen auf Grundlage des Kooperationsvertrages erstatten lassen. Perspektivisch wird eine Kostendeckung angestrebt.


Sachverhalt:

 

Bezug  

V-SOZ/20/134

Kreisausschuss am 24.11.2020

Kreistag am 18.03.2021

 

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 18.03.2021 beschlossen, dass der Landkreis die Koordinierungsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung übernimmt und dafür zunächst für die Dauer von zwei Jahren Personal zur Verfügung stellt. Die Koordinierungsstelle generalistische Pflegeausbildung wurde zum 01.06.2021 eingerichtet. Vor dem Ablauf der zweijährigen Befristung wurde evaluiert, ob und in welchem Umfang die geschaffene Stelle fortgeführt werden kann und muss.

 

Hintergrund der Einrichtung einer Koordinierungsstelle waren grundlegende Veränderungen in der Pflegeausbildung durch das Pflegeberufegesetz (PflBG). Damit verbunden war die Einführung einer gemeinsamen generalistischen Ausbildung, die vormals getrennt voneinander in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflegeausbildung stattfand. Die Verantwortung für die Koordinierung der praktischen Ausbildung wurde durch das PflBG auf die Träger der praktischen Ausbildung übertragen. Insbesondere für kleinere Ausbildungsbetriebe stellte die Organisation der Praxiseinsätze in unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar.

 

Im Landkreis Cloppenburg haben daher Pflegeschulen (BBS am Museumsdorf und BBS Friesoythe), Träger der praktischen Ausbildung und weitere an der praktischen Ausbildung beteiligte Einrichtungen den Ausbildungsverbund „PflegeAusBildungsNetzwerk Cloppenburg“ gebildet, der aktuell aus 85 Kooperationspartner*innen besteht. Der Verbund verfolgt das Ziel, eine dauerhafte Kooperation von Lernorten auf Grundlage eines gemeinsamen Ausbildungsverständnisses zu gewährleisten, um so die Pflegeausbildung zu stärken und die Versorgung mit Pflegekräften in der Region zu sichern. Im Rahmen des Kooperationsvertrages übertragen die Träger der praktischen Ausbildung koordinierende Aufgaben wie die Organisation der Einsätze auf die Pflegeschulen und erstatten den Aufwand in Anlehnung an die „Empfehlungen der Ausbildungsallianz Niedersachsen zu Ausgleichszahlungen in Kooperationsverträgen“. Da das PflBG den Einsatz von Lehrerstunden für diese Koordination nicht vorsieht und der Bereich Pflege zur Daseinsvorsorge der Kommunen gehört, haben viele Landkreise bzw. kreisfreie Städte, so auch der Landkreis Cloppenburg, eine koordinierende Stelle für die Schulen in ihrer Trägerschaft in ihrer Verwaltung eingerichtet. Bei der Übernahme der Koordinationsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung handelt es sich nicht um eine Pflichtaufgabe des Landkreises, sondern um eine freiwillige Aufgabe.

 

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist die Pflegeausbildung von enormer Bedeutung, um den wachsenden Bedarf an Pflegekräften im Landkreis zu sichern. Die Zahl der älteren Menschen steigt kontinuierlich. Insbesondere wachsende Zahlen in der Altersgruppe 85+ gehen einher mit einem steigenden Pflegebedarf. So sind in Deutschland knapp zwei Drittel der Personen in dieser Altersgruppe pflegebedürftig (Statistisches Bundesamt 2022). Die jüngste Bevölkerungsvorausberechnung für Niedersachsen geht davon aus, dass die Altersgruppe 85+ im Landkreis Cloppenburg bis zum Jahr 2040 auf etwa 5.800 Personen wächst (Landesamt für Statistik Niedersachsen 2022). Das ist ein Plus von 1.900 Personen innerhalb von 20 Jahren. Allein in dieser Altersgruppe sind bei gleichbleibender Pflegequote 1.200 zusätzliche Pflegebedürftige zu erwarten. Zusätzlich zur steigenden Nachfrage nach Pflegedienstleistungen wirkt sich der Eintritt der Babyboomergeneration in das Rentenalter aus und führt gleichzeitig zu einem Rückgang des Angebots an erfahrenen Pflegekräften. So sind aktuell fast 40 % der Beschäftigten in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege in Deutschland 50 Jahre oder älter (Statistisches Bundesamt 2022). Sie werden bis 2040 das Rentenalter erreicht haben. Die steigende Nachfrage und das sinkende Angebot erfordern somit weiterhin ein starkes Engagement für die Pflegeausbildung in der Region.

