Beschlussvorschlag:
Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung
empfohlen:
„Unter
Aufhebung des Kreistagsbeschlusses vom 23.03.2023 wird das moobil+Angebot für
fünf Jahre mit der Option der anschließenden Verlängerung um weitere fünf Jahre
bei Mitfinanzierung aller Städte und Gemeinden des Landkreises Cloppenburg in
der jetzigen Form fortgeführt. Sollten einzelne Kommunen sich an der
Mitfinanzierung über den gesamten Zeitraum nicht mehr beteiligen und bis zum
15.07.2023 keine positiven Beschlüsse gefasst haben, wird das Angebot in den
betreffenden Kommunen auf ein dem ländlichen Raum angemessenes Grundangebot
reduziert. Der Kreistag stellt die dafür notwendigen Haushaltsmittel bereit.
Die Verwaltung wird beauftragt, falls erforderlich die Vorabbekanntmachung neu
vorzunehmen, und die Ausschreibung durchzuführen.“
Alternativer
Beschlussvorschlag:
Dem
Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:
„Unter
Aufhebung des Kreistagsbeschlusses vom 23.03.2023 wird das moobil+Angebot bis
zum 31.03.2029 mit der Option der anschließenden Verlängerung bis 2034
fortgeführt und der Kreistag stellt dafür die notwendigen Haushaltsmittel
bereit. Die Verwaltung wird beauftragt, die Ausschreibung durchzuführen.“
Sach- und Rechtslage:
Der Betrieb des Mobilitätssystems moobil+ wurde zum 01.06.2020 (aufgrund der Corona-Pandemie mit zweimonatiger Verspätung) aufgenommen und nach der Pilotphase im Jahr 2022 um weitere zwei Jahre bis zum 31.03.2024 verlängert.
Folgende Ergebnisse sind nun
nach rund 3 Jahren Betrieb im LK Cloppenburg zu verzeichnen:
·
Einsatz von 14
Fahrzeugen
·
über 30.000
registrierte Kunden (gesamt moobil+)
·
ca. 41.000 Anrufe
in der Mobilitätszentrale CLP (kostenlose Rufnummer 0800/30 30 20 1)
·
3.488 Abonnenten
(Facebook & Instagram)
·
durchschnittlich
ca. 210 Besuche pro Tag auf www.moobilplus.de
·
Anzahl
moobil+Berater: 6
·
594 Haltestellen
auf 13 Linien
·
49
Infoveranstaltungen und Infoschulungen im Jahr 2022/2023
(Anzumerken bei der Statistik ist, dass moobil+ an
fünf Tagen die Woche (montags – freitags) fährt und sich sowohl Ferienzeiten
als auch sogenannte „Vier-Tage-Wochen“ mit geringeren Fahrgastzahlen bemerkbar
machen.)
Aufgrund
dieser Kenngrößen und vor dem Hintergrund weiterhin steigender Fahrgastzahlen
kann festgestellt werden, dass es sich bei moobil+ um ein sehr erfolgreiches
System handelt (siehe auch unten Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung
durch ILS).
Das
Betriebskostendefizit von moobil+ nach Abzug aller Einnahmen im Jahr 2021
betrug 1.824.614,40 EUR (voraussichtlich zu erwartender Zuschuss in Höhe von
675.881 EUR vom Land/EU).
Für
weitere Leistungen wie Marketing und den Betrieb der Mobilitätszentrale
einschließlich Nutzung der Dispositionssoftware sind weitere Kosten in Höhe von
ca. 389.104,- € entstanden, die teilweise aus ÖPNV-Mitteln des Landkreises
finanziert wurden.
Im
Rahmen der Ausschreibung werden „saubere“ Fahrzeuge nach den Vorgaben des
Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes (SaubFahrzeugBeschG) gefordert.
Hierdurch ist abhängig von den Möglichkeiten der Bieter mit einer
Kostensteigerung zu rechnen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert
werden kann.
Die Städte und
Gemeinden des Landkreises Cloppenburg hatten sich ursprünglich darauf
verständigt, dass sie bis Mitte/Ende März 2023 die Beschlüsse zur weiteren
Beteiligung an moobil+ treffen bzw. eine Absichtserklärung zur weiteren
Beteiligung vorlegen.
