Beschlussvorschlag:
Dem
Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:
Die
Kreisverwaltung weist die mit der Abrechnung beauftragten Städte und Gemeinden
im Landkreis Cloppenburg an, soweit diese nicht die Leistung der
Kindertagespflege im Folgemonat nach Leistungserbringung pünktlich entgelten
können, bei Pflegeverhältnissen mit konstanten Betreuungszeiten pauschal mit
Fehltageermittlung abzurechnen oder auskömmliche Abschläge von 90% der
beantragten Betreuungsstunden im Folgemonat nach Leistungserbringung zu zahlen.
Zur
Kompensation der stark angestiegenen Energiekosten, insbesondere der
Heizkosten, und in Anerkennung der eingeschränkten Möglichkeiten, diese Kosten
in der Betreuungstätigkeit zu senken, wird jeder aktiven
Kindertagespflegeperson im Landkreis Cloppenburg eine Sonderzahlung in Höhe der
Energiepreispauschale (EPP) des Bundes vom 01.09.2022 in Höhe von 300,00 €.
Sachverhalt:
Die
CDU-Fraktion des Kreistages beantragt mit Blick auf die Belastungen durch
steigende Energiekosten und der unterschiedlichen Abrechnungsverfahren der
Städte und Gemeinden im Landkreis Cloppenburg und damit einhergehenden,
punktuellen Auszahlungsverzögerungen Anpassungen zur Verbesserung der
Verwaltungspraxis. (Anlage 1)
Das
Abrechnungsverfahren in der Kindertagespflege
Zum
Hintergrund:
In
der Sitzung des Kreistages am 12.07.2021 wurde unter Tagesordnungspunkt
V-JHA/22/213 „Änderung der Satzung des Landkreises
Cloppenburg über die Förderung von Kindern in Kindertagespflege - Anpassung an
das Neuregelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und
Kindertagespflege (NKiTaG)“ die Satzung insbesondere durch eine Erhöhung
der Förderleistung je Betreuungsstunde bei Erfüllen der Fort- und
Weiterbildungsobligationen nach dem NKiTaG, sowie zusätzliche Ausfalltage für
Kinder in der Kindertagespflege bei behördlich angeordneten Quarantänen
beschlossen.
In
gleicher Kreistagssitzung haben Vertreter*innen des
Kindertagepflegevereins im Rahmen der Einwohnerfragestunde Forderungen, die
bereits mit Schreiben vom 21.06.2022 an die Kreisverwaltung herangetragen
wurden, nochmals mündlich vorgetragen und diese mit Schreiben vom 17.07.2022
schriftlich konkretisiert. (Anlage 2)
Sowohl bei dem Antragsbegehren der CDU-Fraktion, als auch der Forderungskatalog des Kindertagespflegevereins handelt es sich um eine Frage der Verwaltungspraxis.
Ergänzend zur schriftlichen Antwort der Kreisverwaltung an den Kindertagespflegeverein vom 13.07.2022 (Anlage 3) hat das Jugendamt des Landkreises die Anliegen des Kindertagespflegevereins umfassend über
1. eine Abfrage bei den Städten und
Landkreisen im ehem. Bezirk Weser-Ems zu Entgelthöhen und Staffelungen, sowie
Erfahrungen mit pauschalierten Abrechnungssystemen
2. eine Anforderung von temporär
fiktiven Abrechnungen in pauschalierter Form bei den Städten und Gemeinden
parallel zur tatsächlichen Abrechnung via Stundenzettel
3. eine Umfrage unter den
Kindertagespflegepersonen durch das Kindertagespflegebüro
evaluiert.
Zu 1.)
Nach §§ 34, 35 NKiTaG erhält der Landkreis für tatsächlich geleistete Betreuungsstunden vom Land eine Finanzhilfe, welche abhängig vom Qualifizierungsgrad der Tagespflegeperson und setzt eine Betreuungsleistung von mindestens 15 Stunden wöchentlich voraus.
