Beschlussvorschlag:
Dem Kreistag wird
folgende Beschlussfassung empfohlen:
Der Landkreis führt
die Koordinierungsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung fort und
stellt für die Dauer von weiteren zwei Jahren Personal zur Verfügung. Die
kommunalen Mittel für die Finanzierung dieser Stelle werden in den Jahren
2023-2025 zur Verfügung gestellt. Der Landkreis Cloppenburg wird sich die
Kosten für die Stelle von den Trägern der praktischen Ausbildung im Umfang der
Ausgleichszahlungen auf Grundlage des Kooperationsvertrages erstatten lassen.
Perspektivisch wird eine Kostendeckung angestrebt.
Sachverhalt:
Bezug
V-SOZ/20/134
Kreisausschuss am 24.11.2020
Kreistag am 18.03.2021
Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 18.03.2021 beschlossen, dass der Landkreis die Koordinierungsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung übernimmt und dafür zunächst für die Dauer von zwei Jahren Personal zur Verfügung stellt. Die Koordinierungsstelle generalistische Pflegeausbildung wurde zum 01.06.2021 eingerichtet. Vor dem Ablauf der zweijährigen Befristung wurde evaluiert, ob und in welchem Umfang die geschaffene Stelle fortgeführt werden kann und muss.
Hintergrund der Einrichtung einer Koordinierungsstelle waren grundlegende Veränderungen in der Pflegeausbildung durch das Pflegeberufegesetz (PflBG). Damit verbunden war die Einführung einer gemeinsamen generalistischen Ausbildung, die vormals getrennt voneinander in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflegeausbildung stattfand. Die Verantwortung für die Koordinierung der praktischen Ausbildung wurde durch das PflBG auf die Träger der praktischen Ausbildung übertragen. Insbesondere für kleinere Ausbildungsbetriebe stellte die Organisation der Praxiseinsätze in unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar.
Im Landkreis
Cloppenburg haben daher Pflegeschulen (BBS am Museumsdorf und BBS Friesoythe),
Träger der praktischen Ausbildung und weitere an der praktischen Ausbildung
beteiligte Einrichtungen den Ausbildungsverbund „PflegeAusBildungsNetzwerk
Cloppenburg“ gebildet, der aktuell aus 85 Kooperationspartner*innen besteht.
Der Verbund verfolgt das Ziel, eine dauerhafte Kooperation von Lernorten auf
Grundlage eines gemeinsamen Ausbildungsverständnisses zu gewährleisten, um so
die Pflegeausbildung zu stärken und die Versorgung mit Pflegekräften in der
Region zu sichern. Im Rahmen des Kooperationsvertrages übertragen die Träger
der praktischen Ausbildung koordinierende Aufgaben wie die Organisation der
Einsätze auf die Pflegeschulen und erstatten den Aufwand in Anlehnung an die „Empfehlungen
der Ausbildungsallianz Niedersachsen zu Ausgleichszahlungen in
Kooperationsverträgen“. Da das PflBG den Einsatz von Lehrerstunden für diese
Koordination nicht vorsieht und der Bereich Pflege zur Daseinsvorsorge der
Kommunen gehört, haben viele Landkreise bzw. kreisfreie Städte, so auch der
Landkreis Cloppenburg, eine koordinierende Stelle für die Schulen in ihrer
Trägerschaft in ihrer Verwaltung eingerichtet. Bei der Übernahme der
Koordinationsaufgaben für die generalistische Pflegeausbildung handelt es sich
nicht um eine Pflichtaufgabe des Landkreises, sondern um eine freiwillige
Aufgabe.
Vor dem
Hintergrund des demografischen Wandels ist die Pflegeausbildung von enormer
Bedeutung, um den wachsenden Bedarf an Pflegekräften im Landkreis zu sichern.
Die Zahl der älteren Menschen steigt kontinuierlich. Insbesondere wachsende
Zahlen in der Altersgruppe 85+ gehen einher mit einem steigenden Pflegebedarf.
