Der Kreistag beschloss einstimmig die Weiterführung der systematischen Überprüfungen der Wohnunterkünfte von Werkvertragsarbeitern und Saisonarbeitskräften in der bestehenden Form.

 

Der Kreistag lehnte mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen den Antrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 zu Punkt 1 ab.

 

Der Kreistag lehnte mehrheitlich bei 12 Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen den Antrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 zu Punkt 2 ab.

 

Der Kreistag lehnte mehrheitlich bei 5 Gegenstimmen und 8 Stimmenthaltungen den Ergänzungsantrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 zu Punkt 3 ab.

 

Der Kreistag lehnte mehrheitlich bei 13 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung den Antrag der SPD-Fraktion vom 22.06.2020 auf Verabschiedung einer Resolution ab.

 

Der Kreistag beschloss mehrheitlich bei 12 Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen die von der CDU-Fraktion mit heutigem Antrag eingereichte Resolution (Anlage 2).

 

 

 


Kreistagsvorsitzender Hackstedt übernahm sodann wieder den Sitzungsvorsitz und erteilte Kreistagsabgeordneten Dr. Kannen das Wort.

 

Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen, Vorsitzende der Gruppe GRÜNE/UWG stellte den Antrag ihrer Gruppe vom 18.05.2020 sowie den Ergänzungsantrag vom 22.06.2020 nebst Begründung vor und bat um getrennte Abstimmung über die einzelnen Punkte (Punkt 1 und 2 gemäß Antrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 18.05.2020 und Punkt 3 des Ergänzungsantrages vom 22.06.2020). Hinsicht des Punktes 3 des Ergänzungsantrages vom 22.06.2020 merkte sie an, dass der Entwurf ihrer Gruppe nicht angenommen worden sei, weshalb sie eine getrennte Abstimmung über alle 3 Punkte fordere.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Sebastian Vaske, Vorsitzender des Sozialausschusses, trug den Sachverhalt gemäß Vorlage V-SOZ/20/121.

 

Kreistagsvorsitzender Hackstedt erteilte sodann Landrat Wimberg das Wort.

 

Landrat Wimberg, Vorsitzender des Kreisausschusses, stellte die Beschlussempfehlung des Kreisausschusses vor, die wie folgt lautete:

 

„Die systematischen Überprüfungen der Wohnunterkünfte von Werkvertragsarbeitern und Saisonarbeitskräften werden in der bestehenden Form weitergeführt.

 

Der Antrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 zu Punkt 1 und Punkt 2 wird abgelehnt.

 

Dem Kreistag wird die Verabschiedung einer Resolution auf der Basis des Antrages (Ergänzungsantrages) der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 und des Antrages der SPD-Fraktion vom 24.06.2020 empfohlen.“

 

 

Sodann erteilte Kreistagsvorsitzender Hackstedt dem Kreistagsabgeordneten Götting das Wort.

 

Kreistagsabgeordneter Götting, Vorsitzender der CDU-Fraktion, stellte den Entwurf der heutigen Resolution seiner Fraktion wie folgt vor:

 

„Der Kreistag des Landkreises Cloppenburg unterstützt die Absicht der Bundesregierung, zum Jahresbeginn 2021 die Nutzung von Werkverträgen grundsätzlich neu zu reguliere. Werkverträge haben sich grundsätzlich seit mehr als 120 Jahren bewährt. So ist nicht der Werkvertrag an sich das Problem, sondern der Missbrauch dieses Instruments in verschiedenen Wirtschaftsbereichen, dem entschieden entgegenzuwirken ist.  

 

Der Bundestag wird daher aufgefordert, schnellstmöglich eine gesetzliche Grundlage gegen den Missbrauch von Werkverträgen zu schaffen. In allen Branchen, in denen zu befürchten ist, dass die Vergabe von branchentypischen Tätigkeiten über Werkverträge zu prekären Arbeits- und/oder Wohnverhältnissen führt, sollte diese Vergabe verboten, zumindest aber eingeschränkt werden. Dafür gibt es Bespiele aus der Fleischwirtschaft, dem Zustell- und Reinigungsgewerbe und anderen Branchen.

 

Wir fordern, gesetzliche Grundlagen für eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen. Es muss gewährleistet sein, dass gleicher Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort gewährt wird und dieses nicht durch die Gestaltung von Werkverträgen unterlaufen werden kann.

 

Wir halten den Erlass gesetzlicher Maßnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Nutzung von Werkverträgen für dringend geboten, um damit auch zu einer schnellen Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation von Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern beizutragen.

Werkvertragsarbeit ist nicht grundsätzlich als negativ anzusehen, sondern stellt für bestimmte Arbeitsbereiche, Branchen und wirtschaftliche Entwicklungen durchaus ein sinnvolles Instrument dar, das weiterhin möglich bleiben muss.