Es kann konstatiert werden, dass in einem vergleichendem Benchmark (Anlage 4) die Mehrheit der Landkreise und Städte im ehemaligen Bezirk Weser-Ems ebenfalls eine Vergütung der Leistung nach Grad der Qualifikation der Kindertagespflegeperson vorsieht und das der Landkreis Cloppenburg bei der Standard-Qualifikation mit dem QHB-Kurs (300 Std) im oberen Drittel der Vergütung liegt:
Zusätzlich gilt es zu beachten, dass die Anzahl der Ausfalltage, also Tage an denen die Kindertagespflegeperson wg. Krankheit/Urlaub eines Kindes oder bei eigener Erkrankung/Urlaub weiterbezahlt wird, variiert:
*die
Stadt Oldenburg zahlt 30 Tage für Urlaubsabwesenheit der KTP und 20 Tage
Ausfall bei Krankheit eines Kindes
**der
Landkreis Wittmund zahlt max. 80 Tage Ausfall nur, wenn der Platz sofort zur
Neuvermittlung verfügbar ist
***der
Landkreis Cloppenburg zahlt 40 Tage Urlaubs- und/oder Krankheitsabwesenheit und
max. 10 Tage bei angeordneter Quarantäne eines Kindes
Im
Rahmen des Benchmarks wurde zusätzlich festgestellt, dass die nach § 18 Abs. 2
NKiTaG obliegende Pflicht des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe darauf
hinzuwirken, dass eine Kindertagespflegeperson jährlich 24 Unterrichtseinheiten
Fortbildung im Kindergartenjahr absolviert, einzig im Landkreis Cloppenburg
durch eine erhöhte Vergütung befördert wird und das Fortbildungen mit einem
Vor-Ort-Angebot nicht überall zusätzlich kostenlos angeboten werden.
Zur
Verdeutlichung der Verdienstmöglichkeiten einer Kindertagespflegeperson sei auf
die Berechnungsbeispiele in Anlage 5 mit dem Hinweis verwiesen, dass
Erzieher*innen in niedersächsischen Krippen in Vollzeit bei 3.278,00 € brutto
liegt.
Nach
alldem ist die Vergütungshöhe des Entgeltes in der Kindertagespflege im
Landkreis Cloppenburg als absolut leistungsgerecht im Sinne des § 23 SGB VIII
einzuordnen.
Aus
den Erfahrungsberichten bzgl. pauschalierter Abrechnungssysteme anderer Städte
und Kreise des ehemaligen Regierungsbezirkes Weser-Ems ergaben sich folgende
Erkenntnisse:
•
Eltern bilden das „Korrektiv“ bei zu wenig
geleisteten Stunden, in der Regel zahlen Eltern bei pauschalierten Abrechnungen
auch höhere Elternbeiträge
•
In Einzelfällen weiterhin Stundenzettel
möglich und nötig (Beispiel Schichtarbeit)
•
Ab 2 bis 4 Wochen Ausfall endet ein
Pflegeverhältnis automatisch
•
Elternbeschwerden laufen im Rathaus bzw.
beim Landkreis auf – Fachberatung wird aktiv
•
Bei sich ändernden Betreuungsbedarfen sind
vermehrte Neubewilligungen erforderlich, was jedes mal ein
Bescheidungsverfahren inklusive Einkommensprüfung auslöst.
In
einigen Städten und Landkreisen führten die vorgenannten Mehraufwände zu einer
Abkehr von pauschalierten Abrechnungssytemen.
Zu
2.)
Die
Städte und Gemeinden im Landkreis Cloppenburg rechnen die Kindertagespflege als
Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis ab. In der verwaltungspraktischen
Ausgestaltung sind die Kommunen unterschiedlich ausgerichtet.
·
Die
Gemeinden Lindern, Bösel und Barßel zahlen pauschale Pflegeentgelte nach den
beantragten Betreuungsstunden, wobei die Ausfalltage des Jahres am Jahresende
ermittelt werden und dann ggf. eine Kindertagespflegeperson überzahlte
Leistungen zurückerstatten muss. Daher sind die Stundenzettel zwingend
erforderlich, insoweit handelt es sich um eine „pseudo“-pauschalierte
Vergütung.
·
Alle
anderen Städte und Gemeinden im Landkreis Cloppenburg rechnen spitz pro Monat
ab, wobei in einigen Gemeinden bereits mit Abschlagszahlungen gearbeitet wird.
Eine
Evaluierungsphase der Abrechnungsvarianten „pauschal“ und „spitz“ für die
Monate Juli, August und September 2022, wobei fiktiv die im Antrag auf
Förderung in der Kindertagespflege angegebenen Betreuungsumfänge pauschal auf
die Betreuungstage je Monat und auf alle Betreuungsverhältnisse in 13 Kommunen
hochgerechnet wurden, ergab folgendes Resultat:
|
pauschal |
spitz |
Juli |
206.787,88 € |
155.999,74 € |
August |
251.950,96 € |
229.983,84 € |
September |
254.958,97 € |
245.979,42 € |
Gesamt |
713.697,81 € |
631.963,00 € |
Insgesamt würde ein kreisweites pauschaliertes System nach der
Evaluation über 3 Monate Mehrausgaben um 12,93 % bedeuten, was bei dem
Gesamtvolumen der Kindertagespflege im Jahr 2021 (Tagespflegeentgelt + die
hälftige Alters-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung) eine Steigerung von
2.258.828,04 € um 292.066,46 € auf 2.550.894,50 € bedeuten
würde.
