Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Der Schulausschuss beschloss bei 1 Nein-Stimme und 4 Enthaltungen mit 13 Ja-Stimmen, dem Kreisausschuss zu empfehlen, dem Antrag der Berufsbildenden Schulen Friesoythe auf Genehmigung der Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik zum 01.08.2015 zuzustimmen.


Landrat Wimberg nahm Bezug auf den vorliegenden Antrag der Berufsbildenden Schulen Friesoythe. Er führte sodann aus, dass im Vorfeld der Schulausschuss-Sitzung mit den Leitern aller drei Berufsbildenden Schulen im Landkreis Cloppenburg ein Abstimmungsgespräch stattgefunden habe. Im Ergebnis sei insoweit festzuhalten, dass im Falle der Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik bei den Berufsbildenden Schulen Friesoythe das Berufliche Gymnasium Technik an den Berufsbildenden Schulen Technik in Cloppenburg in seinem Bestand nicht gefährdet sei. Der Leiter der Berufsbildenden Schulen Technik Cloppenburg, Herr Ameskamp, habe allerdings Bedenken dahin gehend geäußert, dass im Falle der Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe das bislang in Cloppenburg vorgehaltene Angebot von mehreren Fachrichtungen eingeschränkt würde.

 

Herr Ameskamp habe weiter erklärt, dass zuletzt regelmäßig rund 15 Schüler/innen aus dem Nordkreis die Klasse 11 des Beruflichen Gymnasiums in Cloppenburg besucht hätten. Der Leiter der Berufsbildenden Schulen Friesoythe, Herr Dr. Pancratz, habe erklärt, dass im Sommer 2014 am Beruflichen Gymnasium in Cloppenburg lediglich 5 Schüler/innen aus dem Nordkreis ihr Abitur gemacht hätten. Er, Landrat Wimberg, habe für eine einvernehmliche Meinung geworben. Letztlich gebe es, was auch in der Natur der Sache liege, aber zwei unterschiedliche Meinungen. Die Berufsbildenden Schulen am Museumsdorf Cloppenburg seien vorliegend nicht betroffen.

 

Weiter führte Landrat Wimberg aus, dass die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe keinen Investitionsbedarf auslöse. Sodann verwies er darauf, dass es vor rund 20 Jahren, als das Wirtschaftsgymnasium in Friesoythe eingerichtet worden sei, zunächst zahlreiche Bedenken gegeben habe. Das Friesoyther Wirtschaftsgymnasium habe sich jedoch hervorragend entwickelt und etabliert. Mithin sei zu erwarten, dass am Standort Friesoythe auch ein Berufliches Gymnasium Technik „laufen“ könne. Es gelte im Landkreis Cloppenburg für gleichverteilte Bildungschancen zu sorgen. Sodann erteilte Landrat Wimberg Herrn Dr. Pancratz das Wort.

 

Dr. Pancratz erklärte, dass es mehrere Argumente für die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe gebe. Vor allem sei die Interessenlage der Schüler/innen zu berücksichtigen. Eine Umfrage bei den 10. Jahrgängen an den Realschulen im Nordkreis habe ergeben, dass 74 Schüler/innen den Besuch eines Beruflichen Gymnasiums Wirtschaft, 31 Schüler/innen den Besuch eines Beruflichen Gymnasiums Technik und 28 Schüler/innen den Besuch eines Beruflichen Gymnasiums Sozialpädagogik wünschten. Außerdem sei der Anfahrtsweg für die Schüler/innen aus dem Nordkreis zu einem Beruflichen Gymnasium Technik bei der Einrichtung eines solchen in Friesoythe bedeutend kürzer. Auch die Einrichtung des Wirtschafts-Gymnasiums am Standort Friesoythe im Jahr 1995 sei die richtige Entscheidung gewesen. So hätten zusätzlich rund 1000 Schüler/innen aus dem Nordkreis in Friesoythe die allgemeine Hochschulreife erlangen können.

 

Bei einer Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe bestünden wegen des Bestehens des Wirtschafts-Gymnasiums bereits zahlreiche Anknüpfungspunkte hinsichtlich des Unterrichts im allgemeinen Bereich. Neu hinzu kämen im Bereich „Technik“ wöchentlich 4 Unterrichtsstunden und im Bereich „Praxis“ wöchentlich 2 Unterrichtsstunden. Das benötigte Fachlehrerpersonal sei bereits vorhanden. In Friesoythe bestünden Ressourcen, die es für die Schüler/innen aus dem Nordkreis einzusetzen gelte. Dazu zähle auch die Schaffung neuer Angebote.

 

Auf Nachfrage der Kreistagsabgeordneten Dr. Kannen (GRÜNE) erklärte Dr. Pancratz, dass gleichzeitig nicht auch die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Sozialpädagogik beantragt worden sei, weil für diesen Bereich gegenwärtig kein entsprechend qualifiziertes Personal zu bekommen sei.

 

Frau Sachse, Lehrervertreterin der Berufsbildenden Schulen, erklärte, dass bei einer Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe auch die demographische Entwicklung zu berücksichtigen sei. Schließlich würden die Schülerzahlen in den nächsten Jahren nicht unerheblich sinken. Daher halte sie die Einrichtung einer gleichen Schulform an einem anderen Standort für bedenklich. Die Berufsbildenden Schulen Technik Cloppenburg würden die bislang angebotenen vier Schwerpunkte dann nicht weiter anbieten können. Das Angebot von vier Schwerpunkten biete den Vorteil, dass Schüler/innen am Standort Cloppenburg nach anfänglichen Erfahrungen entsprechend ihren Neigungen Kurse noch wechseln könnten. Das „Entfernungs-Argument“ halte sie für wenig durchschlagend. Zudem sei fraglich, ob die Umfrage der Berufsbildenden Schulen Friesoythe bei 15-jährigen Schülern ausreichend repräsentativ sei. Gegenwärtig würden 18 Schüler/innen aus dem Nordkreis die 11. Klasse des Beruflichen Gymnasiums Technik in Cloppenburg besuchen.

