Frau Lehmann, sozialpädagogische Fachkraft im Sachgebiet 51.5 – Pädagogische Sonderdienste, stellt die Arbeit des Pflegekinderdienstes und Adoptionsstelle des Jugendamtes des Landkreises Cloppenburg vor.

 

Die Vortragsfolien sind dem Protokoll in Anlage beigefügt.

 

Im Anschluss an den Vortrag dankte die Vorsitzende, Kreistagsabgeordnete Vey-Höwener Frau Lehmann für die Ausführungen und eröffnete eine Fragenrunde.

 

Kreistagsabgeordneter Karnbrock fragte nach, ob bei Pflegefamilien, die bis zu 4 oder mehr Kinder aufnähmen, von einer „jobmäßigen“ Betätigung gesprochen werden könne.

 

Frau Lehmann entgegnete, dass in der Regel im Einklang zu den Empfehlungen für die Vollzeitpflege maximal zwei Kinder in Pflege gegeben würden. Es könne Ausnahmen geben, z.B. wenn mehrere Geschwister unterzubringen seien oder eine Bereitschaftspflegefamilie eine Bindung zu Säuglingen / Kleinkindern aufgebaut habe, diese dann in ein Dauerpflegeverhältnis übergehen und dann nochmal ein Kind in Bereitschaft aufgenommen wird. Dies kann passieren, wenn ein auswärtiges Jugendamt eine Bereitschaftspflege überlang laufen lässt. Um zu verhindern, dass Pflegefamilien bei anderen Jugendämtern gezielt Pflegekinder anfragen, versucht der Pflegekinderdienst die Pflegefamilien im Kreisgebiet durch gute Zusammenarbeit und Betreuung zu binden. 

 

Frau Lindner wollte wissen, wie der Pflegesatz festgelegt werde.

 

Kreisverwaltungsoberrat Uchtmann erklärte, dass der Pflegesatz landesrechtlich festgelegt werde und aus zwei Faktoren bestehe. Zum einen aus den materiellen Aufwendungen (aktuell 639,00 EUR) und zum anderen, aus den Kosten der Erziehung (aktuell 275,00 EUR) bei Kindern von 0 – 5 Jahren. Bei Kindern bis 11 Jahren bzw., bei Kindern ab dem 12. Lebensjahr steigen diese Beträge. Diese Werte werden durch Erlass des Sozialministeriums festgelegt, wobei sich das Ministerium dabei an Empfehlungen des Deutschen Vereins für Private und Öffentliche Fürsorge orientiere. Im Folgenden Tagesordnungspunkt zur werde darauf weiter eingegangen.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Vaske wollte mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wissen, ob Pflegeeltern sich parallel zur Aufnahme von Pflegekindern auch in ihren Berufen verwirklichen können und ob dies in der Praxis auch so passiere.

 

Frau Lehmann führte dazu aus, dass das es nicht mehr zeitgemäß sei, dass insbesondere die Pflegemütter zuhause zu bleiben haben. Die Lebensmodelle seien so verschieden in Pflegefamilien, wie überall. Es gebe versierte, alleinerziehende Pflegemütter oder Väter, genauso wie Pflegeeltern, bei denen ein Elternteil sehr passioniert voll in der Mutter- oder Vaterrolle bei sehr schwierigen Pflegekindern aufgehe und nicht daneben berufstätig sei. Ferner sei es häufig das beide Pflegeeltern auch Stunden reduzierten, so Frau Lehmann vom Pflegekinderdienst.

 

Kreistagsabgeordneter Coners erkundigte ob das Jugendamt derzeit noch leicht Bereitschaftspflegefamilien akquirieren könne und wie lange der Prozess dauern würde, bis ein Kind im Bedarfsfall bei einer Bereitschaftspflege untergebracht werden könne.

 

Frau Lehmann erklärte, dass man laufend neue Pflegeeltern suche und im Rahmen der laufenden Qualifizierungskurse auch Menschen für die Bereitschaftspflege zu gewinnen. Frau Lehmann betonte, dass es wichtig sei, eine Bereitschaft als solche auch nur wahrzunehmen, wenn die Rückkehr zum leiblichen Elternteil - bspw. wenn die alleinerziehende Kindesmutter für eine Zeit in ein Krankenhaus muss – konkret absehbar sei. In allen anderen Fällen sei es von großer Wichtigkeit für die Kinder ein Übergang in eine Dauerpflege ab Aufnahme zu machen um nicht die Kinder mit dem Risiko der Ungewissheit, ob sie nochmal die Familie wechseln müssen, allein zu lassen. Dieses muss der Pflegekinderdienst schnell qualifiziert einschätzen.

