Zu diesem Tagesordnungspunkt trug Kreisoberamtsrat Günster, der Leiter des Bauamtes des Landkreises Cloppenburg, vor.

Die Präsentation ist dem Protokoll beigefügt.

Kreisoberamtsrat Günster erklärte, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen sei Anlass, um darüber zu informieren, wie sich die Landwirtschaft im Landkreis Cloppenburg derzeit darstelle.

In den letzten 20 Jahren seien insgesamt 3.369 Ställe neu-, an- oder umgebaut worden. Auf den Betrieben im Landkreis würden derzeit 13,6 Mio. Stück Geflügel, 1,96 Mio. Schweine und 178.000 Rinder gehalten. Damit gehöre der Landkreis Cloppenburg zu den tierintensivsten Regionen in Niedersachsen und Deutschland. Einher gehe damit, dass im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Betrieben des Ernährungsgewerbes entstanden sei. Ca. 40 % der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe gehörten hierzu.

Durch die Änderung des Baugesetzbuches, welches keine gewerblichen Tierställe im Außenbereich ohne eigene Futterfläche mehr zulasse, und aufgrund sinkender Schweinepreise seien die Bauantragszahlen seit 2013 im Landkreis stark rückläufig. Für 2015 lägen bisher lediglich 25 Anträge vor, wogegen man zu Spitzenzeiten bis zu 314 (1997) Anträge erhalten habe. Insbesondere im Geflügelbereich seien die Zahlen stark rückläufig, da aufgrund der Bestandsdichte im Landkreis kaum noch Neubauten möglich seien. Bei den Schweineställen würden neue Anlagen inzwischen ausschließlich mit Filter errichtet.

Neben der positiven starken wirtschaftlichen Kraft, die von der Landwirtschaft ausgehe, gebe es auch negative Aspekte. Die hohe Tierdichte führe u. a. zu Belastungen der Umwelt mit Geruch, Ammoniak und Nitrate durch die Gülleaufbringung. Weiterhin sei die Zersiedelung des Außenbereiches als Negativpunkt aufzuführen.

Die Biogasanlagen (derzeit 112 vom Landkreis genehmigte Anlagen (davon 111 in Betrieb) und 8 in der Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes liegende Anlagen) verringerten durch den Fermentationsprozess zwar die Gerüche und den Ammoniakeintrag in die Umwelt, würden allerdings die schon mit der Tierhaltung einhergehende Flächenknappheit verschärfen.

Im Dialog mit dem Landvolk werde seit Jahren versucht, die Verminderung der verursachten Immissionen weiter voranzutreiben und damit einen Ausgleich zwischen den Interessen der Landwirtschaft und den Interessen der Bevölkerung an einer intakten Umwelt herzustellen.

Die gegenseitige Blockade aller Beteiligten bei der Flächenknappheit und Flächenkonkurrenz sei nur durch eine konsequente Bauleitplanung der Gemeinden zu lösen, die mit diesem Instrument steuernd eingreifen könnten. Die Gemeinden Lindern und Garrel sowie die Stadt Friesoythe verfügten bereits über eine Bauleitplanung in Bezug auf Tierhaltungsanlagen, bei den Gemeinden Barßel und Essen sowie bei der Stadt Löningen laufe jeweils ein Aufstellungsverfahren.

Hemmnis der Entwicklung der Tierhaltung in der Zukunft sei neben den rechtlichen Hindernissen auch die Ammoniakbelastung. Hauptverursacher von Ammoniakemissionen sei die Landwirtschaft. Es entstünden bundesweit

·        52% aus der Rinderhaltung

·        20% aus der Schweinehaltung

·        95 aus der Geflügelhaltung

·        15% aus der Mineraldüngeranwendung.

Seit  2010 gelte nach der EU-NEC RL (Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe) für Deutschland eine Emissionshöchstmenge von 550 Tsd. to NH³. 2013 habe Deutschland 670.000 to Ammoniak produziert. Gegen Deutschland laufe derzeit wegen der Nichteinhaltung der Grenzwerte ein Vertragsverletzungsverfahren. Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, Ammoniak bis 2030 um 30 % zu senken. Auch in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg sei die Ammoniakbelastung zu hoch. Eine erhebliche Minderung der Belastung könne durch verschiedene Maßnahmen erfolgen. Dazu würden u. a. eine Reduzierung der Tierzahlen, eine konsequente Einarbeitung der Gülle, die Abdeckung der Güllelagerbehälter und der Einbau von Filter gehören.

