Betreff
Antrag des Vereins Konfliktschlichtung e.V. Oldenburg vom 19.05.2024 für die weitere Bezuschussung des Oldenburger Interventionsprojekt (OLIP) - Täterberatung bei Häuslicher Gewalt - für die Jahre 2025-2027
Vorlage
V-SOZ/24/180
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

Der Landkreis Cloppenburg stellt, vorbehaltlich der entsprechenden finanziellen Beteiligung der im Antrag genannten kommunalen Partner (Landkreise Ammerland, Wesermarsch, Oldenburg, Städte Oldenburg und Delmenhorst), die Finanzmitteln in Höhe von jährlich 11.500 Euro für die Jahre 2025 bis 2027 als Zuschuss für den Verein Konfliktschlichtung e. V. für die Durchführung des Oldenburger Interventionsprojektes OLIP für Täterinnen und Täter im Kontext häuslicher Gewalt aus dem Landkreis Cloppenburg bereit.


Sachverhalt:

Der Verein Konfliktschlichtung e. V. Oldenburg beantragte mit Datum vom 19.05.2024 die weitere Bezuschussung des Oldenburger Interventionsprojekts (OLIP) und damit für die Täterarbeit bei Häuslicher Gewalt für den Landkreis Cloppenburg in Höhe von jährlich 11.500,00 € für den Zeitraum von 2025-2027.
In den Projektjahren 2022-2024 lag der Zuschuss bei jährlich 10.000,00 €. Die o.g. Anpassung um 1.500,00 lässt sich dem Antragsschreiben nach auf die gestiegenen Personalkosten zurückführen.

Das OLIP-Trainingsprogramm arbeitet verhaltensorientiert und findet in der Regel als soziales Gruppentraining statt. Die gewaltausübenden Personen lernen, Verantwortung für ihr gewalttätiges Verhalten zu übernehmen und gewaltfreie Konfliktbearbeitungsstrategien anzuwenden. Dabei ist die zeitliche Dauer (52 Stunden innerhalb von vier bis sechs Monaten) entscheidend, um nachhaltige gewaltfreie Verhaltensänderungen zu erreichen und Betroffene langfristig schützen zu können[1].

Aus dem Landkreis Cloppenburg wurden 22 Zuweisungen in Fällen Häuslicher Gewalt im Jahr 2023 vorgenommen (2022: 20, 2021: 20), die Teilnahme ist (noch) freiwillig. Zuweisende Institutionen waren die Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Gericht. Immer wieder kommen auch Personen als „Selbstmelder“ dazu. Zu allen beschuldigten Personen finden Kontaktaufnahmen statt, die auch wiederholt werden. In einigen Fällen verlief diese Kontaktaufnahme dennoch ins Leere, weil sie nur schriftlich und nicht telefonisch erfolgen konnte. In den anderen Fällen wurden Vorgespräche geführt, die auch zu einer Teilnahme am Training und in zwei Fällen zu der Aufnahme einer Therapie geführt haben. Schlussendlich konnte in 2023 rund ein Viertel der gemeldeten Beschuldigten beraten / betreut werden.

Das Angebot der OLIP-Täterberatung ist ein wichtiger Baustein im Hilfesystem gegen häusliche Gewalt im Landkreis Cloppenburg: Neben den unverzichtbaren und mit dem Frauenhaus jüngst ausgebauten Anlaufstellen und (Beratungs-)Angeboten für die Betroffenen, geht es darum den Fokus ebenso auf die Inverantwortungnahme von Tätern zu richten. Dabei ist die Täterarbeit bei OLIP immer auch als Präventionsarbeit zu sehen, die

  • in betroffene Familien hineinwirkt: Kindern wird ein Aufwachsen in gewaltfreien Familiensystemen ermöglicht und die Weitergabe des gewaltvollen Verhaltens an die mitbetroffenen Kinder verhindert.
  • zur nachhaltigen Beendigung der Gewalthandlungen beiträgt und
  • ökonomisch sinnvoll ist: Im Gesamtkontext betrachtet, verursacht Häusliche Gewalt nicht nur individuelle Schäden bei den Betroffenen, auch die sozialen und gesundheitsökonomischen Folgen sind erheblich. Laut einer Studie zu Häuslicher Gewalt in Deutschland werden die direkten und indirekten Kosten auf mindestens 3,8 Milliarden Euro pro Jahr beziffert.[2]

Nicht zuletzt wird in der Istanbul-Konvention aus dem Jahr 2011 die Relevanz der Täterarbeit herausgestellt und der Ausbau von Täterarbeit in Deutschland gefordert[3].

Die Trainings sollen weiterhin in erster Linie als Gruppenangebot stattfinden, um so auch den o.g. Standards zu entsprechen. Diese können, bei ausreichender Teilnehmendenzahl, auch direkt im Landkreis Cloppenburg stattfinden. Eine entsprechend flexible Anpassung des Angebotes ist nach Rücksprache mit dem Verein Konfliktschlichtung e.V. möglich.

Kooperierende Institutionen wie die Polizeiinspektion CLP-VEC, das Jugendamt des Landkreises Cloppenburg und die Anlaufstellen im DRK-Gewaltschutzzentrum (Frauenhaus, Frauenberatungsstelle bei Bedrohung und Gewalt, BISS und psychosoziale Prozessbegleitung) unterstützen eine Weiterführung des Projektes nachdrücklich.


Der Landkreis Cloppenburg kann sich mit dem angepassten Zuschuss in Höhe von jährlich 11.500,00 € (2025-2027) weiterhin und vorbildhaft an der Umsetzung der Istanbul-Konvention beteiligen und einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Bekämpfung von Häuslicher Gewalt leisten. Denn: Ein Ausweg aus der Gewaltspirale braucht neben dem Betroffenenschutz auch die Täterarbeit, die Täter zur Verantwortungsübernahme für ihr gewalttätiges Verhalten bewegt und nachhaltige Verhaltensänderungen erreicht.



[1] Bundesministerium für Familie, Frauen, Jugend und Senioren (Hrsg.): Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt - Standard der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V., 2023, (hier insb. S. 12ff.) https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/arbeit-mit-taetern-in-faellen-haeuslicher-gewalt-80734

[2] Sacco, Sylvia. (2017). Häusliche Gewalt. Kostenstudie für Deutschland. Gewalt gegen Frauen in (ehemaligen) Partnerschaften. 28. November. Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg. https://www.b-tu.de/news/artikel/13210-kosten-haeuslicher-gewalt-in-deutschland

[3] Art. 16 Abs.1 & Abs.3 Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)


Finanzierung:

In der Haushaltsplanung ist der vom Verein Konfliktschlichtung e.V. Oldenburg angepasste Zuschuss vorsorglich berücksichtigt worden.

PSP-Element (Produkt)
P1.111200.100


Anlagenverzeichnis:

Antrag für die Jahre 2025-2027