 

Die BBS am Museumsdorf hat zum Schuljahr 2020/21 die generalistische Pflegeausbildung eingeführt. Die BBS Friesoythe folgte im Schuljahr 2021/22. Zum Schuljahresbeginn 2022/23 wurden an beiden Pflegeschulen 105 Schülerinnen und Schüler in der generalistischen Pflege unterrichtet. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Anzahl der Schülerinnen und Schüler.

 

Schuljahr

Ausbil-dungsjahr

BBS am Museumsdorf

BBS Friesoythe

Gesamt

gesamt

davon durch

KOS

 verwaltet*

gesamt

davon durch KOS

verwaltet*

gesamt

davon durch KOS

verwaltet

SJ 20/21

1. ABJ

27

23

-

-

27

23

SJ 21/22

1. ABJ

32

32

25

13

57

45

2. ABJ

26

22

-

-

26

22

SJ 22/23

1. ABJ

18

18

16

10

34

28

2. ABJ

30

29

17

9

47

38

3. ABJ

24

20

-

-

24

20

Summe der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2022/23

105

86

Tabelle 1: Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der generalistischen Pflegeausbildung an der BBS am Museumsdorf und der BBS Friesoythe, jeweils zum 1. August

* Die Auszubildenden des St. Marienhospitals werden durch das Krankenhaus verwaltet.

 

Es wird deutlich, dass die Anzahl der Personen, die eine Ausbildung starten, im Schuljahr 2022/23 rückläufig war. Dies kann u.a. als Effekt fehlender Praktikumsmöglichkeiten während der Coronapandemie gedeutet werden, verweist aber auch auf eine allgemein geringe Attraktivität von Pflegeberufen. Außerdem zeigt sich, dass Ausbildungsabbrüche zu einer Verkleinerung der Kohorten im Zeitverlauf führen. Daraus folgt die Notwendigkeit einer engmaschigen Betreuung der Auszubildenden mit dem Ziel, Abbruchquoten möglichst gering zu halten und letztendlich durch positive Erfahrungsberichte von Absolvent*innen auch neue Auszubildende für die generalistische Pflege zu gewinnen.

 

Die Koordinierungsstelle fungiert als Schnittstelle zwischen Pflegeschulen, Trägern der praktischen Ausbildung und den Auszubildenden und unterstützt die reibungslose Administration der Ausbildung. Dadurch kann sie einen wichtigen Beitrag zum Ausbildungserfolg leisten und somit letztlich auch zur Sicherstellung der Pflege in der Region. Zu den Aufgaben, die die Koordinierungsstelle seit ihrer Einrichtung übernommen hat, zählen

-          die Rekrutierung von Kooperationspartner*innen für die Einsätze in allen Bereichen der praktischen Ausbildung: Gemeinsam mit Schulen, Trägern der praktischen Ausbildung und den weiteren Einrichtungen konnte ein Netzwerk aus derzeit 85 Kooperationspartner*innen etabliert werden. Da die Zusammenarbeit in Teilbereichen (z.B. pädiatrische Einrichtungen) zunächst erprobt wird, besteht weiterhin Rekrutierungsbedarf.

-          die Organisation der praktischen Einsätze: Darunter fällt die Jahresplanung der praktischen Einsätze sowie die konkrete Kursplanung. Dies erfolgt mit Hilfe einer Software, die 2021 eingeführt wurde und kontinuierlich an die Bedürfnisse des Ausbildungsverbundes angepasst wird. Bei der Organisation der Einsätze handelt es sich um eine Daueraufgabe, die jedoch immer wieder Anpassungen erfährt.