Da Abluftreinigungsanlagen Geruch zu 100% und Staub und Ammoniak bis zu 90% bei Schweineställen filtern könnten, käme ihnen eine große Bedeutung in der Tierhaltung zu.

Im Landkreis Cloppenburg würden seit 2009 bei großen Stallanlagen ab 2000 Schweine Abluftreinigungsanlagen obligatorisch eingesetzt. Die Praxis des Landkreises, bei großen Schweinehaltungsanalgen Filter zu fordern, habe auch Eingang in den Filtererlass des Landes Niedersachsen, der seit 2013 gelte, gefunden. Somit gelten niedersachsenweit einheitliche Regeln. Es sei geplant, diese Grundsätze in die neue TA Luft aufzunehmen. Damit würden dann deutschlandweit einheitliche Beurteilungsgrundsätze angewendet werden.

Auf Rückfrage der Abgeordneten ergänzte Kreisoberamtsrat Günster, die auszutauschenden Hölzer der Filteranlagen seien kein Sonderabfall, sondern könnten kompostiert werden.

Weiter führte er aus, das größte Problem sei die Lösung der Gülleverwertung.

Die Landwirtschaftskammer sei zuständige Düngebehörde und der Landkreis zuständige Baugenehmigungsbehörde. Die für einen Datenaustausch der Fachbehörden untereinander derzeit noch fehlende Rechtsgrundlage sei im Düngegesetz zu schaffen. Es gebe zwar die Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdünger, aber diese sei nach Ansicht der Landwirtschaftskammer und der Landkreise Cloppenburg und Vechta nicht ausreichend. Die Dünge- und Genehmigungsbehörde müsste für eine sachgerechte Überwachung des Verbleibs der Wirtschaftsdünger sowohl die bewirtschafteten Flächen als auch die tatsächlichen Tierbestände erfassen und kennen. Dies sei derzeit aus Datenschutzgründen nicht erlaubt.

Kreisoberamtsrat Günster erläuterte weiterhin, dass Vertreter des Bauamtes in Fragen der Landwirtschaft in sehr vielen Arbeitsgruppen mitarbeiten würden oder als sachkundige Berater von Ministerien oder anderen Institutionen wie dem Umweltbundesamt oder dem Kuratorium landwirtschaftliches Bauen (KTBL) gefragt seien.

Zusammenfassend erklärte Kreisoberamtsrat Günster abschließend, durch die Verschärfung der Umweltvorschriften sei längerfristig mit einer Reduzierung der Tierbestände im Landkreis Cloppenburg zu rechnen. Daneben führten freiwillige Vereinbarungen wie z.B. die im Rahmen der Initiative Tierwohl ebenfalls zu einem Abbau der Tierzahlen.

Die gesetzlichen Erfordernisse würden die Tierhaltung im Landkreis zunehmend unwirtschaftlich machen, wenn die hohen Investitionskosten für die Tierhaltung nicht über den Preis erlöst werden könnten. Längerfristig sei daher insgesamt mit einem Rückgang der Wirtschaftskraft in diesem Bereich zu rechnen.

 

Der Vorsitzende des Ausschusses, Kreistagsabgeordnete Middendorf, dankte für den Vortrag und stellte ihn zur Diskussion.

 

Kreistagsabgeordneter Götting, erklärte, in der Vergangenheit seien sicherlich von der Landwirtschaft Fehler gemacht worden. Früher sei die Gülle zulässigerweise auch in den Wintermonaten ausgebracht worden, was das Grundwasser belastet habe. Dies sei seit Jahren nicht mehr erlaubt, was mittelfristig zu Verbesserungen beim Grundwasser führen würde. Die Messungen des Wasserwerkes Thülsfelde hätten 1994 noch einen Nitratwert von 95 mg/l ausgewiesen und lägen 2012 nur noch bei 39 mg/l. Es sei somit schon eine Verbesserung eingetreten. Die schlechten Grundwasserwerte fänden sich nur im oberflächennahen Grundwasser. In tieferen Schichten seien die Werte besser.

Im Übrigen erhalte kein Landwirt Agrarbeihilfen, wenn er bei der Gülleverwertung nicht ordnungsgemäß arbeite.

Der Geflügelkot sei wirtschaftlich wertvoll und werde seit Jahren bereits in andere Gebiete außerhalb des Landkreises verbracht. Problematischer seien da die Rinder- und Schweinegülle, die viel Wasser enthielten und damit hohe Transportkosten verursachten.

Eine zusätzliche Belastung stellten die vielen Biogasanlagen dar, deren Reststoffe lange nicht als Abfall eingestuft worden seien und somit zusätzlich auf landwirtschaftliche Flächen verbracht werden konnten.

