Frau Kreisverwaltungsoberrätin Nienaber führte entsprechend
der Vorlage V-VERK/24/272 in die
Thematik ein und erläuterte, dass der aktuelle Nahverkehrsplans bis zum
16.12.2024 gelte und eine Fortschreibung bzw. in Teilen Neufassung des
Nahverkehrsplans bis Ende 2029 vorgesehen sei. Dies sei insbesondere wichtig
für die Ausschüttung der Regionalisierungsmittel, die auf der formalen
Grundlage eines gültigen Nahverkehrsplans erfolge. Ferner sei der
Nahverkehrsplan ein wichtiges Planungsinstrument im ÖPNV für den Landkreis
Cloppenburg. Aufgrund der eigenen Dynamik, wie das Erreichen von Zielen,
Umsetzen von Maßnahmen (z. B. OM1, moobil+) sei regelmäßig ein Fortschreiben
erforderlich.
Für die Fortschreibung ab Ende 2024 sei ein Beteiligungsverfahren durchgeführt worden. Den Kreistagsmitgliedern sei der Entwurf im Mai 2024 zugegangen. Die Stellungnahmen seien von Herrn Benz von der kreamobil GmbH abgewägt und aufgearbeitet worden. Das zusammengefasste Ergebnis liege in der Anlage zum heutigen Tagesordnungspunkt vor. Zu den wesentlichen Punkten werde Herr Benz von der kreamobil GmbH in der heutigen Sitzung detailliert berichten.
Die erarbeiteten Ergebnisse sollen in den Nahverkehrsplan eingebracht werden. Im nächsten Verkehrsausschuss im Oktober 2024 sei eine nochmalige Beratung für die dann anstehende Beschlussfassung im Kreistag im Dezember 2024 vorgesehen. Der heutige Termin diene entsprechend der Vorgabe aus der Mitte des Verkehrsausschusses vom 10.11.2022 als gesonderter Beratungstermin vor der endgültigen Beschlussfassung.
Anschließend übergab Frau Kreisverwaltungsoberrätin Nienaber das Wort an Herrn Benz von der kreamobil GmbH.
Die Fortschreibung des Nahverkehrsplans teile sich in zwei Bereiche auf, erläuterte Herr Benz. Zum einen sei eine Aktualisierung des Nahverkehrsplans (Strukturdaten, Tabellen etc.) und des ÖPNV-Bestandes, insbesondere Einführung und Verstetigung von moobil+, Entwicklung moobil+-Linie in der Stadt Cloppenburg sowie Einführung der landesbedeutsamen Linie OM1, erforderlich.
Der zweite große Bereich beinhalte die Weiterentwicklung des ÖPNV auf dem Weg von der reinen Daseinsvorsorge hin zur echten Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Hierzu gehöre insbesondere:
1) Erhalt, Ausbau und Weiterentwicklung des bestehenden ÖPNV-Angebots, u.a. durch
a) regelmäßige Erkundung der Fahrgastzahlen und des Mobilitätsverhaltens,
b) permanente Überprüfung und Verbesserung der Angebotsqualität,
c) Haltestellenausbau und Weiterentwicklung des Haltestellenkatasters und
d) Ausbau intermodaler Verkehrsmöglichkeiten.
2) Darstellung permanenter Aufgaben im ÖPNV-Bereich und deren organisatorische Verankerung: Weg von Einzelmaßnahmen hin zur permanenten Wahrnehmung zentraler Aufgaben des Landkreises rund um den ÖPNV.
3) Umsetzung Linienbündelungskonzept zur langfristigen Sicherung und Verbesserung des konventionellen Linienverkehrs mit Entfaltung der nötigen Aktivitäten auf der Zeitachse:
a) Einhaltung Harmonisierungszeitpunkt für alle Linien eines Bündels,
b) Vorabbekanntmachung einer beabsichtigten Ausschreibung eines Bündels einschl. der Festlegung der gewünschten Qualität und
c) Initiierung eines eigen- oder gemeinwirtschaftlichen Wettbewerbs zur Vergabe der benötigen Verkehrsleistung.
4) Vereinheitlichung der ÖPNV-Angebote hin zum integrierten Gesamtangebot:
a) Schaffung gleicher Nutzerschnittstelle für alle Angebote (Zentrale und digitale Zugänge),
b) Wahrnehmbarkeit der ÖPNV-Linien als Gesamtangebot (Beauskunftung des Gesamtangebots, Buchung und bargeldlose Bezahlung auch von Beförderungsketten),
c) Einheitliches Tarifsystem und
d) Anschlusssicherung.
