Betreff
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.01.2023 gem. § 56 NKomVG - Bildung eines Härtefallfonds bei Energiesperren
Vorlage
V-KA/23/741
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag beauftragt die Kreisverwaltung, zeitnah die Erforderlichkeit der Einrichtung eines Härtefallfonds zu prüfen, der den Vorgaben für die Förderung durch die Landesregierung entspricht.

 


 

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag Cloppenburg beantragt mit Schreiben vom 19.01.2023 (Anlage 1) gem. § 56 NKomVG die „Bildung eines Härtefallfonds” auf die Tagesordnung der Sitzung des Kreisausschusses am 02.02.2023 zu nehmen und folgenden Beschlussvorschlag zur Abstimmung zu stellen:

 

„Der Kreistag möge beschließen:

Der Kreistag beauftragt die Kreisverwaltung, zeitnah einen Härtefallfonds einzurichten, der den in der Begründung genannten Vorgaben für die Förderung durch die Landesregierung entspricht.“

 

 

Sachverhalt:

 

Regionale Härtefallfonds

 

Der Niedersächsische Landtag hat im November 2022 mit dem Beschluss des Nachtragshaushalts für die Jahre 2022 und 2023 auch die Unterstützung regionaler Härtefallfonds mit insgesamt 50 Millionen Euro aus Landesmitteln ermöglicht.

 

Das Land übernimmt ein Drittel der Kosten, wenn Landkreise oder kreisfreie Städte vor Ort gemeinsam mit den örtlichen Energieversorgungsunternehmen entsprechende Härtefallfonds zur Vermeidung von Strom-, Fernwärme- oder Gassperren für Privatpersonen auflegen, die keine anderen staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten können.

 

Ob ein regionaler Härtefallfonds aufgelegt wird und wie viel Geld dafür im Einzelnen zur Verfügung steht, hängt von der Entscheidung der jeweiligen Kommune ab.

 

 

Wer hat Anspruch auf Leistungen aus den regionalen Härtefallfonds?

 

Die individuelle Ausgestaltung der Härtefallfonds liegt in den Händen der Landkreise und kreisfreien Städte sowie der Energieversorgungsunternehmen.

 

Im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Land und der jeweiligen Kommune werden jedoch vom Land folgende Anforderungen an die regionalen Härtefallfonds festgelegt:

 

  1. Nur bedürftige Personen, die ihren Wohnsitz in der jeweiligen Kommune haben und bei denen zum Zeitpunkt der Antragstellung eine finanzielle Notlage besteht, können Unterstützungsleistungen erhalten.

 

  1. Eine finanzielle Notlage liegt dann vor, wenn es der bedürftigen Person aufgrund der Preissteigerungen nicht möglich ist, die Energiekosten aus ihrem Einkommen zu decken und deshalb die Verhängung einer Energiesperre konkret droht. Es darf auch kein Vermögen mehr vorhanden sein. Ein gewisser Vermögensumfang ist dabei jedoch geschützt. Entsprechend den gesetzlichen Regelungen würden nach dem SGB II dann Freibeträge in Höhe von 15.000,00 EUR sowie 40.000,00 EUR in der Karenzzeit und im SGB XII ein Freibetrag von 10.000,00 EUR gelten. Hierzu gibt es aber noch eine Änderungsforderung von den kommunalen Spitzenverbänden (Anlage 4).

 

  1. Vor der Inanspruchnahme der Mittel aus den Härtefallfonds müssen alle anderen Unterstützungsmöglichkeiten (bspw. Sozialleistungen nach dem SGB II, SGB XII) ausgeschöpft werden. Hierzu zählen auch Absprachen und Vereinbarungen mit dem jeweiligen Energieversorgungsunternehmen zur Verhinderung der konkret drohenden Energiesperre (Stundungen, Ratenzahlungen, Reduzierung von Abschlagszahlungen).

 

  1. Von Unterstützungsleistungen ausgeschlossen sind Haushalte, die über mehr als das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen vergleichbarer Haushalte in Niedersachsen, verfügen.
    Rechenbeispiele:

Für eine alleinstehende Person liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen bei 1.862,00 EUR.

Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen bei 3.910,00 EUR.

Für eine alleinerziehende Person mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen bei 2.979,00 EUR.

 

 

Welche Form der Unterstützung bieten die regionalen Härtefallfonds?

 

Vom Land werden hierzu im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung folgende Anforderungen vorgegeben:

 

  1. Die Unterstützungsleistung aus dem regionalen Härtefallfonds kann pro Haushalt und pro Energieart (Strom, Gas oder Fernwärme) einmalig gewährt werden. Wenn die Bedingungen für die Unterstützung erfüllt sind, kann sowohl für die Gas- oder Fernwärme-, als auch für die Stromkosten eine Unterstützung bewilligt werden.

 

  1. Neben den bis zur Gewährung aufgelaufenen Abschlagsbeträgen können auch maximal zwei zukünftige Abschläge als Unterstützungsleistung gewährt werden.

 

  1. Die konkrete Zahlungsaufforderung des Energieversorgers darf erstmals nach dem 1.10.2022 und bis zum 31.12.2023 gestellt worden sein.

 

 

Wo und wie können die Unterstützungsleistungen aus den regionalen Härtefallfonds beantragt werden?

 

Das Land übernimmt ein Drittel der Kosten, wenn Landkreise oder kreisfreie Städte vor Ort Härtefallfonds zur Vermeidung von Strom- und Gassperren für Privatpersonen auflegen. Die konkrete Ausgestaltung und die Art der Antragstellung legen die Landkreise und kreisfreien Städte fest. Vorgesehen ist, dass die Meldung von Unterstützungsfällen und die Einleitung des Antragsverfahrens für Härtefälle in der Regel über die Energieversorger erfolgt.

 

 

Wie wird die Unterstützung ausgezahlt?

 

Die Unterstützungsleistungen im Rahmen der regionalen Härtefallfonds sollen von der Kommune direkt auf das Kundenkonto beim Energieversorgungsunternehmen überwiesen werden. Für die Dauer des Prüfverfahrens über die Gewährung von Unterstützungs-leistungen aus dem regionalen Härtefallfonds dürfen von Seiten des Energieversorgers gegenüber der betroffenen Person keine Energiesperren erfolgen.

 

 

Können auch Unternehmen Unterstützung aus den regionalen Härtefallfonds erhalten?

 

Die regionalen Härtefallfonds richten sich an Privathaushalte mit einem unterdurchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen, die keine anderen Unterstützungsleistungen erhalten können und durch die gestiegenen Preise von einer Strom-, Gas- oder Fernwärmesperre bedroht sind.

 

Die Unterstützungsleistungen aus den regionalen Härtefallfonds werden daher nicht für Forderungen für Energielieferungen gewährt, die für eine gewerbliche Tätigkeit erfolgt sind, es sei denn, dass der Energieverbrauch z.B. bei Selbständigen nicht von dem Verbrauch für die private Lebensführung getrennt ist und der private Anteil des Energieverbrauchs 50 Prozent übersteigt.

 

 

Soweit zu den vom Land vorgegebenen Regelungen für regionale Härtefallfonds.

 

 

Die kommunalen Spitzenverbände wurden vom Land in die Umsetzung der regionalen Härtefallfonds einbezogen.

 

Zur Frage der Ausgestaltung der Eckpunkte der Erstattungen des Landes für Unterstützungsleistungen, die im Rahmen von regionalen Härtefallfonds gewährt werden, hat der NLT mit Rundschreiben vom 23.11.2022 einen Musterentwurf des Nds. MS zur Verwaltungsvereinbarung übersandt (Anlage 2). In der Vereinbarung sind die vorgenannten Details für die Bewilligung und Erstattung aufgeführt. Das Nds. MS beabsichtigt, Einzelvereinbarungen mit einem entsprechenden Wortlaut mit den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten abzuschließen.

 

Die Verteilung der Landesmittel in Höhe von 50 Mio. EUR auf die Landkreise soll nach der Bevölkerungszahl erfolgen. Die zugrunde gelegte Tabelle wurde vom NLT ebenfalls am 23.11.2022 übersandt (Anlage 3). Danach würden auf den LK Cloppenburg anteilige Mittel in Höhe von 1.083.713,27 EUR entfallen. Soweit Kommunen gegenüber dem Land verbindlich erklären, keinen Härtefallfonds einzurichten, der den Anforderungen des Landes entspricht, erhöhen sich die Anteile der teilnehmenden Kommunen.