 

Dr. Pancratz erklärte, dass auch umliegende Berufsbildende Schulen wie in Lohne und Wildeshausen ein Berufliches Gymnasium Technik mit dem einzigen Schwerpunkt
Mechatronik anböten und damit gute Erfahrungen gemacht hätten. Dieser Schwerpunkt sei interdisziplinär und damit zukunftsweisend.

 

Kreistagsabgeordneter Möller (CDU-Fraktion) erklärte, dass das Abstimmungsgespräch zwischen den Schulleitungen positiv zu bewerten sei. Mit der Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe könnten Synergien genutzt werden. Es spreche nichts gegen die Einrichtung. Daher beantrage er, dem Antrag der Berufsbildenden Schulen Friesoythe auf Genehmigung zur Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik zum 01.08.2015 zuzustimmen.

 

Kreistagsabgeordneter Poppe (FDP) fragte Bezug nehmend auf die 5 Abiturienten am Beruflichen Gymnasium Technik Cloppenburg aus dem Nordkreis im Jahr 2014 nach, wie sich der Begriff Nordkreis definiere.

 

Landrat Wimberg erklärte, dass als Nordkreis der Bezirk des Alten Amtes Friesoythe mit der Stadt Friesoythe und den Gemeinden Barßel, Saterland und Bösel zu betrachten sei.

 

Dr. Hoffschroer, Vertreter der Arbeitgeberverbände, bezeichnete das Abstimmungsgespräch zwischen den Schulleitungen als „positiv“. Dennoch sei die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe differenziert zu betrachten. Bildungsindividuell sei verständlich, dass Schülerinnen und Schüler so weit wie möglich kommen möchten. Zu bedenken sei allerdings, dass für 80 Prozent der Arbeitsplätze im Landkreis Cloppenburg das Abitur oder die Fachhochschulreife nicht erforderlich sei. Das Gros der Arbeitsplätze ziele auf mittlere Bildungsabschlüsse und eine berufliche Weiterbildung ab. Volkswirtschaftlich könne regional betrachtet kein adäquates Ziel sein, mehr Abiturienten „zu produzieren“. So entstünde eine Konkurrenz zur Ausbildung in  Unternehmen und Betrieben. Das „Entfernungs-Argument“ könne unter Berücksichtigung des Änderungsentwurfs zum Niedersächsischen Schulgesetz (zumutbare Schulwegzeiten) nicht ziehen.

 

Kreistagsabgeordneter Meyer (SPD-Fraktion) erklärte zum Wortbeitrag Dr. Hoffschroers, dass er keinesfalls die Gefahr einer Akademisierung sehe. Deutschland lebe davon, was in den Köpfen der Menschen stecke. Außerdem seien nicht alle zumutbaren Fahrzeiten auch zugleich sinnvoll. Früher sei die Regel gewesen, der Einrichtung neuer Schulformen an einem Standort zuzustimmen, sofern sich diese - wie im vorliegenden Fall - für den Landkreis Cloppenburg kostenneutral gestalteten. Seine Fraktion stimme dem Antrag der Berufsbildenden Schulen Friesoythe zu.

 

Kreistagsangeordneter Möller erklärte, dass er in der Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums Technik in Friesoythe keine Konkurrenz für die gleiche Schulform am Standort Cloppenburg sondern vielmehr für das Albert-Magnus-Gymnasium Friesoythe sehe.

 

Kreistagsabgeordnete Fugel (CDU-Fraktion) erklärte, dass die Bedürfnisse der Schüler/innen in den Vordergrund zu stellen seien. Wer beispielsweise von Barßel nach Cloppenburg zur Schule fahren müsse, für den sei der Tag nach der Rückkehr „gelaufen“.

 

Kreistagsabgeordneter Poppe erklärte, dass sich der Schulausschuss vor drei Jahren gegen die Einrichtung einer Oberschule mit gymnasialem Zweig in Barßel ausgesprochen habe. Daher könne er nunmehr die Argumentation für die Einrichtung eines Beruflichen Gymnasiums in Friesoythe nicht nachvollziehen.

 

Der Vorsitzende erklärte dazu, dass seinerzeit die nicht prognose-sicheren Schülerzahlen mitausschlaggebend für das ablehnende Votum gewesen seien.

 

Kreistagsabgeordneter Cloppenburg (CDU-Fraktion) erklärte, dass seinerzeit zudem von einer Bestands-Gefährung des Laurentius-Siemer-Gymnasiums in Ramsloh ausgegangen worden sei. Insoweit gebe es zum vorliegenden Antrag einen elementaren Unterschied.

 

Kreistagsabgeordneter Riesenbeck (SPD-Fraktion) erkundigte sich, ob in der Vergangenheit beim Beruflichen Gymnasium Technik Cloppenburg die Bewerberzahlen die vorhandenen Plätze überschritten hätten und mithin nicht sämtliche Bewerber hätten aufgenommen werden können.

 

Frau Sachse erklärte dazu, dass am Beruflichen Gymnasium Cloppenburg jeweils sämtliche Bewerber bei Vorliegen der Voraussetzungen aufgenommen worden seien. Das Wirtschafts-gymnasium an den Berufsbildenden Schulen am Museumsdorf Cloppenburg hätte aus Kapazitätsgründen nicht immer sämtliche Bewerber aufnehmen können.

 

Sodann ließ der Vorsitzende über den vorbezeichneten Antrag des Kreistagsabgeordneten Möller abstimmen.