Im Rahmen einer
gemeinsamen Dienstbesprechung mit den Sachbearbeiter*innen der Städte und
Gemeinden des Landkreises Cloppenburg am 30.08.2022 wurde festgehalten, dass in
der Regel die Mitarbeiter der Kommunen die Abrechnung der Kindertagespflege mit
einem ca. 20% Stellenanteil einer Vollzeitäquivalente (VzÄ) bearbeiten. Somit
würden die vorgenannten Steigerungen der des Tagespflegeentgeltes um 292.066,46
€ die Personalkosten nicht übersteigen, zumal auch in einem pauschaliertem
Abrechnungssystem der Arbeitsaufwand und der damit einhergehende Personalbedarf
bei der Abrechnung nicht zwingend sinkt (siehe Ausführungen zu 1.)
Insgesamt plädieren die
Sachbearbeiter*innen der Kommunen im Landkreis Cloppenburg für ein flexibles
Handling bei der Bearbeitung der Abrechnungen in der Kindertagespflege, um von
der bloßen so-oder-so-Betrachtung (spitz oder pauschal) wegzukommen und
stattdessen auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
Das Gesetz spricht von einem „Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung“ (§23, Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 SGB VIII) anstatt wie im sonstigen erzieherischen Bereich von einem Einkommen nach tarifrechtlichen Regelungen. Immer mehr Kindertagespflegepersonen (kurz: KTPP) im Landkreis Cloppenburg erzielen mit Ganztagsangeboten ihr Familieneinkommen und bleiben langfristig in der Kindertagespflege tätig. Wir freuen uns über diese „Unternehmerpersönlichkeiten“, die Eltern kreisweit Betreuungszeiten anbieten, welche deren Bedarfen und Lebensrealitäten entsprechen.
Der Anerkennungsbetrag soll laut Gesetz „leistungsgerecht“ erfolgen. Leistungsgerecht nach diesem unbestimmten Rechtsbegriff ist es auch, dass die Leistung zeitnah vergütet wird. Hier bieten pauschale Abrechnungssysteme naturgemäß die beste Möglichkeit der pünktlichen Vergütung. Spitzabrechnungen erhöhen die Kosteneffizienz und Kontrollmöglichkeiten, bringen aber auch naturgemäß Verzögerungen mit sich, welche nicht ausschließlich der Sachbearbeitung der Verwaltung geschuldet sind. Auch verspätet eingehende, falsch ausgefüllte oder nicht von Eltern gegengezeichnete Stundenzettel führen zu Verzögerungen.
Die Kommunen im Landkreis haben im Rahmen ihrer verwaltungsrechtlichen Selbstorganisation eingespielte Abrechnungssysteme aufgebaut, mit denen sie nach Feedbackrunde auf der gemeinsamen Dienstbesprechung am 30.08.2022 insgesamt gut klarkommen.
Zu 3.)
Das Kindertagespflegebüro für den Landkreis Cloppenburg hat als Fachberatung in der Kindertagespflege im Rahmen der Evaluation zwei Umfragen unter den aktiven KTTPs im Kreisgebiet gestartet.
In einer
ersten Blitzumfrage wurde via Stichprobenumfrage die Zufriedenheit mit der
Pünktlichkeit der Auszahlung in einer Bewertungsampel (Gut, befriedigend,
schlecht) abgefragt. Im Ergebnis schneiden 9 Kommunen mit „gut“, 1 Gemeinde mit
„befriedigend“ und 3 Kommunen mit „schlecht“ im Meinungsbild der
Kindertagespflegepersonen ab.
In
einer größeren Umfrage sollte ein kreisweites Meinungsbild unter Aufklärung der
möglichen Änderungen durch einen Wechsel der Abrechnungssystematik eingeholt
werden (Anlage 6)
Der Fragebogen wurde an 254 aktive KTTPs versandt. Von 130
Teilnehmenden an der Befragung sprechen sich 43,85% gegen eine pauschalisierte
Vergütung aus.
Im Umkehrschluss sind 56,15% für eine pauschalierte Abrechnung.
Wenn man nun bedenkt, dass 51,18% der aktiven KTPP an der Befragung
teilgenommen haben, so ist offenbar nur ca. weniger als einem Drittel (=73 KTPP) aller 254 KTPP das
Thema "pauschalierte Bezahlung" tatsächlich wichtig; das sind 28,74%.
Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass unter den Befragungsteilnehmern die
pauschalierte Vergütung als Form der zeitnahen Vergütung favorisiert wird.
Fazit:
Vor dem
Hintergrund, dass die Kindertagespflegepersonen im Landkreis Cloppenburg in
pünktlicher Vergütung Ihrer Arbeit ein berechtigtes Anliegen vorbringen, bei
dem es punktuell in einigen Kommunen Optimierungsbedarf gibt und in Kombination
mit den Erwägungen und Erkenntnissen aus dem Benchmark zu 1.) und dem Ergebnis
der Vergleichsrechnung der Gemeinden zu 2.) mit der zu erwartenden
Kostensteigerung durch Implementierung eines kreisweiten pauschaliertem
Abrechnungssystems in der Kindertagespflege, kann eine Kompromisslinie im Sinne
des Antrages darin liegen, die Kommunen für die Verwaltungspraxis anzuweisen
mit Abschlägen in Höhe von 90% der beantragten Betreuungsbedarfe zu festen
Auszahlungstagen (beispielweise zur Monatsmitte) zu arbeiten. Eine
pauschalierte Abrechnung, bei der über die Stundenzettel lediglich eine
Fehltageermittlung vorgenommen wird - insbesondere bei Kindern mit
wiederkehrend konstanten Betreuungszeiten – würde eine Vereinfachung bei
Aufrechterhaltung der Kosteneffizienz bedeuten.
Entwicklung der
Inflations- und Energiekosten:
Unabhängig
davon, dass die Vergütung der Förderung von Kindern in der Kindertagespflege im
Landkreis Cloppenburg grundsätzlich gut ausgestaltet ist, bereitet die aktuelle
Kostenentwicklung insbesondere der steigenden Energiekosten der Kreisverwaltung
auch mit Blick auf die Kinderbetreuung große Sorge.
Wegen
der steigenden Energiekosten zahlt die Bundesregierung aktuell eine
Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300,00 € über die Arbeitgeber an
Arbeitnehmer. Selbstständig Tätige - also auch die Kindertagespflegepersonen
als „geförderte“ Selbstständige - haben die Möglichkeit, über die
Einkommensteuer diesen Zuschuss in Anspruch zu nehmen. Dazu können sie die Vorauszahlung
für die Einkommensteuer, die für das dritte Quartal zum 10.09.2022 fällig wird,
um 300,00 € kürzen bzw. bei der nächsten Einkommensteuererklärung geltend
machen.
Trotzdem
ist die Situation vieler Kindertagespflegepersonen auch im Landkreis Cloppenburg
belastend. Die Kosten laufen aus dem Ruder und Einsparmöglichkeiten, wie bei
anderen abhängig Beschäftigten, sind kaum gegeben. Die Raumtemperatur zu
senken, wenn kleine Kinder auf dem Fußboden krabbeln, verbietet sich.
Kindertagespflegepersonen, die nicht in ihren eigenen Wohnräumen betreuen,
haben doppelte Kosten. Sie zahlen teilweise höhere Mieten und Energiepreise für
ihre eigene Wohnung/eigenes Haus und die angemieteten Räume.
Da
auch für die Kreisverwaltung nicht überschaubar ist, inwieweit es sich
bezüglich der Energiekosten um eine kurz- oder mittelfristige Sondersituation
handelt, sollte dieser Sondersituation der Kindertagespflege mit
Sonderzahlungen abgeholfen werden. Eine temporär begrenzte Energiepauschale
mindestens in Höhe der Energiepreispauschale des Bundes, wie Sie für abhängig
Beschäftigte gezahlt .wurde, würde aus Sicht der Kreisverwaltung eine adäquate
Überbrückung akuter finanzieller Belastung bei den Energiekosten in der
Kindertagespflege darstellen.
Finanzierung:
Durch die Sonderzahlung ist eine Mehrbelastung von 76,200,00
€ zu erwarten
PSP-Element P 1.361.000.200 / Sachkonto 445200
Anlagenverzeichnis:
Anlage 1 – Antrag der CDU-Fraktion
Anlage 2 – Schreiben des
Kindertagespflegevereins vom 21.06. und 17.07.2022
Anlage 3 – Antwortschreiben des
Jugendamtes des LK Cloppenburg
Anlage 4 – Benchmark Tagespflegeentgelt
ehem. Reg.-Bezirk Weser-Ems
Anlage 5 – Berechnungsbeispiele
Verdienstmöglichkeiten KTPP
Anlage 6 – Fragebogen und Umfrage des
Kindertagespflegebüros bei den KTPPs