Auf der HVB-Tagung
am 08.12.2022 wurde hinsichtlich der Verstetigung von moobil+ Folgendes
beschlossen: „Die Hauptverwaltungsbeamten erklärten einstimmig, dass sie die
vorgestellte Neuausschreibung der Verkehrsleistungen für moobil+ in ihre
politischen Gremien einbringen und persönlich unterstützen werden. Zur
Vorbereitung der Sitzungen wird der Landkreis entsprechende Zahlen, Daten und
Fakten über die bisherige Umsetzung von moobil+ bezogen auf die jeweilige
Stadt/Gemeinde übersenden.“
Bis zum 05.06.2023
liegen von den Kommunen Saterland, Friesoythe, Bösel und Garrel noch keine
Ratsbeschlüsse bzw. Absichtserklärungen vor. Die Gemeinde Garrel hat am
05.06.2023 im Fachausschuss die weitere Beteiligung von moobil+ beschlossen
(26.06.2023 Gemeinderatssitzung). Ob und ggf. wann diese Beschlüsse gefasst
werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.
Die Gemeinde
Lastrup hat den Ratsbeschluss dahingehend gefasst, dass sie sich für zwei Jahre
unter der Voraussetzung beteiligen, dass alle Kommunen sich weiterhin
beteiligen. Die Stadt Löningen und die Gemeinde Molbergen haben eine
Beteiligung für vier Jahre beschlossen.
Aufgrund dieser
Beschlusslage kann moobil+ derzeit nicht EU-weit ausgeschrieben werden, da der
Kreistagsbeschluss vom 23.03.2023 unter der Voraussetzung gefasst wurde, dass
sich alle Kommunen weiterhin beteiligen.
Die Ausschreibung
der Verkehrsleistung von moobil+ ist für Anfang Juli 2023 planmäßig vorgesehen
und muss eingehalten werden, um einen nahtlosen Übergang des Rufbussystems
sicherzustellen.
Es stehen nun
folgende Optionen zur Auswahl:
1.
Reduzierte Ausschreibung
von moobil+ mit Kostenübernahme durch beteiligte Kommunen
Sollten sich eine oder mehrere Kommunen nicht mehr an moobil+
beteiligen, so muss geprüft werden, wie sich dies auf die Ausschreibung
auswirkt. Fällt max. eine Kommune pro Linienbündel weg, wird die
Verkehrsleistung in dieser Kommune auf ein dem ländlichen Raum angemessenes
Grundangebot (= Anbindung an die Mittelzentren; ggf. kompletter Wegfall von
moobil+ in dieser Kommune) reduziert. Diese reduzierte Leistung wird
dann entsprechend ausgeschrieben.
Sollte mehr als eine Kommune pro Linienbündel sich nicht mehr an
moobil+ beteiligen, müsste der gesamte Prozess der EU-weiten
Vorabbekanntmachung (mit zwei Jahren Vorlaufzeit vor Leistungsbeginn) und
EU-weiten Ausschreibung für das komplette Leistungsspektrum von moobil+ neu
gestartet werden. Dies hat zur Folge:
-
Notvergabe
für alle Linienbündel für zwei Jahre
-
Hoher
und komplexer Abstimmungsaufwand mit der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG)
als Genehmigungsbehörde und dem Rechnungsprüfungsamt
-
Hoher,
zusätzlicher Vergabeaufwand
-
Deutlich
höhere Kosten für die Verkehrsleistung, die vom Landkreis zu 100% zu tragen
sind.
In den nicht mehr beteiligten Kommunen wird die Verkehrsleistung
ebenfalls auf ein dem ländlichen Raum angemessenes Grundangebot (= Anbindung an
die Mittelzentren; ggf. kompletter Wegfall von moobil+ in dieser Kommune)
reduziert.
Negative
Auswirkungen der Option 1:
-
Erhebliche
Zeitverzögerungen der Verstetigung der moobil+Verkehrsleistung und
Kostensteigerungen in unbekannter Höhe
-
Inkaufnahme
von Qualitäts- und Akzeptanzverluste bei der Bevölkerung während der Notvergabe
-
Imageverlust
-
Kein
flächendeckendes, bezahlbares Mobilitätsangebot von moobil+ für die Bürgerinnen
und Bürger im Landkreis („ÖPNV-Flickenteppich“)
-
Unter
Umständen kein einheitliches Erscheinungsbild von moobil+ während der
Notvergabe (verschiedene Busse und Ausstattungen, wie z. B. Niederflur, Rampe,
Rollstuhl-, Fahrrad- und Kinderwagenmitnahme)
-
Geringere
Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Landkreises auf die Verkehrsleistung
von moobil+ während der Notvergabe
-
Abkopplung
vom Landkreis Vechta – kein einheitliches OM-weites Mobilitätsangebot mehr mit
moobil+
2. Komplette Ausschreibung und 100%ige
Kostenübernahme durch den Landkreis:
Um moobil+ dauerhaft als ein landkreisweites, für die
Bürgerinnen und Bürger bezahlbares Mobilitätsangebot zu erhalten, wird auf eine
finanzielle Beteiligung der Kommunen nach Projektende (31.03.2024) verzichtet.
