Der Sozialausschuss beschloss einstimmig, dem Kreistag zu empfehlen, die Überprüfung der Mietrichtwerte gem. SGB II / XII zur Kenntnis zu nehmen und den Antrag vom 08.05.2019 zurückzuweisen, soweit er sich ansonsten nicht bereits erledigt hat.
Kreistagsabgeordneter von Klitzing
bemängelte, dass veraltete Mietdaten einbezogen würden. Des Weiteren
kritisierte er, dass die Bestimmung der Richtwerte im Ermessen der Verwaltung
stehe und nicht Aufgabe des Kreistages sei.
Kreisverwaltungsoberrätin Schröder trug den
Sachverhalt entsprechend der Vorlagen-Nr.:
V-SOZ/19/101 vor.
Sie verwies darauf, dass der
Kreistagsabgeordnete von Klitzing mit Schreiben vom 08.05.2019 Anträge zu den
Mietrichtwerten stellte, die vom Jobcenter für
Arbeitslosengeld II-Bezieher und von den Städten und Gemeinden für
Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber angewandt würden. Dabei beziehe sich Herr
von Klitzing auf mehrere Urteile des BSG vom Januar 2019 zu diesem Themenfeld.
Beklagter in den Verfahren vor dem BSG sei aber nicht der LK Cloppenburg
gewesen.
Kreisverwaltungsoberrätin Schröder betonte,
dass höchstrichterliche Rechtsprechung bei der täglichen Arbeit in der
Verwaltung selbstverständlich umgesetzt würde. Sie merkte an, dass die
Unterscheidung einzig nach der Höhe der Mieten nun aufgrund der neuesten
Urteile nicht mehr angewandt werden dürfte. Bis zu diesen BSG-Urteilen sei das
aber obergerichtlich von den Landessozialgerichten akzeptiert worden.
Nun seien weitere Kriterien – wie in der
Vorlage aufgeführt – zu bewerten, aus denen dann aufgrund der örtlichen
Gegebenheiten sog. Vergleichsräume gebildet werden müssten. Kriterien seien
u.a. die räumliche Orientierung, Tagespendelbewegungen, Nähe zu Ballungsräumen
und auch deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau.
Nach mehreren Besprechungen mit den
Fachleuten des Institutes Analyse & Konzepte sowie dem Fachanwalt Herrn
Neunaber sei die Verwaltung zu der Überzeugung gelangt, dass die Einteilung in
drei Vergleichsräume (Nordkreis, Südkreis und Stadt Cloppenburg) der aktuellen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entspreche. Den Ausschussmitgliedern wurde
als Tischvorlage die Tabelle mit den Empfehlungen des Institutes Analyse &
Konzepte zu den neuen Richtwerten ausgehändigt (siehe Anlage).
Die noch frischen Mietdaten der Erhebung aus
2018 konnten für die Erstellung der Richtwerte zugrunde gelegt und neu
ausgewertet werden, so
Kreisverwaltungsoberrätin Schröder weiter. Für die Leistungsbezieher in
der Stadt Cloppenburg würde sich nichts ändern. Durch die Neuverteilung der
erhobenen Mietwerte würden sich im Nord- und Südkreis geringe Änderungen der
Richtwerte ergeben.
Wer aufgrund der neuen Richtwerte einen
höheren Anspruch habe, sofern die Miete bis zu diesem Richtwert auch
tatsächlich gezahlt werde, bekomme die Differenz zu den höheren Werten
rückwirkend ab dem Gerichtsurteil nachgezahlt, erläuterte Kreisverwaltungsoberrätin
Schröder. Für diejenigen Leistungsempfänger in Friesoythe, deren Richtwert
gesenkt würde, werde der bisherige Richtwert weitergezahlt. Hier gelte
Bestandsschutz, solange ein durchgehender Leistungsbezug bestehe.
Da aufgrund der vorhandenen und auswertbaren
Datengrundlage aus 2018 ein Konzept nach den juristischen Vorgaben des BSG
erstellt werden könne, scheide die Anwendung der Wohngeldtabelle zzgl. 10 %
deshalb aus.