Er erklärte, dass sein Betrieb mehrfach hinsichtlich der Gülleverwertung kontrolliert worden sei. Er habe dabei immer die der Tierseuchenkasse gemeldeten Zahlen vorlegen müssen.

 

Kreisoberamtsrat Günster entgegnete, die Vorlage dieser Zahlen sei freiwillig. Eine rechtliche Verpflichtung gebe es dazu nicht. Die Umsetzung durch Bund und Land stehe noch aus. Der Landkreis habe bereits vor 5 Jahren auf diesen Missstand hingewiesen. Es sei dann ein Arbeitskreis gebildet worden, der ausgearbeitet habe, wie die Zusammenführung der Daten geregelt werden könne. Es solle dazu auch ein Zertifizierungsverfahren geben. Derzeit kontrolliere die Landwirtschaftskammer lediglich 1% der Betriebe hinsichtlich der Einhaltung der Düngevorschriften.

 

Kreisbaurat Raue ergänzte auf Rückfrage, dass es hier erforderlich sei, Daten unterschiedlicher Behörden zusammen zu führen. Es sei sinnvoll, dass aufgrund der bei der Kammer vorliegenden Datenlage und ihrer Fachkompetenz der Abgleich dann von der Landwirtschaftskammer als der Düngebehörde durchgeführt werde.

 

Kreistagsabgeordneter Vorwerk erklärte, das Problem sei lediglich die mangelnde Kontrolle, besonders im Bereich der gewerblichen Bauten. Er halte die Gülleverwertung bei den landwirtschaftlichen Betrieben für ordnungsgemäß. Sicher seien in der Vergangenheit Fehler gemacht worden, z. B. auch bei der Klärschlammausbringung. Unberücksichtigt bleibe auch der gewerbliche Gemüseanbau, der in erheblichem Maße mineralisch dünge, z. B. bei der Herbstbestellung mit Kohl. Er verwies auch darauf, dass sich die Beratung der Landwirtschaftskammer hinsichtlich der Düngung erheblich in den vergangenen Jahren geändert habe.

 

Kreistagsabgeordneter Georg Meyer erklärte, die Landwirtschaft weise viel nach, lasse regelmäßig ihre Böden untersuchen und lege diese Ergebnisse auch vor. Schwarze Schafe gebe es in jedem Berufszweig. Es bestehe die Gefahr, dass alle Landwirte gleich beurteilt würden, obwohl die Mehrzahl bemüht sei, Grundwasser und Oberflächenwasser sauber zu halten.

 

Kreistagsabgeordnete Nüdling wies darauf hin, dass es wichtig sei, dass auch die Landwirte Interesse an einer ordnungsgemäßen Düngung hätten. Es sei derzeit nicht erklärlich, warum die Werte der Grundwasserbeprobungen so schlecht seien, wenn alle Landwirte sich seit Jahren ordnungsgemäß verhielten.

 

Auf ihre Rückfrage hin erklärte Kreisoberamtsrat Günster, dass im Landkreis nur Filter eingesetzt würden, deren einwandfreie Funktion durch ein Zertifikat der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft nachgewiesen worden sei. Jede Abluftreinigungsanlage werde jedes Jahr durch ein anerkanntes Messinstitut auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. Jede Anlage verfüge heute über ein sogenanntes elektronisches Betriebstagebuch, an dem abgelesen werden könne, ob der Filter das ganze Jahr über funktioniert habe. Um die Filtertechnik weiter zu optimieren, finde im Herbst ein Austausch mit den Filterherstellern und allen Betreibern statt.

 

Kreistagsabgeordnete Kannen fragte nach, ob der Folie 4 entnommen werden könne, dass der Landkreis Cloppenburg flächendeckend mit Stallanlagen belegt sei.

 

Kreisoberamtsrat Günster erklärte hierzu, dass dem de facto so sei. Die Kreisverwaltung habe daraus die Konsequenz gezogen, dass seit 2004 derjenige, der in einer schon belasteten Umgebung einen Stallbau realisieren wolle, die Emissionen seiner Anlagen um 30 % senken müsse. Diese Regelung sei Folge des Stallbaubooms, aber mit der Landwirtschaft einvernehmlich seinerzeit vereinbart worden.

 

Der Vorsitzende des Ausschusses, Kreistagsabgeordneter Middendorf, dankte für die Diskussion und beendete damit diesen Tagesordnungspunkt.

 

Der Ausschuss für Planung und Umwelt nahm die Ausführungen zur Kenntnis.