5) Große technische Herausforderung in den nächsten Jahren: Dynamische Fahrgastinformation basierend auf Echtzeitdaten:
a) Generierung der nötigen digitalen Daten in allen Fahrzeugen,
b) zentrale Verarbeitung und Kommunikation der Daten,
c) verschiedene Formen der Präsentation und digitale Nutzung der Daten (z.B. durch die moobil+-App)
6) Hin zu Nachhaltigkeit:
a) landesbedeutsame Buslinie und moobil+-Linien nutzen heute bereits ausschließlich HVO-100 (bis zu 90 % Einsparung von CO2-Emissionen),
b) aktuelles Vergabeverfahren zur Erstellung eines kreisweiten Konzeptes für zukünftige Antriebsformen: Klärung der für den Landkreis am besten passenden Lösung basierend auf örtlichen Gegebenheiten und den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben (u.a. Klärung, ob rein batterie-elektrischer Antrieb oder Antrieb mit Brennstoffzellentechnologie auf Wasserstoffbasis oder Mischform)
7) Verstärkte Zusammenarbeit im ÖPNV-Bereich über die Landkreisgrenzen hinweg. Dazu zählen u.a.
a) Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Landkreis Vechta,
b) Suche nach Kooperationsmöglichkeiten mit allen anderen benachbarten Aufgabenträgern und
c) Engagement für die Region Weser-Ems zur Schaffung starker ÖPNV-Linien als Ergänzung des Schienenverkehrs und damit Unterstützung der Vorhaben des Landkreises zur Reaktivierung von Bahnstrecken für den ÖPNV.
Auf Nachfrage von Herrn Kreistagsabgeordnetem Vaske, ob es die Möglichkeit der Förderung für alle Fahrräder gebe und nicht nur für E-Bikes, erläuterte Herr Benz, dass es eine solche Förderung schon gebe und weiterhin erfolge. Im Landkreis Cloppenburg sei die Anzahl der E-Bikes sehr hoch und das Risiko von z. B. Diebstahl für diese Fahrräder höher einzustufen. Daher sei die Herstellung von Abstellanlagen mit Ladestationen im Fokus. Dies auch vor dem Hintergrund, dass solche Anlagen an den Schnittstellen für den ÖPNV angelegt werden sollen, um einen Anreiz zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu schaffen.
Frau Kreistagsabgeordnete Hollah bewertete die dynamische Fahrgastinformation als positiv. Sie erkundigte sich nach dem Zeitfenster für die Einrichtung dieser Maßnahme. Hierfür sei zunächst die Beschaffung von Echtzeitdaten erforderlich, erläutere Herr Benz. Diese seien aufzuarbeiten und zudem seien dann die erforderlichen baulichen Maßnahmen durchzuführen.
Frau Kreisverwaltungsoberrätin Nienaber ergänzte, dass für das mehrjährige Projekt „Echtzeitinformationssysteme“, welches in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Vechta bearbeitet werde, Fördermittel von der LNVG eingeworben werden sollen. Das Projekt gliedere sich in zwei wesentliche Phasen. Phase 1 beinhalte u. a. den Aufbau der Elektronik, der Hintergrundtechnik, der Server und der Ausstattung der Fahrzeuge. Diese Phase werde inkl. Planungsphase ca. 2 – 3 Jahre in Anspruch nehmen. In der zweiten Phase sei u. a. die Installation der Haltestellenanzeigetafeln vorgesehen. Für diese Phase sei eine Dauer von 2 – 3 Jahren eingeplant. Somit betrage die Gesamtdauer für die Umsetzung dieses Projekts bis zu sechs Jahre.
Weiterhin sei hierzu eine Vorabstudie beauftragt worden, teilte Frau Kreisverwaltungsoberrätin Nienaber mit, die dazu diene, den bei der LNVG zu stellenden Förderantrag vorzubereiten. In der Studie sollen die Optionen für die Umsetzung des Echtzeitinformationssystems und die sinnvollsten Maßnahmen bzw. der Maßnahmenumfang für die beiden Landkreise Cloppenburg und Vechta ermittelt werden. Über den Verlauf des Projektes „Echtzeitinformationssysteme“ werde im Verkehrsausschuss laufend berichtet.
Herr Wille merkte als beratendes Mitglied des ADFC kritisch an, dass die Fahrradabstellanlage am Bahnhof Cloppenburg in einem schlechten Zustand sei. Er verwies beispielhaft auf gute Einrichtungen in der Stadt Osnabrück oder in der Stadt Lohne. Er erkundigte sich zudem danach, ob sämtliche Buslinien in der DB-App eingepflegt seien. Dies bejahte Herr Benz und ergänzte, dass es mit der DB-App auch möglich sei, ein Ticket zu kaufen. Herr Kreistagsabgeordneter Kolde merkte an, dass für die Fahrradabstellanlage am Bahnhof Cloppenburg die Stadt Cloppenburg zuständig sei und bat, diese Thematik nach dort weiter zu transportieren.
