Betreff
moobil+, hier: Verstetigung
Vorlage
V-KA/23/752
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

 

„Unter Aufhebung des Kreistagsbeschlusses vom 23.03.2023 wird das moobil+Angebot für fünf Jahre mit der Option der anschließenden Verlängerung um weitere fünf Jahre bei Mitfinanzierung aller Städte und Gemeinden des Landkreises Cloppenburg in der jetzigen Form fortgeführt. Sollten einzelne Kommunen sich an der Mitfinanzierung über den gesamten Zeitraum nicht mehr beteiligen und bis zum 15.07.2023 keine positiven Beschlüsse gefasst haben, wird das Angebot in den betreffenden Kommunen auf ein dem ländlichen Raum angemessenes Grundangebot reduziert. Der Kreistag stellt die dafür notwendigen Haushaltsmittel bereit. Die Verwaltung wird beauftragt, falls erforderlich die Vorabbekanntmachung neu vorzunehmen, und die Ausschreibung durchzuführen.“

 

Alternativer Beschlussvorschlag:

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

 

„Unter Aufhebung des Kreistagsbeschlusses vom 23.03.2023 wird das moobil+Angebot bis zum 31.03.2029 mit der Option der anschließenden Verlängerung bis 2034 fortgeführt und der Kreistag stellt dafür die notwendigen Haushaltsmittel bereit. Die Verwaltung wird beauftragt, die Ausschreibung durchzuführen.“

 

 

 


Sach- und Rechtslage:

Der Betrieb des Mobilitätssystems moobil+ wurde zum 01.06.2020 (aufgrund der Corona-Pandemie mit zweimonatiger Verspätung) aufgenommen und nach der Pilotphase im Jahr 2022 um weitere zwei Jahre bis zum 31.03.2024 verlängert.

 

Folgende Ergebnisse sind nun nach rund 3 Jahren Betrieb im LK Cloppenburg zu verzeichnen:

·         Einsatz von 14 Fahrzeugen

·         über 30.000 registrierte Kunden (gesamt moobil+)

·         ca. 41.000 Anrufe in der Mobilitätszentrale CLP (kostenlose Rufnummer 0800/30 30 20 1)

·         3.488 Abonnenten (Facebook & Instagram)

·         durchschnittlich ca. 210 Besuche pro Tag auf www.moobilplus.de

·         Anzahl moobil+Berater: 6

·         594 Haltestellen auf 13 Linien

·         49 Infoveranstaltungen und Infoschulungen im Jahr 2022/2023

 

(Anzumerken bei der Statistik ist, dass moobil+ an fünf Tagen die Woche (montags – freitags) fährt und sich sowohl Ferienzeiten als auch sogenannte „Vier-Tage-Wochen“ mit geringeren Fahrgastzahlen bemerkbar machen.)

 

Aufgrund dieser Kenngrößen und vor dem Hintergrund weiterhin steigender Fahrgastzahlen kann festgestellt werden, dass es sich bei moobil+ um ein sehr erfolgreiches System handelt (siehe auch unten Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung durch ILS).

 

Das Betriebskostendefizit von moobil+ nach Abzug aller Einnahmen im Jahr 2021 betrug 1.824.614,40 EUR (voraussichtlich zu erwartender Zuschuss in Höhe von 675.881 EUR vom Land/EU).

Für weitere Leistungen wie Marketing und den Betrieb der Mobilitätszentrale einschließlich Nutzung der Dispositionssoftware sind weitere Kosten in Höhe von ca. 389.104,- € entstanden, die teilweise aus ÖPNV-Mitteln des Landkreises finanziert wurden.

Im Rahmen der Ausschreibung werden „saubere“ Fahrzeuge nach den Vorgaben des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes (SaubFahrzeugBeschG) gefordert. Hierdurch ist abhängig von den Möglichkeiten der Bieter mit einer Kostensteigerung zu rechnen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden kann.

 

Die Städte und Gemeinden des Landkreises Cloppenburg hatten sich ursprünglich darauf verständigt, dass sie bis Mitte/Ende März 2023 die Beschlüsse zur weiteren Beteiligung an moobil+ treffen bzw. eine Absichtserklärung zur weiteren Beteiligung vorlegen.

