Betreff
ÖPNV-Optimierung im Landkreis Cloppenburg; Projektplan und Ausgaben- und Finanzierungsplan zur Einführung eines Rufbussystems im Landkreis Cloppenburg
Vorlage
V-VERK/16/120
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

 

„Dem von der Fa. kreamobil erstellten „Projektplan und Ausgaben- und Finanzierungsplan zur Einführung eines Rufbussystems im Landkreis Cloppenburg“ vom 04.11.2016 wird zugestimmt. Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Basis dieses Plans die Einführung eines Rufbussystems für den Landkreis Cloppenburg weiter vorzubereiten.“

 


 

Sachverhalt:

 

1. Hintergrund

Der Landkreis Cloppenburg möchte das ÖPNV-Angebot auf seinem Gebiet deutlich verbessern. Hierzu ließ er in 2014 und 2015 ein Konzept zur Optimierung des ÖPNV auf seinem Gebiet durch die Fa. kreamobil GmbH erarbeiten. Ein wesentlicher Bestandteil des Optimierungskonzeptes stellt ein Rufbussystem dar, das den bestehenden, im Wesentlichen auf den Schülerverkehr ausgerichteten ÖPNV deutlich verbessern soll. Das Optimierungskonzept wurde in der Sitzung des Verkehrsausschusses am 29.09.2015 vorgestellt (die seinerzeit vorgestellte Präsentation ist als Anlage 1 beigefügt).

 

In der Sitzung des Kreisausschusses am 02.02.2016 wurde ein Projektplan und ein Ausgaben- und Finanzierungsplan zur Einführung eines solchen Rufbussystems für den Landkreis Cloppenburg – ebenfalls an die Fa. kreamobil GmbH in Auftrag gegeben. Diese Pläne liegen nun vor (Anlage 2 „Projektplan und Ausgaben- und Finanzierungsplan zur Einführung eines Rufbussystems im Landkreis Cloppenburg“ vom 04.11.2016).

 

Weiter wurde die Neuschreibung des Nahverkehrsplans für den Landkreis Cloppenburg in Auftrag gegeben, die in 2017 abgeschlossen sein wird. Als wesentliche Basis zur Erstellung dieses Plans wird derzeit eine Fahrgasterhebung auf allen Linien im Kreisgebiet durchgeführt. Mit den Ergebnissen dieser Erhebung ist im Frühjahr 2017 zu rechnen.

 

Nun soll die Vorbereitung und Einführung eines Rufbussystems für den Landkreis Cloppenburg auf Basis der vorliegenden Konzepte und Pläne im Rahmen eines Umsetzungsprojektes angegangen werden, das sich in folgende Phasen untergliedern lässt:

  • Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens der Verkehrsleistungen,
  • Vorbereitung des Betriebs des neuen Rufbussystems und
  • Vorbereitung der Einführung.

 

Dem Umsetzungsprojekt soll ein mindestens zweijähriger Pilotbetrieb folgen. 

 

2. Übergeordnete Ziele bei der Optimierung des ÖPNV

Bei einer Klausurtagung der Hauptverwaltungsbeamten am 23.04.2015 (Hotel Heidegrund in Garrel/Petersfeld) wurden übergeordnete Ziele bei der Optimierung des ÖPNV besprochen. Im Ergebnis stimmten die Hauptverwaltungsbeamten folgenden Zielen zu:

  1. Ein öffentliches Mobilitätssystem soll zu einer Verlagerung des Aufkommens im motorisierten Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrradverkehr beitragen.

2.       Auf der Basis wirtschaftlicher Machbarkeit sollen alle Einwohnerinnen und Einwohner und alle Besucherinnen und Besucher im Landkreis Cloppenburg entsprechend ihren Bedürfnissen

a.       sich selbst versorgen,

b.      ihre Ausbildungs- und Arbeitsstätte erreichen,

c.       wichtige Institutionen, Freizeiteinrichtungen und Orte von öffentlichem Interesse aufsuchen und

d.      am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben in ihrer Stadt oder Gemeinde und im Landkreis teilnehmen können.