Im Nahverkehrsplan seien zukunftsträchtige Maßnahmen vorgesehen, die er grundsätzlich positiv bewerte, merkte Herr Kreistagsabgeordneter Dunkel an. Er verwies hinsichtlich der Nutzung der App auf ein Modell in Osnabrück, wo man mit einer App (YaniQ) durch einfaches Wischen an der Starthaltestelle die Fahrt beginne. Die App erkenne selbständig, welche Routen man fahre, wann man wo aussteige und ermittele innerhalb einer Woche den günstigsten Tarif, nach dem dann automatisch abgerechnet werde. Um die Hemmschwelle zur Nutzung der App zu senken, bat er um Prüfung der technischen Möglichkeiten der App. Ferner machte er darauf aufmerksam, dass es für viele Auszubildende schwierig sei, im öffentlichen Personennahverkehr pünktlich zur Ausbildungsstelle zu gelangen. Die Anbindung der Betriebe werde vernachlässigt. Große Firmen würden Busse einsetzen, um ihre Arbeitnehmer zum Betrieb zu befördern. Daher bat er zu prüfen, ob eine Einbindung von Betrieben in die App erfolgen könne.
Herr Kreistagsabgeordneter Lohmann ergänzte, dass einige Firmen Sharing-Apps (z. B. Kalkhoff) betreiben, diese jedoch keine Schnittstelle zu moobil+ haben. Er sprach sich dafür aus, sämtliche Verkehrsformen in die App einzubinden und bat um Prüfung. Zudem seien insbesondere für E-Bikes weitere Fahrradabstellanlagen mit Ladestationen einzurichten.
Die App sei offen gestaltet, teilte Herr Benz mit und verfüge derzeit bereits über verschiedene Angebote. Er sprach sich für eine Erweiterung der Angebote aus.
Frau Kreistagsabgeordnete Hollah erkundigte sich nach dem zukünftigen Marketing für junge Menschen und bat um Auskunft, wie diese Zielgruppe, z. B. in Schulen erreicht werden solle. Hierzu konnte Frau Kreisverwaltungsoberrätin Nienaber berichten, dass im letzten Jahr eine Ferienaktion für Kinder und Jugendliche durchgeführt worden sei. Im Rahmen dieser Aktion habe es kostenfreie Fahrten gegeben. Zudem werde regelmäßig in den sozialen Medien berichtet und man gehe bei den Marketingaktionen auf Festen und sonstige Aktivitäten wie z. B. dem Cityfest aktiv auf sämtliche Zielgruppen, insbesondere auch Familien, zu. Frau Kreistagsabgeordnete Hollah machte den Vorschlag, zusammen mit der Schülersammelzeitkarte einen Flyer von moobil+ auszuhändigen.
Für junge Menschen sei die Nutzung von moobil+ nicht interessant, merkte Herr Wille als beratendes Mitglied an, da für die Wochenenden keine Angebote vorlägen. Herr Benz erläuterte, dass ein solches Angebot bisher nicht vorhanden sei, aber nunmehr thematisiert werde.
Zum Marketing in den sozialen Medien merkte Frau Kreistagsabgeordnete Abeln an, dass dort kaum Interaktionen zu verzeichnen seien. Vor dem Hintergrund der hohen Kosten für das Marketing erkundigte sie sich, ob die Zahl der Nutzer der sozialen Medien ermittelt werden könne und machte den Vorschlag, die Zielgruppen spezieller zu bewerben.
Herr Kreistagsabgeordneter Dunkel sprach sich dafür aus, nicht die jungen Menschen über die sozialen Medien, sondern deren Eltern anzusprechen. Eine niederschwellig nutzbare App (wie z. B. in Osnabrück) sei hilfreich, den Eltern die App näherzubringen.
Der Vorsitzende, Herr Kreistagsabgeordneter Kolde, machte darauf aufmerksam, dass die Linie OM1 keinen Haltepunkt beim Unternehmen Big Dutchman im Landkreis Vechta vorsehe. Er bat um Prüfung, ob hier ein Halt erfolgen könne.
Abschließend bedankte sich der Vorsitzende, Herr Kreistagsabgeordneter Kolde, bei Herrn Benz für seine Ausführungen. Die Etablierung des ÖPNV in einem Flächenlandkreis dauere länger als in bevölkerungsdichten Gebieten, merkte er an. Der Landkreis Cloppenburg sei jedoch auf einem guten Weg und beabsichtige, den ÖPNV weiterhin stetig zu verbessern.