 

Auf Grundlage der Rückmeldungen im Rahmen der Beteiligung der Kommunen hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände mit Schreiben vom 16.12.2022 gegenüber dem Nds MS Stellung zur geplanten Umsetzung genommen und auch Änderungen des Entwurfes der Vereinbarung mit dem Land vorgeschlagen (Anlage 4).

 

Der NLT betont, dass die Zielsetzung des Härtefallfonds von kommunaler Seite vom Grundsatz her unterstützt werde, jedoch Zweifel bestehen würden, ob es angesichts der mittlerweile beschlossenen „Energiepreisbremsen“ und der strikten Subsidiarität der Fonds zu vorrangigen Transferleistungen überhaupt noch einen Anwendungsraum für Leistungen aus kommunalen Härtefallfonds geben kann.

 

Besonders gestützt werde dies durch die Einschätzung, dass die vorhandenen Leistungssysteme des SGB II (Jobcenter) und des SGB XII (Sozialämter) nahezu alle denkbaren Fallkonstellationen abdecken würden, so dass kaum Fälle für den Härtefallfonds bleiben könnten.

 

Um die Kommunen zu entlasten und bei der Administration der Fonds zu unterstützen, ist geplant, dass die Landkreise 10 Prozent der ausgezahlten Hilfen zusätzlich als Verwaltungskostenzuschuss erhalten, so das Land auf der aktuellen Internet-Infoseite. Eine zumindest teilweise Erstattung der Verwaltungskosten war noch eine Forderung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände im Schreiben vom 16.12.2022.

 

Die Bundesagentur für Arbeit weist in diesem Zusammenhang in einer Presseinfo von Anfang Dezember 2022 darauf hin, dass das SGB II die Möglichkeit beinhaltet, bei einer hohen Heizkostennachzahlung im Jahr 2023 Bürgergeld für nur einen Monat zu beantragen. Dies betreffe sowohl Heizkostennachzahlungen, als auch die Beschaffung von Brennstoffen wie zum Beispiel Öl oder Pellets.

 

 

Zusammenfassung:

 

·         Erforderlich ist eine Vereinbarung mit dem Land, die detaillierte Anforderungen für die Bewilligung der Unterstützungsleistung und Erstattung an den Landkreis enthält; Anlage 2.

 

·         Des Weiteren ist eine Vereinbarung mit dem jeweiligen Energieversorger zu schließen.

In der Regel wird das vermutlich die EWE sein. Es können aber auch alle anderen bundesweit agierenden Energieversorger sein. Im „EWE-Gebiet“ sollten die Landkreise eine einheitliche Regelung mit der EWE anstreben.

 

·         Das Land erstattet 1/3 der Kosten, um die Energiesperre abzuwenden. Landkreis und Energieversorger tragen ebenfalls je 1/3 der Kosten.

Beim Bürgergeld des Jobcenters nach dem SGB II beträgt die Erstattung des Bundes an den Landkreis für die Unterkunftskosten 61,6 %, bei der Grundsicherung der Sozialämter nach SGB XII, 4. Kapitel, 100%.

 

·         Für den LK Cloppenburg stehen Landesmittel von 1.083.713,27 EUR zur Verfügung; Anlage 3.

 

·         Vorgeschaltet ist die Prüfung jedes Einzelfalles durch den Energieversorger sowie die Sozialämter oder das Jobcenter. Die Anzahl der Fälle für den Härtefallfond kann da-her nicht hoch sein; Anlage 4.

 

 

 


Finanzierung:

 

Die Ausgaben und Einnahmen wurden im Haushalt 2023 bislang nicht eingeplant.

 


Anlagenverzeichnis:

 

1.            Antrag vom 19.01.2023

2.            Verwaltungsvereinbarung mit dem Land (Entwurf)

3.            Tabelle zur Mittelverteilung

4.            NLT-Schreiben vom 16.12.2022