So sind in Deutschland knapp zwei Drittel der Personen in dieser Altersgruppe
pflegebedürftig (Statistisches Bundesamt 2022). Die jüngste
Bevölkerungsvorausberechnung für Niedersachsen geht davon aus, dass die Altersgruppe
85+ im Landkreis Cloppenburg bis zum Jahr 2040 auf etwa 5.800 Personen wächst
(Landesamt für Statistik Niedersachsen 2022). Das ist ein Plus von 1.900
Personen innerhalb von 20 Jahren. Allein in dieser Altersgruppe sind bei
gleichbleibender Pflegequote 1.200 zusätzliche Pflegebedürftige zu erwarten.
Zusätzlich zur steigenden Nachfrage nach Pflegedienstleistungen wirkt sich der
Eintritt der Babyboomergeneration in das Rentenalter aus und führt gleichzeitig
zu einem Rückgang des Angebots an erfahrenen Pflegekräften. So sind aktuell
fast 40 % der Beschäftigten in der Kranken-, Kinderkranken- und
Altenpflege in Deutschland 50 Jahre oder älter (Statistisches Bundesamt 2022).
Sie werden bis 2040 das Rentenalter erreicht haben. Die steigende Nachfrage und
das sinkende Angebot erfordern somit weiterhin ein starkes Engagement für die
Pflegeausbildung in der Region.
Die BBS am Museumsdorf hat zum Schuljahr 2020/21 die generalistische Pflegeausbildung eingeführt. Die BBS Friesoythe folgte im Schuljahr 2021/22. Zum Schuljahresbeginn 2022/23 wurden an beiden Pflegeschulen 105 Schülerinnen und Schüler in der generalistischen Pflege unterrichtet. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Anzahl der Schülerinnen und Schüler.
Schuljahr |
Ausbil-dungsjahr |
BBS am Museumsdorf |
BBS Friesoythe |
Gesamt |
|||
gesamt |
davon durch KOS verwaltet* |
gesamt |
davon durch KOS verwaltet* |
gesamt |
davon durch KOS verwaltet |
||
SJ 20/21 |
1. ABJ |
27 |
23 |
- |
- |
27 |
23 |
SJ 21/22 |
1. ABJ |
32 |
32 |
25 |
13 |
57 |
45 |
2. ABJ |
26 |
22 |
- |
- |
26 |
22 |
|
SJ 22/23 |
1. ABJ |
18 |
18 |
16 |
10 |
34 |
28 |
2. ABJ |
30 |
29 |
17 |
9 |
47 |
38 |
|
3. ABJ |
24 |
20 |
- |
- |
24 |
20 |
|
Summe der Schülerinnen und
Schüler im Schuljahr 2022/23 |
105 |
86 |
Tabelle 1:
Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der generalistischen Pflegeausbildung an
der BBS am Museumsdorf und der BBS Friesoythe, jeweils zum 1. August
*
Die Auszubildenden des St. Marienhospitals werden durch das Krankenhaus
verwaltet.
Es wird deutlich, dass die Anzahl der Personen, die eine Ausbildung starten, im Schuljahr 2022/23 rückläufig war. Dies kann u.a. als Effekt fehlender Praktikumsmöglichkeiten während der Coronapandemie gedeutet werden, verweist aber auch auf eine allgemein geringe Attraktivität von Pflegeberufen. Außerdem zeigt sich, dass Ausbildungsabbrüche zu einer Verkleinerung der Kohorten im Zeitverlauf führen. Daraus folgt die Notwendigkeit einer engmaschigen Betreuung der Auszubildenden mit dem Ziel, Abbruchquoten möglichst gering zu halten und letztendlich durch positive Erfahrungsberichte von Absolvent*innen auch neue Auszubildende für die generalistische Pflege zu gewinnen.
Die Koordinierungsstelle fungiert als Schnittstelle zwischen Pflegeschulen, Trägern der praktischen Ausbildung und den Auszubildenden und unterstützt die reibungslose Administration der Ausbildung. Dadurch kann sie einen wichtigen Beitrag zum Ausbildungserfolg leisten und somit letztlich auch zur Sicherstellung der Pflege in der Region. Zu den Aufgaben, die die Koordinierungsstelle seit ihrer Einrichtung übernommen hat, zählen
-
die Rekrutierung
von Kooperationspartner*innen für die Einsätze in allen Bereichen der
praktischen Ausbildung: Gemeinsam mit Schulen, Trägern der praktischen
Ausbildung und den weiteren Einrichtungen konnte ein Netzwerk aus derzeit 85
Kooperationspartner*innen etabliert werden. Da die Zusammenarbeit in
Teilbereichen (z.B. pädiatrische Einrichtungen) zunächst erprobt wird, besteht
weiterhin Rekrutierungsbedarf.