Der Landkreis ist für die Sicherstellung einer ausreichenden den Grundsätzen
des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechenden Bedienung der
Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr als
Aufgabenträger gem. § 8 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) i. V. m.
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Niedersächsisches Nahverkehrsgesetz (NNVG) zuständig. Das
moobil+ Angebot ist im Nahverkehrsplan
2018, erste Fortschreibung vom 17.10.2019, als Teil der Netzebene 2a,
überörtliche und lokale Verbindungen (Flächenerschließung), vorgesehen.
Entsprechend der dispersen Siedlungsstruktur und Nachfrage wird der bestehende
Linienverkehr durch moobil+Rufbusangebote ergänzt, um eine auch wirtschaftlich
tragbare ÖPNV-Erschließung im Jedermannverkehr zu sichern. Das Rufbussystem
stellt die Netzebene 2a und die Schnittstelle zu überregionalen Verkehren dar.
Auch in seinem
integrierten Klimaschutzkonzept hat der Kreistag des Landkreises
Cloppenburg u. a. die Stärkung des Umweltverbundes und den Ausbau des ÖPNVs
beschlossen (siehe Abschlussbericht vom 31.08.2022).
Das Projekt moobil+
wurde von Anfang an wissenschaftlich durch das Institut für Landes- und
Stadtentwicklungsforschung (ILS) begleitet, um die Auswirkungen von moobil+ zu
erkennen, den Prozess permanent zu verbessern und transparente Ergebnisse
vorliegen zu haben. Die Ziele bei der Evaluation des neuen Rufbussystems des
Landkreises Cloppenburg liegen in der Gewinnung systematischer und valider
Erkenntnisse über die Kommunikations- und Betriebsprozesse des neuen Systems
sowie über die Akzeptanz bei Kunden und Dienstleistern, um auf diese Weise den
Nutzen des neuen Mobilitätsangebots beurteilen und zeitnah Modifikationen
vornehmen zu können. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Begleitung fand im
Oktober/November 2022 eine Haushaltsbefragung durch ILS statt. Die
Haushaltsbefragung wurde von ILS wie folgt zusammengefasst:
Schlussfolgerungen für die weitere
Entwicklung von moobil+
Wichtiger Beitrag
zur Daseinsvorsorge, sozialer Teilhabe und Verkehrswende
Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar zu empfehlen, moobil+
beizubehalten, weiterzuentwickeln und weitere Nutzungspotenziale zu aktivieren.
Es ist davon auszugehen, dass das Angebot auch künftig von immer mehr
Bürger*innen genutzt wird, weil Änderungen des Mobilitätsverhaltens oft nicht
unmittelbar nach der Einführung eines neuen Mobilitätsangebots eintreten,
sondern erst wenn es die persönliche Lebenssituation erforderlich macht. Das
Angebot leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge und Erreichbarkeit
im Landkreis Cloppenburg und kann vielen Menschen soziale Teilhabe ermöglichen.
Gerade in Zeiten der Verkehrswende, in denen ein besserer Ausbau des ÖPNV im
ländlichen Raum häufig diskutiert wird, ist moobil+ in Kombination mit weiteren
ÖPNV-Angeboten und dem Fahrrad ein wichtiger Baustein für zukünftige
Veränderungen hin zu einer klimaverträglichen und nachhaltigen Mobilität.
In der HVB-Sitzung
am 08.06.2023 wurde das Mobilitätskonzept moobil+Taxi vorgestellt (s. Anlage).
Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung des bestehenden ÖPNV-Angebotes bei
Angebotslücken, an Abenden und am Wochenende. Moobil+Taxi ist am 01.06.2023 im
Landkreis Vechta als Pilotprojekt in Betrieb genommen worden. Der Landkreis
Cloppenburg prüft, ob und wie moobil+Taxi auch hier im Landkreis Cloppenburg
umgesetzt werden kann.
Finanzierung:
PSP-Element Sachkonto
P1.547100 443100
P1.547200 427100/314200
P1.547200 431700
Anlagenverzeichnis:
PP-Präsentation vom 08.06.2023