-          die Kommunikation zur Sicherstellung der Vorgaben der praktischen Ausbildung und der Praxisanleitung in den Einsätzen: Die Koordinierungsstelle, die beim Landkreis verortet ist, hat sich zu einer Servicestelle für Auszubildende, Schulen, Träger der praktischen Ausbildung und andere an der Ausbildung beteiligte Institutionen entwickelt. Sie steht in Austausch mit anderen Koordinierungsstellen in Niedersachsen und dem Beratungsteam Pflegeausbildung des BAfzA zu aktuellen Entwicklungen in der Pflegeberufereform.

 

Bei der Evaluation der Aktivitäten der Koordinierungsstelle wurde deutlich, dass Träger der praktischen Ausbildung die gute Erreichbarkeit per Telefon bzw. Email und die damit verbundenen schnellen Reaktionszeiten besonders schätzen. Auszubildende und Schulen wünschen sich eine stärkere Präsenz in der Schule. Die beteiligten Schulen haben daher vorgeschlagen, die Koordinierungsstelle zukünftig räumlich in der BBS am Museumsdorf anzusiedeln und einen festen Sprechtag an der BBS Friesoythe anzubieten. Für einen Verbleib der Koordinierungsstelle im Kreishaus spricht jedoch ihre Funktion als neutrales Bindeglied zwischen Schulen, Trägern der praktischen Ausbildung und Auszubildenden. Der Standort im Kreishaus steht für einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Akteuren. Außerdem wird dadurch eine Offenheit gegenüber neuen Partner*innen signalisiert, die auch eine mögliche räumliche Erweiterung Richtung Oldenburger Münsterland einschließt. Nicht zuletzt verfügt der Landkreis durch die räumliche Ansiedlung im Kreishaus über größere Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung dieser freiwilligen Aufgabe. So haben sich anknüpfend an die oben skizzierten Entwicklungen der Auszubildendenzahlen im Laufe der letzten zwei Jahre weitere Aufgaben entwickelt. Die Koordinierungsstelle beteiligt sich an Maßnahmen zur Anwerbung von Auszubildenden (z.B. Öffentlichkeitsarbeit, Berufsinformationsveranstaltungen) und zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen (z.B. Initiierung von Berufssprachkursen für Auszubildende aus dem Ausland). In diesem Zusammenhang hat sich die Einbindung in die Stabsstelle Bildung, Integration und Demografie und die Vernetzung innerhalb der Kreisverwaltung (Gesundheitsregion, Sozialamt) als ausgesprochen nützlich erwiesen. Auch bei einem Verbleib der Koordinierungsstelle im Kreishaus kann der Wunsch nach einer stärkeren räumlichen Anbindung an die Schulen aufgenommen werden, indem feste Sprechzeiten und Arbeitstreffen an beiden Schulstandorten eingeführt werden. Bisher fanden Klassenbesuche und Arbeitstreffen bei Bedarf statt.

 

Finanzierung der koordinierenden Stelle

Die Finanzierung der Koordinierungsstelle wird vorrangig über die Träger der praktischen Ausbildung sichergestellt. Pro Auszubildender*m und Jahr wurde in Anlehnung an die „Empfehlungen der Ausbildungsallianz Niedersachsen zu Ausgleichszahlungen in Kooperationsverträgen“ im ersten Jahr eine Vergütungspauschale von 500,00€ von den ausbildenden Betrieben erstattet, mit einer jährlichen Anpassung um +2,7 % (vgl. Tab. 2). Die Zahlung erfolgt jeweils zu Beginn des Schuljahres und wird bei Abbruch der Ausbildung anteilig erstattet.

 

Jahr

2021

2022

2023 (Planung)

Personalkosten

36.506,52 €

66.822,07 €

67.301,49 €

Ausgleichszahlung

44.999,98 €

(500,00 €/Auszub.)

