Sitzung: 05.09.2019 Jugendhilfeausschuss
Vorlage: V-JHA/19/146
Herr
Kuszak (Schulleiter), Herr Kunze (stellv. Schulleiter), Herr Moritz (Schulsozialarbeiter)
und Herr Michnik (Schulbegleitung Michnik GmbH) trugen die
Evaluationsergebnisse der Pilotphase des I-Helfer-Pools an der Soeste-Schule
Barßel vor.
Herr
Kuszak leitete den Vortrag ein mit der Schilderung allgemeiner Daten und der
Entwicklung der Soeste-Schule Barßel von der klassischen Sonderschule zu einem
Förderzentrum für Schüler der Grund-, Haupt,- und Realschule mit
Unterstützungsbedarf bei der sozialen und emotionalen Entwicklung. Aktuell
würden 233 Schüler, von denen nahezu 100% vom Jugendamt begleitet würden, in 22
Klassen aller Schulzweige unterrichtet. Es seien insgesamt ca. 1550
Wochenstunden zu organisieren.
Herr
Kuszak führte aus, dass jedes der Kinder sein eigenes schwerwiegendes Päckchen
zu tragen habe und die Schulakten der Kinder bereits in der 2. Klasse einen
beträchtlichen Umfang hätten. Diese besonderen Kinder bräuchten ungewöhnliche
Angebote, so Herr Kuszak.
Als
staatliche Förderschule des Landkreises Cloppenburg, nähme die Soeste-Schule
Barßel hauptsächlich Schüler aus dem Kreisgebiet und halte entsprechend
Ressourcen vor. Dabei betonte Herr Kuszak, dass die Integrationshelfer des
Pools somit exklusiv den Schülern aus dem Kreisgebiet zur Verfügung stünden,
obgleich an der Schule auch Kinder aus anderen Landkreisen willkommen seien.
Diese würden aber nicht in die Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der
Poolgröße mit einfließen und müssten einen
eigenen Integrationshelfer in ihren Landkreisen beantragen.
Herr
Kuszak erörterte die langwierigen Antragsverfahren zur Gewährung persönlicher
Integrationshelfer, welche oft für Eltern und Kinder gleichermaßen
kräftezehrend seien. Ferner brächte die Fixierung auf ein Kind auch für den
Integrationshelfer Nachteile und Unsicherheiten, etwa bei kurzfristigen
Erkrankungen des zugewiesenen Kindes.
Als
Vorteile der Poollösung benannte Herr Kuszak neben der Arbeitszufriedenheit und
der höheren Identifikation der Integrationshelfer in und mit der Schule vor
allem die Tatsache, dass ein Anspruchsdenken der Kinder auf einen „persönlichen
Helfer“ ebenso abgenommen hätten, wie die Stigmatisierung anderer Kinder wegen
des nicht mehr so offensichtlichen Unterstützungsaufwand einzelner Kinder durch
persönliche Integrationshelfer. Auch die
Schüler identifizierten, so der Schulleiter, die festangestellten
Integrationshelfer als dauerhaften Teil der Schulgemeinschaft. Die
Integrationshelfer würden durch die dauerhafte Anstellung die Schule besser
kennen und die Schulleitung sei durch die Poollösung weisungsbefugt und die
gemeinsame Auswahl der Integrationshelfer durch Schulleitung und Träger brächte
den Vorteil, dass man optimal die Teamzusammensetzung steuern und das Personal
maximal effizient einsetzen könne. Für den Landkreis Cloppenburg als
Kostenträger stelle die Kostendeckelung auch einen nicht unerheblichen Vorteil
dar.
Kreistagsabgeordneter
Karrnbrock fragte nach, wie viele Stellen für welche Anzahl an Kindern
vorgesehen seien, und was passiere, wenn sich die Anzahl der Kinder mit
entsprechenden Bedarfen erhöhe, und ob ein Trägerwechsel möglich sei.
Kreisverwaltungsoberrätin
Lottmann erklärte, dass der Integrationshelferpool aktuell befristet sei und
der Jugendhilfeausschuss nunmehr über die Verstetigung im Anschluss an die
Evaluation zu beschließen habe. Bei dem Personalansatz sei man vor Beginn der
Pilotphase von der damaligen Schüler- und Integrationshelferanzahl ausgegangen.