Auf der HVB-Tagung am 08.12.2022 wurde hinsichtlich der Verstetigung von moobil+ Folgendes beschlossen: „Die Hauptverwaltungsbeamten erklärten einstimmig, dass sie die vorgestellte Neuausschreibung der Verkehrsleistungen für moobil+ in ihre politischen Gremien einbringen und persönlich unterstützen werden. Zur Vorbereitung der Sitzungen wird der Landkreis entsprechende Zahlen, Daten und Fakten über die bisherige Umsetzung von moobil+ bezogen auf die jeweilige Stadt/Gemeinde übersenden.“

 

Bis zum 05.06.2023 liegen von den Kommunen Saterland, Friesoythe, Bösel und Garrel noch keine Ratsbeschlüsse bzw. Absichtserklärungen vor. Die Gemeinde Garrel hat am 05.06.2023 im Fachausschuss die weitere Beteiligung von moobil+ beschlossen (26.06.2023 Gemeinderatssitzung). Ob und ggf. wann diese Beschlüsse gefasst werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.

Die Gemeinde Lastrup hat den Ratsbeschluss dahingehend gefasst, dass sie sich für zwei Jahre unter der Voraussetzung beteiligen, dass alle Kommunen sich weiterhin beteiligen. Die Stadt Löningen und die Gemeinde Molbergen haben eine Beteiligung für vier Jahre beschlossen.

 

Aufgrund dieser Beschlusslage kann moobil+ derzeit nicht EU-weit ausgeschrieben werden, da der Kreistagsbeschluss vom 23.03.2023 unter der Voraussetzung gefasst wurde, dass sich alle Kommunen weiterhin beteiligen.

 

Die Ausschreibung der Verkehrsleistung von moobil+ ist für Anfang Juli 2023 planmäßig vorgesehen und muss eingehalten werden, um einen nahtlosen Übergang des Rufbussystems sicherzustellen.

 

Es stehen nun folgende Optionen zur Auswahl:

 

1.       Reduzierte Ausschreibung von moobil+ mit Kostenübernahme durch beteiligte Kommunen

Sollten sich eine oder mehrere Kommunen nicht mehr an moobil+ beteiligen, so muss geprüft werden, wie sich dies auf die Ausschreibung auswirkt. Fällt max. eine Kommune pro Linienbündel weg, wird die Verkehrsleistung in dieser Kommune auf ein dem ländlichen Raum angemessenes Grundangebot (= Anbindung an die Mittelzentren; ggf. kompletter Wegfall von moobil+ in dieser Kommune) reduziert. Diese reduzierte Leistung wird dann entsprechend ausgeschrieben.

 

Sollte mehr als eine Kommune pro Linienbündel sich nicht mehr an moobil+ beteiligen, müsste der gesamte Prozess der EU-weiten Vorabbekanntmachung (mit zwei Jahren Vorlaufzeit vor Leistungsbeginn) und EU-weiten Ausschreibung für das komplette Leistungsspektrum von moobil+ neu gestartet werden. Dies hat zur Folge:

-          Notvergabe für alle Linienbündel für zwei Jahre

-          Hoher und komplexer Abstimmungsaufwand mit der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) als Genehmigungsbehörde und dem Rechnungsprüfungsamt

-          Hoher, zusätzlicher Vergabeaufwand

-          Deutlich höhere Kosten für die Verkehrsleistung, die vom Landkreis zu 100% zu tragen sind.

In den nicht mehr beteiligten Kommunen wird die Verkehrsleistung ebenfalls auf ein dem ländlichen Raum angemessenes Grundangebot (= Anbindung an die Mittelzentren; ggf. kompletter Wegfall von moobil+ in dieser Kommune) reduziert.

 

Negative Auswirkungen der Option 1:

-          Erhebliche Zeitverzögerungen der Verstetigung der moobil+Verkehrsleistung und Kostensteigerungen in unbekannter Höhe

-          Inkaufnahme von Qualitäts- und Akzeptanzverluste bei der Bevölkerung während der Notvergabe

-          Imageverlust

-          Kein flächendeckendes, bezahlbares Mobilitätsangebot von moobil+ für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis („ÖPNV-Flickenteppich“)

-          Unter Umständen kein einheitliches Erscheinungsbild von moobil+ während der Notvergabe (verschiedene Busse und Ausstattungen, wie z. B. Niederflur, Rampe, Rollstuhl-, Fahrrad- und Kinderwagenmitnahme)

-          Geringere Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Landkreises auf die Verkehrsleistung von moobil+ während der Notvergabe