-
die Organisation
der praktischen Einsätze: Darunter fällt die Jahresplanung der praktischen
Einsätze sowie die konkrete Kursplanung. Dies erfolgt mit Hilfe einer Software,
die 2021 eingeführt wurde und kontinuierlich an die Bedürfnisse des
Ausbildungsverbundes angepasst wird. Bei der Organisation der Einsätze handelt
es sich um eine Daueraufgabe, die jedoch immer wieder Anpassungen erfährt.
-
die Kommunikation
zur Sicherstellung der Vorgaben der praktischen Ausbildung und der
Praxisanleitung in den Einsätzen: Die Koordinierungsstelle, die beim Landkreis
verortet ist, hat sich zu einer Servicestelle für Auszubildende, Schulen,
Träger der praktischen Ausbildung und andere an der Ausbildung beteiligte
Institutionen entwickelt. Sie steht in Austausch mit anderen
Koordinierungsstellen in Niedersachsen und dem Beratungsteam Pflegeausbildung
des BAfzA zu aktuellen Entwicklungen in der Pflegeberufereform.
Bei der
Evaluation der Aktivitäten der Koordinierungsstelle wurde deutlich, dass Träger
der praktischen Ausbildung die gute Erreichbarkeit per Telefon bzw. Email und
die damit verbundenen schnellen Reaktionszeiten besonders schätzen.
Auszubildende und Schulen wünschen sich eine stärkere Präsenz in der Schule.
Die beteiligten Schulen haben daher vorgeschlagen, die Koordinierungsstelle
zukünftig räumlich in der BBS am Museumsdorf anzusiedeln und einen festen
Sprechtag an der BBS Friesoythe anzubieten. Für einen Verbleib der
Koordinierungsstelle im Kreishaus spricht jedoch ihre Funktion als neutrales
Bindeglied zwischen Schulen, Trägern der praktischen Ausbildung und
Auszubildenden. Der Standort im Kreishaus steht für einen Ausgleich zwischen
den verschiedenen Akteuren. Außerdem wird dadurch eine Offenheit gegenüber
neuen Partner*innen signalisiert, die auch eine mögliche räumliche Erweiterung
Richtung Oldenburger Münsterland einschließt. Nicht zuletzt verfügt der
Landkreis durch die räumliche Ansiedlung im Kreishaus über größere
Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung dieser freiwilligen
Aufgabe. So haben sich anknüpfend an die oben skizzierten Entwicklungen der
Auszubildendenzahlen im Laufe der letzten zwei Jahre weitere Aufgaben
entwickelt. Die Koordinierungsstelle beteiligt sich an Maßnahmen zur Anwerbung
von Auszubildenden (z.B. Öffentlichkeitsarbeit,
Berufsinformationsveranstaltungen) und zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen
(z.B. Initiierung von Berufssprachkursen
für Auszubildende aus dem Ausland). In diesem Zusammenhang hat sich die
Einbindung in die Stabsstelle Bildung, Integration und Demografie und die
Vernetzung innerhalb der Kreisverwaltung (Gesundheitsregion, Sozialamt) als
ausgesprochen nützlich erwiesen.
Auch bei einem Verbleib der Koordinierungsstelle im Kreishaus kann der Wunsch
nach einer stärkeren räumlichen Anbindung an die Schulen aufgenommen werden,
indem feste Sprechzeiten und Arbeitstreffen an beiden Schulstandorten
eingeführt werden. Bisher fanden Klassenbesuche und Arbeitstreffen bei Bedarf
statt.
Finanzierung der koordinierenden Stelle
Die Finanzierung der Koordinierungsstelle wird vorrangig über die Träger der praktischen Ausbildung sichergestellt. Pro Auszubildender*m und Jahr wurde in Anlehnung an die „Empfehlungen der Ausbildungsallianz Niedersachsen zu Ausgleichszahlungen in Kooperationsverträgen“ im ersten Jahr eine Vergütungspauschale von 500,00€ von den ausbildenden Betrieben erstattet, mit einer jährlichen Anpassung um +2,7 % (vgl. Tab. 2). Die Zahlung erfolgt jeweils zu Beginn des Schuljahres und wird bei Abbruch der Ausbildung anteilig erstattet.