3.       Mit einem guten Mobilitätssystem sollen der Landkreis Cloppenburg und seine Städte und Gemeinden für Handel und Gewerbe, Wohnen und Tourismus gleichermaßen attraktiv sein und in der jeweiligen Standortqualität gestärkt werden.

4.       Das Mobilitätssystem soll die besonderen Herausforderungen des demografischen Wandels mit einer alternden Bevölkerung und ihren Mobilitätsansprüchen mit berücksichtigen.

5.       Alle Bewohner des Landkreises sollen einen Bahnhof, ihr Ortszentrum, die Kreisstadt Cloppenburg sowie die für sie nächstgelegene Stadt im Landkreis Cloppenburg (Cloppenburg, Löningen oder Friesoythe) und die Oberzentren (Oldenburg, Osnabrück) erreichen können.

Das neue Rufbussystem soll maßgeblich dazu beitragen, dass diese Ziele erreicht werden.

 

3. Generelle Vorgehensweise

Bei der Durchführung des Umsetzungsprojektes soll möglichst nahtlos auf die vorliegenden Konzepte und Pläne aufgesetzt werden. Dabei sollen auch die Kenntnisse und Erfahrungen des Landkreises Vechta bei der Einführung und dem Betrieb von moobil+ nach Möglichkeit genutzt werden.

Die Aktivitäten bei der Vorbereitung und Einführung des neuen Rufbussystems und die Arbeiten zur Erstellung des neuen Nahverkehrsplans für den Landkreis Cloppenburg sollen nahtlos ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sein. Hierbei sollen auch die Ergebnisse bei der aktuellen Fahrgasterhebung mit einfließen.

 

4. Ziele des Umsetzungsprojektes

Im Folgenden werden die wesentlichen Ziele des Umsetzungsprojektes benannt:

1.       Deutliche Positionierung des Projektes nach außen und systematische Öffentlichkeitsarbeit durch Medienpartnerschaften während der kompletten Laufzeit.

2.       Erkundung möglicher Synergien mit dem Landkreis Vechta und – wo nötig – Schaffung der nötigen vertraglichen Grundlagen zwischen den beiden Landkreisen.

3.       Feinplanung des neuen Angebots einschließlich der Festlegung konkreter Fahrpläne, Haltestellen, Qualität der Leistung, Betriebsabläufe, Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen und des Tarifs. Hierbei soll auch untersucht werden, inwiefern Elektro-Busse zum Einsatz kommen können.

4.       Rechtskonforme Vergabe klar definierter Verkehrsleistungen im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens, an dem sich auch kleinere Unternehmen beteiligen können sollen.

5.       Marketingkonzept, um möglichst viele Bewohnerinnen und Bewohner für das neue Rufbussystem begeistern zu können.

6.       Mobilitätsmanagementkonzept, um mittels gezielter Zusammenarbeit mit Kommunen, Betrieben und stark frequentierten Einrichtungen möglichst viele Personen (Mitarbeiter, Kunden, Klienten etc.) für den Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf das neue Rufbussystem gewinnen zu können.

7.       Beschreibung aller relevanten Aspekte und rechtssichere Beschaffung eines Mobilitätsleitsystems zur Verwaltung und Disposition der Verkehrsleistungen und zur Buchung und Bezahlung einzelner Rufbusfahrten.

8.       Beschreibung aller relevanten Aspekte und rechtssichere Vergabe der Leistungen für den Betrieb einer Mobilitätszentrale. Falls sich der Landkreis dafür entscheiden sollte, die Mobilitätszentrale in eigener Regie zu betreiben, sollen die zu erbringenden Leistungen ebenfalls genau beschrieben werden. 

9.       Wissenschaftliche Begleitung des Projekts, um die Auswirkungen des neuen Systems zu erkennen, die Prozesse permanent zu verbessern und transparente Ergebnisse vorliegen zu haben.

10.   Einrichtung der Haltestellen: Installation neuer Rufbus-Haltestellen und Kenntlichmachung bestehender Haltestellen als Rufbus-Haltestellen.

11.   Kommunen, Betriebe und stark frequentierten Einrichtungen als kompetente Kooperationspartner gewinnen.

12.   Vorbereitung des erfolgreichen und öffentlichkeitswirksamen Starts eines mindestens zweijährigen Pilotbetriebs.

 

Zur Erreichung dieser Ziele sind im Rahmen des Umsetzungsprojektes entsprechende Arbeitspakete durchzuführen. Weiter sind verschiedene Beschaffungen für den Betrieb des neuen Systems zu tätigen. (Einzelheiten hierzu können dem Projektplan – Anlage 2 – entnommen werden).

 

4.1 Zeitplan vor dem Hintergrund des neuen Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes

Am 26.10.2016 wurde ein Gesetz zur Neuregelung der bisherigen Ausgleichsleistungen entsprechend § 45a PBefG und eine entsprechende Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes zum 1.1.2017 verabschiedet (siehe hierzu den vorangegangenen TOP). Dies ist mit folgenden Konsequenzen bei der Einführung der Rufbus-Angebote verbunden:

1.    Der Landkreis ist zukünftig für die Zuweisung der bisherigen 45a-Mittel an die Verkehrsunternehmen selbst zuständig. Dafür erhält er die bisherigen 45a-Mittel vom Land und vergibt diese an die Unternehmen, die auch bisher 45a-Mittel erhalten haben.

2.    Es ist derzeit nicht erkennbar, dass es für neue Verkehre zusätzliche 45a-Mittel vom Land geben wird. Damit wird es für Verkehrsunternehmen zukünftig schwieriger werden, neue eigenwirtschaftliche Verkehre zu etablieren, da es nicht wie bisher die Möglichkeit für neue 45a-Mittel geben wird.

3.    Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass das Interesse der Verkehrsunternehmen an gemeinwirtschaftlichen Verkehren deutlich steigen wird, da hier der Landkreis das Betriebskostendefizit sicher übernimmt.

4.    Für den Landkreis ist es deshalb zwingend erforderlich, sich im Wettbewerbsverfahren zur Vergabe der Verkehrsleistungen für die neuen Rufbus-Angebote sehr genau an die entsprechenden EU-Gesetze zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu halten. Dies betrifft insbesondere auch die exakte Einhaltung der nötigen Fristen. Trotzdem ist mit Einsprüchen und Nachprüfungsverfahren im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens zu rechnen. Die Möglichkeit solcher Ereignisse muss im Zeitplan für das Umsetzungsprojekt mitberücksichtigt werden.

5.    Um möglichst sicher die gewünschte Verkehrsleistung für die neuen Rufbus-Angebote mit der gewünschten Qualität zu erhalten und das Ausschreibungsverfahren möglichst unangreifbar zu gestalten, ist es zwingend nötig, die Merkmale der neuen Leistung bereits vor der Einleitung des Wettbewerbsverfahrens exakt zu beschreiben. Hierfür sind derzeit 7 Monate vorgesehen. Auch dies ist im Zeitplan für das Umsetzungsprojekt zu berücksichtigen.

 

Damit ergibt sich angesichts des Wettbewerbsverfahrens folgender Zeitplan für das Umsetzungsprojekt:

Zeitpunkt

Aktivität

34 Monate vor Betriebsbeginn:

exakte Festlegung der gewünschten Verkehrsleistung

27 Monate vor Betriebsbeginn:

Vorabbekanntmachung

15 Monate vor Betriebsbeginn:

Vergabeverfahren einschließlich Ausschreibung der Leistungen und Auswertung der Angebote

6 Monate vor Betriebsbeginn:

Endphase der Betriebsvorbereitung

 

Die Gesamtlaufzeit des Umsetzungsprojekts beträgt dementsprechend 34 Monaten. Sie kann sich beim Ausbleiben von Einsprüchen im Rahmen des Vergabeverfahrens ggf. um ca. 6 Monate verkürzen.

 

5. Ausgaben- und Finanzierungsplan

5.1 Ausgaben

Nach den Schätzungen des Ausgaben- und Finanzierungsplans  ist mit externen Aufwänden von 1.272 Tagen zu rechnen. Dies führt zu maximalen externen Ausgaben von 767.680,- EUR.

Weiter wurde mit Ausgaben für Beschaffungen während des Umsetzungsprojektes in Höhe von 340.000,- EUR gerechnet.

Externe Leistungen und Beschaffungen führen zu einer geschätzten Ausgabenobergrenze von 1.107.680,- EUR während des Umsetzungsprojektes.

 

Für den Landkreis selbst wird ein interner Aufwand von 351 Personentagen für das Umsetzungsprojekt gesehen. Da es sich um ein zusätzliches Angebot handelt, wird dieser Aufwand mit zusätzlichem Personal abgedeckt werden müssen.

 

5.2 Finanzierung

Nach derzeitigen Schätzungen können die kompletten externen Ausgaben und Beschaffungen über Fördergelder des Landes und der EU abgedeckt werden; es sind keine eigenen Mittel des Landkreises hierfür einzuplanen.

 

6. Ausgaben- und Finanzierung des Betriebes

6.1 Betriebsdaten

Die Betriebsdaten ergeben sich aus dem im Konzept zur Optimierung des ÖPNV vorgeschlagenen Rufbus-Angebot mit insgesamt 13 neuen kommunalen und 6 neuen Regionalverbindungen. Zur Realisierung dieser Linien wird mit rund 1,3 Million Fahrplankilometer pro Jahr gerechnet, die bei rund 60.000 Fahrten zu bewältigen sein werden.

 

6.2 Ausgaben

Nach den Schätzungen im Ausgaben- und Finanzierungsplan, die sich am Grobkonzept für die Rufbus-Angebote orientieren, ist mit folgenden jährlichen Ausgaben für den Rufbus-Betrieb zu rechnen:

Gesamtsumme Kosten Verkehrsleistung pro Jahr

2.095.948 €

Kosten Mobilitätszentrale pro Jahr

78.000 €

Kosten Marketing pro Jahr

50.000 €

Kosten Mobilitätsleitsystem pro Jahr

27.000 €

Kosten Personal Verwaltung, Steuerung und Entwicklung

55.000 €

Gesamtsumme Betriebskosten pro Jahr

 

2.305.948 €

 

Genauere Angaben der Kosten können erst nach Fertigstellung der Feinplanung jeder einzelnen Linie prognostiziert werden. Die exakten Kosten stehen erst nach Abschluss des Wettbewerbsverfahrens zur Verfügung.

 

6.3 Finanzierung

Die dargestellten Ausgaben könnten entsprechend folgender Aufteilung finanziert werden:

jährliche Finanzierung:

 

Anteil in %

erwartete Fahrgeldeinnahmen

85.588 €

3,7%

erwartete Einnahmen Premium-Sponsoren

100.000 €

4,3%

Anteil Landkreis

827.240 €

35,9%

Anteil Kommunen

617.240 €

26,8%

Anteil Land und EU

675.881 €

29,3%

Summe

2.305.948 €

100,0%

 

Für eine endgültige Aufteilung sind die entsprechenden Vereinbarungen zwischen Landkreis und den Städten und Gemeinden zu treffen.

 

Herr Dipl.- Ing. Horst Benz von der Fa. kreamobil GmbH wird in der Sitzung den Projektplan und Ausgaben- und Finanzierungsplan vorstellen und die weiteren Schritte erläutern.