 

Kreistagsabgeordneter Karnbrock interessiert in wieviel Prozent der Fälle eine Rückführung in die Herkunftsfamilie realisierbar sei und ob dies für die Pflegeeltern, die ggf. über Jahre ein Pflegekind aufgezogen haben, sehr problematisch sei.

 

Frau Lehmann konstatiert, dass dies genau die Angst vieler potenzieller Pflegeeltern sei. Tatsächlich sei eine Rückführung selten der Fall und wenn doch, dann wissen die Mitarbeitenden des Pflegekinderdienstes das in der Regel schon zu Beginn der Bereitschaftspflege. Aus einer Dauerpflege habe Frau Lehmann in eigener Verantwortung in den letzten 7 Jahren in keinem Fall ein Kind zur Herkunftsfamilie zurückgeführt. Jedoch betonte Frau Lehmann, dürfe das Amt den Pflegeeltern auch keinerlei Garantie geben ein Pflegekind dauerhaft zu behalten. Man müsse bedenken, dass weitaus wahrscheinlicher Kontaktabbrüche zu den leiblichen Eltern eintreten, da diese Eltern nicht selten selbst aus der Jugendhilfe kommend es gar nicht aushielten, das die Kinder nicht bei ihnen leben können.

 

Frau Fangmann fand den Vortrag sehr erkenntnisreich und wollte wissen, ob das Kindergeld mit dem Pflegegeld verrechnet würde und ob es zusätzliche Möglichkeiten für die Kinderbetreuung für Pflegefamilien gäbe.

 

Hierzu antwortete Kreisverwaltungsoberrat Uchtmann, dass die Pflegeeltern das Kindergeld bekommen, welches hälftig auf das Pflegegeld angerechnet werde. Die Kinderbetreuung werde bei Pflegefamilien nach den gleichen Rahmenbedingungen geleistet, wie bei allen anderen Kindern in Krippe oder Kindertagespflege im jeweiligen Alter.

 

Frau Lehmann ergänzte, dass Pflegekinder häufig noch weitere Bedarfe mitbrächten, die aus sich heraus erweiterte Betreuung als individuellen Bedarf rechtfertigen würden. Dazu könnten die vom Landkreis gewährte Monatspauschale bspw. für Babysitter-Kosten genutzt werden.   

 

Frau Fangmann zog einen Vergleich zur Verhinderungspflege für pflegende Angehörige, die dadurch auch eine zusätzliche Unterstützung erhielten. Ähnliches sei wünschenswert für Pflegekinder.

 

Kreisverwaltungsoberrat Uchtmann konstatierte, dass bei besonders schwierigen Falllagen dies im Einzelfall zur Entlastung auch über die Pauschale hinaus gewährt würden.

 

Frau Dr. Kannen fragte nach, ob die unterzubringenden Kinder selbst mit einbezogen würden, wie und wo sie in eine Pflegefamilie kommen.

 

Frau Lehmann verneinte dies und erörterte, dass dies in den Situationen einer Herausnahme eines Kindes aus einer, das Kind gefährdenden Situation für das Kind unmöglich sei sich einbeziehen zu lassen. Ein kleines Kind würde loyalitätsbedingt immer bei den leiblichen Eltern bleiben, selbst wenn diese dem Kind schwer schadeten. In der Praxis werde jedoch mit höchster Empathie mit Kindern die Situation kommuniziert um Verständnis für die Kinder zu ermöglichen. Dies gelinge selbst bei Kleinkindern. Es sei immer schwer für die Kinder.

 

Frau Lindner ergänzte, dass es hierbei um das Recht der Kinder gehe, gehört zu werden, nicht zu entscheiden.

 

Kreistagsabgeordneter Coners knüpfte daran die Frage an, ob mit einem unterzubringenden Kind eine Art „Match-Making“ bei mehreren, möglichen Pflegefamilien gemacht werde.

 

Frau Lehmann gab hier zu bedenken, dass sich im Vorfeld einer Unterbringung die Fachkräfte des Pflegekinderdienstes eine potenzielle Pflegefamilie mit hoher Expertise und Blick auf das gesamte Familiensystem auf eine Geeignetheit für das jeweilige Pflegekind prüften. Dies sei auch deshalb besonders wichtig, da Pflegekinder grundsätzlich eine lange Anpassungsphase im neuen Umfeld bräuchten und komplett abhängig seien.

 

Abschließend wollte Kreistagsabgeordneter Coners wissen, ob die viele, intensive Arbeit mit 3,3 Vollzeitstellen zu bewältigen sei.

 

Frau Lehmann stellte heraus, dass Hilfen gerade zu Beginn gut zu einzuleiten begleiten und seien dann läuft es auch bei guter Steuerung. Dazu gehörten auch ergänzende Hilfen und Therapien. Zusammen mit guter Supervision und Vernetzung der Pflegeeltern untereinander sei die Arbeit leistbar