 

Werkverträge müssen unserer Auffassung nach gesamtwirtschaftlich und branchenübergreifend betrachtet werden, damit durch zu schaffende gesetzliche Regelungen zur Ausgestaltung und Nutzung dieser Vertragsform nicht nur die Arbeitssituation von Beschäftigten einer einzelnen Branche, sondern aller Werkvertragsbeschäftigten verbessert wird. So ist es nicht ausreichend, wenn einzig in der Fleischwirtschaft ein Verbot oder eine Einschränkung von Werkvertragsarbeit angestrebt wird. Dies könnte auch zu rechtlichen Verwerfungen führen und lässt die meisten Beschäftigten in der Werkvertragsarbeit unberücksichtigt.

 

Wir unterstützen daher die Initiative von Landrat Johann Wimberg, der am “Runden Tisch Fleischwirtschaft” des niedersächsischen Wirtschaftsministers am 12. Juni 2020 mit den Ministerinnen Barbara Otte-Kinast, Carola Reimann und Minister Dr. Bernd Althusmann den Vorschlag eingebracht hat, in sämtlichen Betrieben aller Branchen durch Gesetzesvorgaben zu regeln, dass der Anteil der Stammbelegschaft deutlich höher sein muss, als die Zahl der Werkvertragsbeschäftigten. Danach sollten mindestens 75 % aller Beschäftigten eines Unternehmens zur Stammbelegschaft gehören müssen. Somit bliebe für die Unternehmen eine Aufstockung der eigenen Belegschaft im geregelten und sehr begrenzten Rahmen möglich, um Produktionsspitzen flexibel bewältigen zu können.

Somit wird deutlich mehr gegen den Missbrauch von Werkvertragsarbeit erreicht, als durch den Verbot oder die Einschränkung in einer einzigen Branche.“

 

 

Kreistagsabgeordneter Wesselmann erklärte, enttäuscht und auch entsetzt von der CDU-Fraktion zu sein. Hinsichtlich der systematischen Überprüfung der Wohnunterkünfte von Werkvertragsarbeitern und Saisonarbeitskräften stünde das Land in der Pflicht. Hier ginge es auch um das Wohnraumschutzkonzept des Landes. Es könne nicht sein, dass mit der Umsetzung des Gesetzes so lange gewartet werde. Hinsichtlich des Ergänzungsantrages der Gruppe GRÜNE/UWG vom 22.06.2020 forderte er die Umsetzung des darin aufgeführten Antrages als Resolution. Das weitere Zulassen von 25 % an Werkvertragsarbeitsverträgen in der Fleischbranche könne nicht sein. Selbst die Bundesregierung verfolgte ein gänzliches Verbot. Der Landkreis Cloppenburg würde damit die „Fleischmafia“ schützen. Eine nur 75 %ige Stammbelegschaft in diesem Wirtschaftszweig sei nicht akzeptabel.

 

Kreistagsabgeordneter Kolde erklärte, er befasse sich schon Jahre lang mit diesem Thema. Es sei in vielen Wohnungen gewesen und hätte mit vielen Schlachtern gesprochen. Hauptsächlich Rumänen und Ungarn seien hier tätig, da sie hier das Vielfache als in ihren Heimatländern verdienten. Hier sei ein System von Werkvertragsfirmen aufgebaut worden, dessen Lage man nicht mehr Herr würde. Er sei mit vielen Landespolitikern unterwegs gewesen und hätte die Missstände geschildert. Der ursprüngliche Beruf einer Person sei nicht wichtig, die Hauptsache sei, sie könne mit dem Messer umgehen. Jetzt sei man an einen Punkt angelangt, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, wo ein Arbeitsminister sagt, hiergegen müsse vorgegangen werden. Eine 100 %ige Stammbelegschaft sei das Ziel. Hier sei ein deutliches Signal durch den Kreistag zu setzen. Deutschland sei ein Billiglohnland. Das zeige sich auch dadurch, dass Schweine aus Dänemark aus finanziellen Gründen in Deutschland geschlachtet würden.

In der letzten Sitzung des Kreisausschusses sei der Vorschlag entstanden, eine interfraktionelle Resolution auf den Weg zu bringen. Hierüber hätte er sich gefreut. Der Antrag der SPD-Fraktion vom 24.06.2020 auf Verabschiedung einer Resolution sei zwei Tage zu spät beim Landrat eingegangen, sei aber dennoch angenommen worden. Das nun vorgelegte Resolutions-Papier der CDU-Fraktion fordere nur eine Stammbelegschaft von 75 % und sei seiner Meinung nach nicht akzeptabel. Mit einer Stammbelegschaft von 100 % in der Fleischbranche wäre er einverstanden.