Herr
Kuszak ergänzte, dass die Pilotphase zum Austesten wichtig gewesen sei und dass
man an der Schule flankierend eine Umfrage unter den Eltern und
Integrationshelfer vorgenommen habe um zu ermitteln, ob der Personalansatz
ausreiche. Dies sei zu bejahen. Ferner konstatierte Herr Kuszak, dass bei der
spezifischen Zusammensetzung der Schulgemeinschaft an der Soeste-Schule Barßel
ein Überschreiten einer bestimmten Anzahl an Mitschülern für den einzelnen
Schüler schädlich sei. Bei weiteren Steigerungen der Schülerzahlen würden auch
mehr Erwachsene nicht helfen, so Herr Kuszak.
Herr
Kunze bestätigte als stellvertretender Schulleiter im Anschluss die Vorteile
hinsichtlich der ökonomisch effizienteren Einsetzbarkeit der Integrationshelfer
im Rahmen des Pools und hob die Vorteile für die Lehrerschaft hervor, welche
nunmehr entscheidend delegieren könnten. Hierzu beschrieb Herr Kunze den
Unterrichtsalltag und stellte fest, dass in der Regel in bestimmten Situationen
mehrere Schüler Unterstützung durch einen Integrationshelfer bräuchten, in
anderen grundsätzlich gar nicht, Beispiel: Schwimmunterricht. Die
Integrationshelfer seien nun auch in der Hausaufgabenbetreuung und in ad-Hoc
auftretenden Situationen flexibel verfüg- und einsetzbar. Aus der
Fachzeitschrift „Erziehung und Wissenschaft“ zitierte Herr Kunze einen Artikel,
wonach die Anzahl der Schüler mit entsprechenden Defiziten steige und
verdeutlichte dass auch in schwierigeren Fällen, in denen bspw. nach einer u.U.
erfolglosen, psychiatrischen Behandlung die Therapiefähigkeit ausgereizt sei,
weiterhin jedoch die Schulpflicht bestehe. Vor diesem Hintergrund müsse er
festhalten, so Herr Kunze, dass an der Schule ohne die Poollösung mittlerweile
sicherlich mindestens 4 weitere personenbezogene Integrationshelfer tätig
wären, weshalb er eindringlich für eine Fortführung des Pools eintrete.
Herr
Moritz bezog sich auf die erwähnte Umfrage unter Eltern, Lehrern und
Schulbegleitern, welche anhand von Fragebögen durchgeführt worden sei. Im
Ergebnis konnte festgestellt werden, dass die Schulbegleitung durch die
Integrationshelfer sich sowohl in Krisen- als auch in Alltagssituationen an der
Schule bewährt habe.
Herr
Michnik stellte als Trägervertreter seine bisherige Arbeit im Rahmen der
Poolbildung vor und ging auf das Ziel der Inklusionsarbeit ein, wonach es im
optimalen Fall nicht überdeutlich werde, wer konkret Hilfe brauche. Aktuell
seien zwei der bisherigen Sozialarbeiterinnen innerhalb des Pools als
Koordinatorinnen tätig. Das Team umfasse 16 Mitarbeiter, wobei 2/3 bereits
zuvor tätige Integrationshelfer seien. Die Mitarbeiter kämen alle aus der
Region, Mitarbeiter ohne Fachausbildung würden geschult und es fänden
regelmäßige Supervisionen statt. Insgesamt habe er eine gute Mischung im Team
innerhalb der 10 ½ Monate des bisherigen Projektes erreichen können. Herr
Michnik betonte, dass wenn eine positive Entschließung des
Jugendhilfeausschusses vorläge, er als Träger auch Festanstellungen der
Integrationshelfer beabsichtige, da nicht nur das Finden guter Kräfte, sondern
auch das Halten guter Kräfte zunehmend schwerer sei.
Kreistagsabgeordnete
Dr. Kannen hakte nach, ob ein Poolmodel auch an anderen Schule generell möglich
sei. Sie könne sich eine Übertragbarkeit auf die Regelschule durchaus
vorstellen.
Kreisverwaltungsoberrätin
Lottmann bemerkte, dass die Bedarfssituation an Schulbegleitung an der
Soeste-Schule Barßel extrem war. An den Regelschulen im Landkreis sei der
Bedarf aktuell nicht umfangreich genug um dort Poollösungen in den Blick zu
nehmen, man behalte die Entwicklung seitens des Jugendamtes aber im Auge.