Kreisverwaltungsoberrätin Schröder übergab
dann das Wort an Herrn Rechtsanwalt Neunaber. Sie führte aus, dass Herr
Neunaber als Spezialist auf diesem Gebiet in sehr komplexen Fällen das hiesige
Jobcenter und auch den Landkreis vor den Gerichten vertrete und er auch die
Verfahren (anderer Landkreise) im Januar vor dem BSG vertreten habe.
Herr Neunaber meinte einleitend, dass er es
begrüße, dass Kreistagsabgeordneter von Klitzing mit seinem Antrag das Thema
auf die Tagesordnung gebracht habe. Denn die Regelung der Mietrichtwerte habe
neben der vorrangigen juristischen Sichtweise auch noch andere - soziale -
Aspekte. Erste und wichtigste Aufgabe der Mietrichtwerte sei es, dass die
Sozialleistungsbezieher angemessene Wohnungen anmieten könnten.
Es sei aber auch die Auswirkung auf den
Mietmarkt zu beobachten. Die Praxis lehre, dass die vom „Amt“ gesetzten
Mietgrenzen in der Regel ausgeschöpft würden. Würden also überhöhte Richtwerte
angesetzt, hätte dies einen Anstieg der Mieten im unteren Bereich zur Folge
bzw. einen allgemeinen Anstieg. Dabei sei zu bedenken, dass auch
Geringverdiener ohne Sozialleistungsbezug in der Lage sein müssten, eine
günstige Wohnung anzumieten.
Herr Neunaber führte weiter aus, dass der
Landkreis Cloppenburg nun schon zum dritten Male eine Mietenanalyse durchführe
und sehr erfahren sei. Das mit der Durchführung der Mietenanalyse beauftragte
Institut „Analyse & Konzepte“ habe ebenfalls große Erfahrung.
Die Mietdaten seien in 2018 nicht als
Stichprobe erhoben worden, sondern als Vollerhebung durch Abfrage bei allen
Vermietern. Der Landkreis verfüge daher über Mietendaten, die nach Menge und
Qualität alle gerichtlichen Anforderungen übertreffen. Die Einbeziehung der
Bestandsmieten der vergangenen 4 Jahre als Grundlage für die Auswertung sei in
Gesetz und Rechtsprechung anerkannt. Letztendlich erfolge durch das Institut
ein Abgleich mit den Angebotsmieten, um einen Richtwert zu ermitteln, der alle
Nachfragergruppen nach günstigen Mietwohnungen berücksichtige.
Zu den Urteilen vom 30.01.2019 sei
anzumerken, dass die vom Bundessozialgericht abgelehnten Mietkategorien, also
die Aufteilung des Landkreises in Bereiche mit unterschiedlichem Mietniveau,
noch im Oktober 2018 von einem Landessozialgericht bestätigt worden sei. Der
Landkreis habe somit nichts falsch gemacht, sondern nur der gefestigten
Rechtsprechung der Landessozialgerichte vertraut. Dass das BSG die
Mietkategorien kippt, sei im Vorfeld nicht absehbar gewesen.
Das BSG habe in den Urteilen, so Herr
Neunaber weiter, den Kommunen die Möglichkeit gegeben, ihre Konzepte
nachzubessern, also die vorliegenden Mietdaten neu auszuwerten. Dies gelte auch
für frühere Mietanalysen. In Zusammenarbeit mit dem Institut „Analyse &
Konzepte“ habe die Verwaltung nun entsprechend der aktuellen Rechtsprechung die
Einteilung des Kreisgebietes in drei Vergleichsräume vorgenommen.
Die Anwendung der Wohngeldtabelle sei
hochstrittig, betonte Herr Neunaber. Die Rechtsprechung lasse dies nur als
allerletzten Ausweg zu. Da der Landkreis Cloppenburg aber eine sehr gute
Erhebung zu den Mietdaten habe, könne ein schlüssiges Konzept im Sinne des BSG
erstellt werden. Damit scheide die Wohngeldtabelle aus. Die Aufstellung eines
Mietspiegels komme für Flächenlandkreis kaum in Betracht und sei somit
ebenfalls keine Lösung.
Vorsitzender Dr. Vaske dankte Herrn Neunaber für die Ausführungen und stellte fest, dass es keinen weiteren Diskussionsbedarf gab. Er stellte den Beschlussvorschlag zur Abstimmung.
Abstimmungsergebnis:
Ja: |
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Nein: |
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Enthaltung: |
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