 

Kreistagsabgeordneter Götting, Vorsitzender der CDU-Fraktion, teilte mit, dass die CDU um die Missstände in der Fleischindustrie wisse. In anderen Bereichen gäbe es auch eine Ausbeutung der Mitarbeiter, z. B. bei den Briefzustellern und Paketdiensten. Der Werkvertrag hätte auch gute Seiten. Als Beispiel dafür führte der die Baubranche an. Der Missbrauch der Werksvertragsarbeit sei das hier nicht gewünschte Problem. Ein Vorschlag der CDU-Fraktion zur Verbesserung der Arbeitssituation bei Werkverträgen sei eine Stammbelegschaft von mindestens 75 %. Diese Quote bei allen Werkverträgen sei für unseren Landkreis eine gute Lösung und die Reduzierung auf die Fleischbranche ein falscher Ansatz. So würde mehr für die betroffenen Menschen erreicht werden. Er bat um Unterstützung der Resolution der CDU-Fraktion.

 

Landrat Johann Wimberg machte deutlich, dass ihm die Reduzierung des Problems auf eine Branche nicht weit genug gehe. Da die überwiegende Zahl der Werkvertragsbeschäftigten nicht in der Fleischindustrie angesiedelt seien, müsse das Thema branchenübergreifend geregelt werden.

Er sei beim Wirtschaftsminister in Hannover in entsprechende Gespräche eingebunden und mache sich für das Prinzip der Stammbelegschaft in allen Unternehmen stark, denn damit helfe man de facto mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.  

Der Werkvertrag sei ja nicht grundsätzlich ein schlechtes Instrument, vielmehr sei der Missbrauch das Problem, wenn über verschiedene Subunternehmen die Verantwortung für die Arbeitnehmerschaft ausgelagert werde und dann noch unzureichende Löhne und schlechte Unterkünfte dazu kämen. Mit einem Verbot allein in der Fleischindustrie erreiche man aber die meisten prekären Beschäftigungsverhältnisse leider nicht. Beim Prinzip der Stammbelegschaft würde man hingegen alle Branchen erfassen und deutlich mehr an Verbesserung für die betroffenen Beschäftigten erreichen. Damit würde man dann flächendeckend den Missbrauch bekämpfen können und die missbräuchliche Werkvertragsarbeit würde in der Industrie bedeutungslos werden.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Hoffschroer erklärte, 25 % der hiesigen Arbeitnehmer seien im Handwerk tätig. Davon seien 15.000 – 20.000 Werkvertragsarbeitnehmer, denen die Arbeitsgrundlage durch ein generelles Verbot genommen würde. Betroffen sei dann auch der Betriebselektriker, der an einem Schlachthof tätig sei. Ein 100 %iges Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie sie für unsere Region kein Fortschritt. Die hier diskutierte Resolution fordere ganz konkret auf, etwas zu tun. Diese Chance sollte nicht vergeben werden. Populistische Forderungen brächten keinen Fortschritt und fokussierten nicht das Problem.

 

Kreistagsabgeordneter Riesenbeck teilte mit, es ginge hier um eine Resolution aus einer Region, die wegen ihrer Schlachtbetriebe und Landwirtschaft bekannt sei. Es sollte ein politisches Statement dahingehend gesendet werden, dass das alte Gesetz keinen Bestand mehr hätte. Eine Stammbelegschaft von 100 % sei das Ziel der SPD-Fraktion.

 

Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen erklärte, hier sollte ein politisches Signal gesetzt werden mit einer Stammbelegschaft zu 100 %, und zwar zunächst in der Fleischbranche. In anderen Bereichen der Werkverträge gäbe es auch schlechte Verhältnisse. Selbst der Bundestag hätte Argumente für ein generelles Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft vorgebracht. Die Forderung von einer 100 %igen Stammbelegschaft im Bereich der Fleischwirtschaft gerade aus dieser Region sei als Zeichen sehr wichtig.

 

Kreistagsabgeordneter Wesselmann stelle Landrat Wimberg die rhetorische Frage, ob er wisse, dass verfassungsrechtlich eine begründete Ungleichbehandlung zulässig sein könne.

 

Kreistagsabgeordneter Kolde gab zum Abschluss der Diskussion den Hinweis, dass alle Arbeitsbereiche in einem Schlachtbetrieb, vom Schlachtbereich über die Zerlegung bis hin zur Verpackung, durch Werkverträge abgedeckt seien. Die SPD-Fraktion hätte deren Antrag auf Verabschiedung einer Resolution zwar zwei Tage zu spät gestellt, er sei aber akzeptiert worden. Deshalb stellt Kreistagsabgeordneter Kolde den Antrag über den Antrag der SPD-Fraktion vom 24.06.2020 auf Verabschiedung einer Resolution abzustimmen.

 

Kreistagsvorsitzender Hackstedt lies sodann wie folgt abstimmen: