Sitzung: 26.01.2010 Sozialausschuss
Vorsitzender Niehaus erteilte Kreisamtsrat Potthast das
Wort.
Kreisamtsrat Potthast erläuterte einleitend, dass ausschlaggebend für die
Erstellung der Mietenanalyse gewesen sei, eine verlässliche und rechtlich
sichere Grundlage für die Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten
zu erhalten.
Zu bedenken sei, dass die Mietrichtwerte im Bereich des Arbeitslosengeldes II
für rd. 4.100 Bedarfsgemeinschaften mit ca. 10.000 Personen sowie für über
1.000 Sozialhilfeempfänger gelten würden. Im Kreishaushalt seien
Unterkunftskosten von 15 Mio. € veranschlagt.
Die Unterkunftskosten nach dem SGB II und SGB XII würden in tatsächlicher Höhe
bewilligt, soweit diese angemessen seien, so Kreisamtsrat Potthast weiter.
Der Landkreis als Träger der Leistungen habe nicht nur die finanziellen
Aufwendungen zu erbringen sondern auch Dienstanweisungen für die Umsetzung der
gesetzlichen Regelungen zu erlassen. Die Kreisverwaltung habe daher der
Arbeitsgemeinschaft (ARGE) und den Sozialämtern hinsichtlich der Angemessenheit
der Miete konkrete Richtwerte vorzugeben.
Die gesetzliche Regelung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten sei ein
unbestimmter Rechtsbegriff, d.h. der Begriff müsse für die Sachbearbeitung
genau ausgelegt und definiert werden. Für die Auslegung gebe es keine
bundeseinheitlichen Rahmenvorgaben.
Der Landkreis Cloppenburg habe in 2007 – wie alle Träger der Unterkunftskosten
– vor dem Problem gestanden, dass die Sozialgerichte aufgrund der Entscheidung
des Bundessozialgerichtes vom Nov. 2006, die bisherige Festlegung der
Obergrenzen für die Angemessenheit der Mieten nicht mehr anerkannten.
Es habe sich eine Entscheidungspraxis der Sozial- und Landessozialgerichte
entwickelt, die zunächst auf das Vorhandensein eines qualifizierten
Mietspiegels abstellte. Lag dieser nicht
vor, seien die Entscheidungen stets in die Richtung „aktuelle rechte
Spalte der Wohngeldtabelle, plus 10 %“ gegangen.
Um die Gleichbehandlung aller Leistungsbezieher zu sichern und dem Risiko der
Anordnung der Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten durch die Gerichte
entgegenzuwirken, habe sich die Kreisverwaltung im Dezember 2007 entschlossen,
ab dem 01.01.2008 die Werte der „rechten Spalte Wohngeldtabelle, plus 10 %“
vorübergehend zu akzeptieren. Außerdem sollte ein gerichtsfester Nachweis zu
den Angemessenheitsgrenzen erstellt werden.
Kreisamtsrat Potthast betonte, dass in den anhängigen Gerichtsverfahren
lediglich bemängelt wurde, dass kein ausreichender Nachweis, kein Beweis
vorgelegt werden konnte, dass die bisherigen Richtwerte tatsächlich dem
Mietniveau des unteren Marktsegmentes entsprechen würden. Die Höhe der
Richtwerte sei in den Verfahren kein Thema gewesen.
Im Laufe des Jahres 2008 sei die Rechtsprechung dann von der Forderung eines
qualifizierten Mietspiegels abgerückt. So habe das Bundessozialgericht im Juni
2008 entschieden, dass „zumindest dann, wenn die Erhebungen ...auf einem
schlüssigen Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten
beruhen, nicht zwingend ein Mietspiegel ....zu verlangen ist.“
Nach
Erörterungen mit den umliegenden Landkreisen sowie einigen Marktforschungsinstituten,
die Erfahrung in der Aufstellung von Mietspiegeln hatten, habe sich die
Verwaltung entschlossen, keinen formellen Mietspiegel sondern eine Analyse des
Mietmarktes zu erstellen, die die Anforderungen des Bundessozialgerichtes im
Sinne eines „schlüssigen Konzeptes“ erfüllt. Dies auch vor dem Hintergrund,
dass der soziale Wohnungsbau bei einem formellen Mietspiegel nicht erfasst
wird.
Für eine Mietenanalyse hätten neben den geringeren Kosten und auch das
einfachere Aufstellungsverfahren gesprochen. Das Grundkonzept der Mietenanalyse
sei jedoch stark an der Erstellung eines Mietspiegels orientiert.
Kreisamtsrat Potthast schloss seine Einleitung mit dem Hinweis, dass dem
Institut GEWOS, Hamburg, der Zuschlag aufgrund einer Ausschreibung erteilt
wurde. Anfang Oktober 2008 sei dann das endgültige Konzept der Erstellung mit
dem Institut geklärt worden.
Die Vertreterin des Institutes GEWOS, Frau Müller, erläuterte anhand einer
Powerpoint-Präsentation die Erstellung der Mietenanalyse und die Ergebnisse (Anlage
1).
Beratendes Mitglied Wolking meinte, dass Einzelwohnungen im Raum Friesoythe zu
den Obergrenzen kaum zu finden seien.
Kreisamtsrat Potthast erwiderte, dass auch kleine Wohnungen für
1-Personen-Haushalte in die Erhebung einbezogen worden seien. Zudem sei bei der
Arbeitsgemeinschaft (ARGE) ein neuer Arbeitsplatz zur Marktbeobachtung
eingerichtet worden. Es sei eine Forderung der Gerichte, Nachweise zur
tatsächlichen Verfügbarkeit von angemessenen Wohnungen vorzulegen.
Kreistagsabgeordnete Lüdders berichtete, dass sie aus dem Bereich Friesoythe
mehrere Anrufe von Großfamilien erhalten habe, die Probleme hätten, große
Wohnungen zu den Richtwerten zu bekommen. In der Regel lägen die Angebote über
den Richtwerten.
Kreisamtsrat Potthast verwies nochmals auf den von den Gerichten geforderten
Nachweis zur tatsächlichen Verfügbarkeit der Wohnungen. Für den Fall, dass
tatsächlich keine entsprechende Wohnung verfügbar sei, dürfe auch keine Kürzung
der Unterkunftskosten ausgesprochen werden.
Kreistagsabgeordneter Riesenbeck verwies darauf, dass es durchaus eine Tendenz
geben könne, dass Vermieter sich an diesen Obergrenzen orientierten. Er hielt
es zudem für schwierig, dass Einzelpersonen kurzfristig Wohnungen zu den
Richtwerten finden könnten.
Kreisamtsrat Potthast erläuterte, dass die Richtwerte sowohl für das
Arbeitslosengeld II wie auch in der Sozialhilfe zum 01.07.2009 in Absprache mit
der ARGE in Kraft gesetzt worden seien. Die neuen Richtwerte seien dann bei
Neuanträgen bzw. Weiterbewilligungsanträgen angewendet worden. Aufgrund der
gesetzlichen Regelungen hätten die Leistungsberechtigten 6 Monate Zeit, die
Unterkunftskosten zu senken, bzw. ihre besonderen Gründe für einen Verbleib in
dieser Wohnung mitzuteilen.
Kreistagsabgeordneter Riesenbeck ergänzte, dass in den Fällen, wenn z.B.
Personen aus Einrichtungen bzw. aus betreuten Wohngruppen ausziehen, schon
kurzfristig eine angemessene Wohnung gefunden werden müsse. In diesen Fällen
bestehe unverzüglicher Bedarf.
Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Riesenbeck erklärte Kreisamtmann Potthast,
dass die Erstellung des Gutachtens rd. 60.000 € gekostet hätte.
Kreistagsabgeordnete Lüdders erkundigte sich, wie der Wohnungszustand bei der
Mietenanalyse berücksichtigt worden sei.
Frau Müller erläuterte, dass sich Zustand und Lage der Wohnung, aber auch z.B.
die Wärmedämmung, üblicherweise auf den Mietpreis auswirke. Über den Mietpreis
würde eine Vielzahl von Faktoren in die Analyse einbezogen. Im Übrigen verwies
sie auf die Extremwertbereinigung beim Mietpreis. Besonders günstige oder
besonders teure Wohnungen seien somit von vornherein ausgeschlossen, da sie die
Auswertung verfälschen würden.
Vorsitzender Niehaus dankte der Vertreterin des Institutes GEWOS, Frau Müller,
für ihre Erläuterungen zur Mietenanalyse.