43.270,66 €

(513,50 €/Auszub.)

 

(527,36 €/ Auszub.)

Differenz

+ 8.493,46 €

- 23.551,41 €

 

Tabelle 2: Personalkosten und Ausgleichszahlungen – Ko-Stelle generalistische Pflegeausbildung

 

 

Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Höhe der Ausgleichszahlungen und der Personalkosten (2 halbe Teilzeitstellen, Eingruppierung in Entgeltgruppe 9b TVöD) in den vergangenen Haushaltsjahren. Hinzu kommen Kosten für die Software, die zur Koordinierung von Schulzeiten, praktischen Einsätzen und Urlaubszeiten genutzt wird. Da auch die Schulen die Software nutzen (z.B. Koordination von Praxisbesuchen, Planung von Terminen, Bereitstellung von Material), wird sie zukünftig den Sachkosten der Schule zugerechnet und entsprechend dem Schulgesetz durch den Schulträger, das Schul- und Kulturamt des Landkreises, übernommen.

 

In Abhängigkeit der Anzahl zukünftiger Auszubildender ist ein Defizit in der Finanzierung auch in der näheren Zukunft zu erwarten. Bei gleichbleibenden Anmeldezahlen und Abbruchquoten ist für das Schuljahr 2023/24 mit Ausgleichszahlungen in Höhe von knapp 46.000 € zu rechnen. Bei einer optimistischen Annahme von höheren Anmeldezahlen (Annahme: 50 SuS durch KOS verwaltet) wäre bei gleichbleibenden Abbruchquoten für das Schuljahr 2023/24 mit Ausgleichszahlungen von etwa 57.500 € zu rechnen. In Anbetracht der enormen Relevanz der Pflegeausbildung für die Versorgung einer steigenden Anzahl Pflegebedürftiger in der Region und der großen Herausforderungen bei der Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung für die Träger der praktischen Ausbildung besteht weiterhin dringender Unterstützungsbedarf durch den Landkreis.

 

 

Seit ihrer Einführung ist die Koordinierungsstelle personell als Vollzeitstelle konzipiert, die mit zwei Teilzeitkräften besetzt ist. Der Stellenumfang und die - ausgestaltung haben sich bewährt. Nach zwei Jahren zeigt sich eine anhaltende Dynamik bei den Aufgaben der Koordinierungsstelle. Zum Ersten haben sich aus der Startphase dauerhafte Aufgaben entwickelt. Zum Zweiten werden bereits Anpassungen der Ausbildung (Umstellung des Unterrichtsmodells) umgesetzt, was Umstellungen in der Planung sowie weiteren Informations- und Abstimmungsbedarf mit den Kooperationspartner*innen nach sich zieht. Zum Dritten ergeben sich wie oben skizziert neue Aufgaben wie die Unterstützung bei der Anwerbung von Auszubildenden. Perspektivisch ist weiterhin eine Kooperation mit dem Landkreis Vechta unter dem Mantel „Pflege im Oldenburger Münsterland“ vorstellbar. Aufgrund des anhaltend hohen Bedarfs an Personalressourcen wird eine Fortführung der Koordinierungsstelle im Umfang einer Vollzeitstelle wiederum befristet für zwei Jahre vorgeschlagen. Nach Ablauf dieser Frist wird erwartet, dass sich die Strukturen der Ausbildung verfestigt haben und sich somit auch standardisierte Abläufe in der Koordinierungsstelle etabliert haben. Außerdem ist ein klareres Bild über die Entwicklung der Auszubildendenzahlen – unabhängig von Pandemieeffekten – zu erwarten, sodass der Umfang eines dauerhaften Koordinierungsbedarfs ermittelt werden kann.

 


Finanzierung:

PSP-Element Koordinierung Pflegeausbildung P1.111200.103

Die Mittel sind in den Haushaltsjahren 2023-2025 einzuplanen.


Anlagenverzeichnis:

Keine Anlagen