-          Abkopplung vom Landkreis Vechta – kein einheitliches OM-weites Mobilitätsangebot mehr mit moobil+

 

 

2.       Komplette Ausschreibung und 100%ige Kostenübernahme durch den Landkreis:

Um moobil+ dauerhaft als ein landkreisweites, für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbares Mobilitätsangebot zu erhalten, wird auf eine finanzielle Beteiligung der Kommunen nach Projektende (31.03.2024) verzichtet. Der Landkreis ist für die Sicherstellung einer ausreichenden den Grundsätzen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr als Aufgabenträger gem. § 8 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Niedersächsisches Nahverkehrsgesetz (NNVG) zuständig. Das moobil+ Angebot ist im Nahverkehrsplan 2018, erste Fortschreibung vom 17.10.2019, als Teil der Netzebene 2a, überörtliche und lokale Verbindungen (Flächenerschließung), vorgesehen. Entsprechend der dispersen Siedlungsstruktur und Nachfrage wird der bestehende Linienverkehr durch moobil+Rufbusangebote ergänzt, um eine auch wirtschaftlich tragbare ÖPNV-Erschließung im Jedermannverkehr zu sichern. Das Rufbussystem stellt die Netzebene 2a und die Schnittstelle zu überregionalen Verkehren dar.

Auch in seinem integrierten Klimaschutzkonzept hat der Kreistag des Landkreises Cloppenburg u. a. die Stärkung des Umweltverbundes und den Ausbau des ÖPNVs beschlossen (siehe Abschlussbericht vom 31.08.2022).

 

Das Projekt moobil+ wurde von Anfang an wissenschaftlich durch das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) begleitet, um die Auswirkungen von moobil+ zu erkennen, den Prozess permanent zu verbessern und transparente Ergebnisse vorliegen zu haben. Die Ziele bei der Evaluation des neuen Rufbussystems des Landkreises Cloppenburg liegen in der Gewinnung systematischer und valider Erkenntnisse über die Kommunikations- und Betriebsprozesse des neuen Systems sowie über die Akzeptanz bei Kunden und Dienstleistern, um auf diese Weise den Nutzen des neuen Mobilitätsangebots beurteilen und zeitnah Modifikationen vornehmen zu können. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Begleitung fand im Oktober/November 2022 eine Haushaltsbefragung durch ILS statt. Die Haushaltsbefragung wurde von ILS wie folgt zusammengefasst:

 

 

Schlussfolgerungen für die weitere Entwicklung von moobil+

Wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge, sozialer Teilhabe und Verkehrswende

 

Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar zu empfehlen, moobil+ beizubehalten, weiterzuentwickeln und weitere Nutzungspotenziale zu aktivieren. Es ist davon auszugehen, dass das Angebot auch künftig von immer mehr Bürger*innen genutzt wird, weil Änderungen des Mobilitätsverhaltens oft nicht unmittelbar nach der Einführung eines neuen Mobilitätsangebots eintreten, sondern erst wenn es die persönliche Lebenssituation erforderlich macht. Das Angebot leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge und Erreichbarkeit im Landkreis Cloppenburg und kann vielen Menschen soziale Teilhabe ermöglichen. Gerade in Zeiten der Verkehrswende, in denen ein besserer Ausbau des ÖPNV im ländlichen Raum häufig diskutiert wird, ist moobil+ in Kombination mit weiteren ÖPNV-Angeboten und dem Fahrrad ein wichtiger Baustein für zukünftige Veränderungen hin zu einer klimaverträglichen und nachhaltigen Mobilität.

 

In der HVB-Sitzung am 08.06.2023 wurde das Mobilitätskonzept moobil+Taxi vorgestellt (s. Anlage). Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung des bestehenden ÖPNV-Angebotes bei Angebotslücken, an Abenden und am Wochenende. Moobil+Taxi ist am 01.06.2023 im Landkreis Vechta als Pilotprojekt in Betrieb genommen worden. Der Landkreis Cloppenburg prüft, ob und wie moobil+Taxi auch hier im Landkreis Cloppenburg umgesetzt werden kann.

 

 

 

 

 


Finanzierung:

PSP-Element     Sachkonto

P1.547100                           443100

P1.547200                           427100/314200

P1.547200                           431700

 

 

 


Anlagenverzeichnis:

 

PP-Präsentation vom 08.06.2023