Frau
Hömmen vom Beirat für Menschen mit
Behinderung konstatierte, dass Ansätze wie die vorgestellte
Poolbildung wichtig seien und fand eine Verstetigung des Pools wünschenswert.
Kreistagsabgeordneter
Karnbrock fragte nach, ob es im Vorfeld der Pilotphase einen Anbietervergleich
gegeben habe. An den Trägervertreter gerichtet wollte Kreistagsabgeordneter
Karnbrock ferner Auskunft über Personalfluktuationen während der Pilotphase und
wissen, ob man im TvöD Rahmen arbeite.
Herr
Michnik bestätigte, dass es jenseits der Probezeit keinerlei Fluktuationen im
Personal gegeben habe. Die Mitarbeiter seien in Arbeitsverhältnissen
beschäftigt, welche an den TvöD angelehnt seien, maximale Erfahrungsstufe sei
3, Sonderzahlungen gäbe es nicht. Im Rahmen eines Anbietervergleiches habe sich
die Integrative Jugendhilfe Michnik durchsetzen können, da es sich um einen,
auf Poollösungen in der Integrationshilfe spezialisierten Träger handele. In
Oldenburg betreibe seine Firma ebenfalls I-Helfer Pools, weshalb man einen
Erfahrungsvorsprung mit einbringen konnte.
Kreistagsabgeordnete
Nüdling sagte, dass sie seinerzeit gerne für die Poollösung als Modellprojekt
votiert habe und sich über den positiven Evaluationsbericht jetzt entsprechend
freue. Sie befand den Integrationshelferpool an der Soeste-Schule Barßel als
vorteilhaft für die dort lernenden Kinder, es handele sich um eine gute Sache.
Herr
Tönnies lobte den eindrucksvollen Vortrag und wollte wissen, warum die
beschäftigten Integrationshelfer nicht beim Schulträger angestellt seien, und
ob die jetzt anvisierte Entfristung an die Schule oder an den Träger gebunden
sei.
Kreisverwaltungsoberrätin
Lottmann erklärte, dass die Schule selbst die Leute nicht anstellen könne, dies
könne nur das Land. Ferner sei eine Entfristung entsprechend nicht an die
Schule gekoppelt.
Herr
Michnik verwies auf die regionale Bindung sämtlicher Mitarbeiter und die
Notwendigkeit die personalstrukturelle Integrität des jetzigen Teams zu
erhalten. Daher bestünde keine Gefahr des Abziehens von Kräften durch den
Träger.
Kreistagsabgeordneter
Dr. Vaske konstatierte, dass bei der Entscheidung zugunsten eines Poolmodelles
vor einem Jahr die Pilotphase als offener Prozess gestartet war. Die jetzige
Entwicklung skizziere einen richtigen und wichtigen Weg, jedoch müsse ein
konstant hohes Fachkräfteniveau erhalten werden. Zukünftig könne man über eine
Quote für Fachkräfte nachdenken.
Herr
Moritz von der Soeste-Schule Barßel warf ein, dass es an der Schule zusätzlich
auch noch 6 Sozialpädagogen gäbe.
Kreistagsabgeordneter
Schmidt erkundigte sich nach den Laufzeiten eines Vertrages zwischen dem
Landkreis und der Schulbegleitung Michnik GmbH. 5 Jahre seien sicherlich kein
Problem, ewig könne eine Vertragsbindung nicht sein.
Kreisverwaltungsoberrätin
Lottmann klärte dahingehend auf, dass der Kooperationsvertrag zwar unbefristet,
jedoch mit einer Kündigungsfrist versehen sei, welche z.B. angewandt würde,
sollte das Land bspw. in die Schulbegleitung einsteigen.
Kreistagsabgeordneter
Riesenbeck erhoffte sich durch den Pool einen Anschub, der im besten Fall den
politischen Druck auf das Land erhöhen könne.
Herr
Kuszak gab aus seiner Sicht als Schulleiter zu bedenken, dass für Kinder
Personen nicht austauschbar seien, und erbat eine positive Entschließung
zugunsten seiner Schüler, welche oftmals in ihrem Leben drastische
Bindungsbrüche haben erfahren müssen.