Jahr |
2021 |
2022 |
2023 (Planung) |
Personalkosten |
36.506,52 € |
66.822,07 € |
67.301,49 € |
Ausgleichszahlung |
44.999,98 € (500,00 €/Auszub.) |
43.270,66 € (513,50 €/Auszub.) |
(527,36 €/ Auszub.) |
Differenz |
+ 8.493,46 € |
- 23.551,41 € |
|
Tabelle 2: Personalkosten und Ausgleichszahlungen – Ko-Stelle
generalistische Pflegeausbildung
Tabelle 2
gibt einen Überblick über die Höhe der Ausgleichszahlungen und der Personalkosten (2 halbe Teilzeitstellen,
Eingruppierung in Entgeltgruppe 9b TVöD) in den vergangenen Haushaltsjahren.
Hinzu kommen Kosten für die Software, die zur Koordinierung von Schulzeiten,
praktischen Einsätzen und Urlaubszeiten genutzt wird. Da auch die Schulen die
Software nutzen (z.B. Koordination von Praxisbesuchen, Planung von Terminen,
Bereitstellung von Material), wird sie zukünftig den Sachkosten der Schule
zugerechnet und entsprechend dem Schulgesetz durch den Schulträger, das Schul-
und Kulturamt des Landkreises, übernommen.
In Abhängigkeit der Anzahl zukünftiger
Auszubildender ist ein Defizit in der Finanzierung auch in der näheren Zukunft
zu erwarten. Bei gleichbleibenden Anmeldezahlen und Abbruchquoten ist für das
Schuljahr 2023/24 mit Ausgleichszahlungen in Höhe von knapp 46.000 € zu
rechnen. Bei einer optimistischen Annahme von höheren Anmeldezahlen (Annahme:
50 SuS durch KOS verwaltet) wäre bei gleichbleibenden Abbruchquoten für das
Schuljahr 2023/24 mit Ausgleichszahlungen von etwa 57.500 € zu rechnen. In
Anbetracht der enormen Relevanz der Pflegeausbildung für die Versorgung einer
steigenden Anzahl Pflegebedürftiger in der Region und der großen
Herausforderungen bei der Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung für
die Träger der praktischen Ausbildung besteht weiterhin dringender
Unterstützungsbedarf durch den Landkreis.
Seit ihrer Einführung ist die Koordinierungsstelle personell als
Vollzeitstelle konzipiert, die mit zwei Teilzeitkräften besetzt ist. Der
Stellenumfang und die - ausgestaltung haben sich bewährt. Nach zwei Jahren
zeigt sich eine anhaltende Dynamik bei den Aufgaben der Koordinierungsstelle.
Zum Ersten haben sich aus der Startphase dauerhafte Aufgaben entwickelt. Zum
Zweiten werden bereits Anpassungen der Ausbildung (Umstellung des
Unterrichtsmodells) umgesetzt, was Umstellungen in der Planung sowie weiteren
Informations- und Abstimmungsbedarf mit den Kooperationspartner*innen nach sich
zieht. Zum Dritten ergeben sich wie oben skizziert neue Aufgaben wie die
Unterstützung bei der Anwerbung von Auszubildenden. Perspektivisch ist
weiterhin eine Kooperation mit dem Landkreis Vechta unter dem Mantel „Pflege im
Oldenburger Münsterland“ vorstellbar. Aufgrund des anhaltend hohen Bedarfs an
Personalressourcen wird eine Fortführung der Koordinierungsstelle im Umfang
einer Vollzeitstelle wiederum befristet für zwei Jahre vorgeschlagen. Nach
Ablauf dieser Frist wird erwartet, dass sich die Strukturen der Ausbildung
verfestigt haben und sich somit auch standardisierte Abläufe in der
Koordinierungsstelle etabliert haben. Außerdem ist ein klareres Bild über die
Entwicklung der Auszubildendenzahlen – unabhängig von Pandemieeffekten – zu
erwarten, sodass der Umfang eines dauerhaften Koordinierungsbedarfs ermittelt
werden kann.
Finanzierung:
PSP-Element
Koordinierung Pflegeausbildung P1.111200.103
Die Mittel sind in den Haushaltsjahren 2023-2025
einzuplanen.
Anlagenverzeichnis:
Keine Anlagen