Betreff
Errichtung einer ökologischen Station Raddetäler in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Emsland
Vorlage
V-PLA/21/311
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

 

1.    Der Kreistag begrüßt ausdrücklich die Errichtung einer ökologischen Station zur Vor-Ort-Gebietsbetreuung festgesetzter Schutzgebiete.

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, einen Zweckverband mit dem Landkreis Emsland zur Gründung und zum Betrieb einer ökologischen Station auf der Grundlage der der Beschlussvorlage beigefügten Verbandsordnung des Zweckverbandes „Ökologische Station Raddetäler“ zu errichten. Sofern sich das Land Niedersachsen an der Trägerschaft der ökologischen Station beteiligen will, wird dieser Absicht und der entsprechenden Anpassung der Verbandsordnung und der Gebietskulisse zugestimmt.

3.    Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen Schritte für die Errichtung und den Betrieb der ökologischen Station einzuleiten, insbesondere gemeinsam mit dem Landkreis Emsland die Etablierung der „Ökologischen Station Raddetäler“ in örtlicher Nähe zum Gebiet als Vor-Ort-Gebietsbetreuung beim Land Niedersachsen zu beantragen. Dazu gehört auch die Beantragung entsprechender Fördermittel zur Finanzierung der Station (incl. Personal) und zur Finanzierung der Aufgaben der Station.

4.    Die Verwaltung wird beauftragt, die für den Betrieb der Station erforderlichen Stellenausschreibungen und –besetzungen in enger Abstimmung mit dem Landkreis Emsland nach der Bewilligung der Station durch das Land Niedersachsen auszuschreiben und vorzunehmen.

5.    Der Kreistag des Landkreises Cloppenburg stimmt der Übernahme der Personalverwaltung durch die Kreisverwaltung des Landkreises Cloppenburg zu, sofern die Station im Kreisgebiet ihren Sitz erhält.

6.    Der Kreistag unterstützt die Aktivitäten der Verwaltung bei der Etablierung der Station im Kreisgebiet des Landkreises Cloppenburg.

7.    Der Kreistag beschließt die in der Verbandsordnung des Zweckverbandes „Ökologische Station Raddetäler“ vorgesehene Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt und die hiermit verbundene Aufgabenübertragung gemäß § 155 Abs. 2 Nds. Kommunalverfassungsgesetz, so dass der Beschluss vom 25.10.2016 (TOP 14) entsprechend erweitert wird.

 


Sachverhalt:

In der Vereinbarung zum „Niedersächsischen Weg“ hat sich die Landesregierung 2020 gemeinsam mit Akteuren der Landwirtschaft und des Naturschutzes verpflichtet, verschiedene Maßnahmen für mehr Natur- und Artenschutz umzusetzen. Unter anderem wurde vereinbart, dass zur Sicherung einer naturschutzfachlich qualifizierten und kontinuierlichen Vor-Ort-Betreuung der Natura 2000-Gebiete bis 2025 weitere 15 Einrichtungen zur Gebietsbetreuung, sogenannte ökologische Stationen, geschaffen werden sollen. Hintergrund dieser Absprache ist, dass die Pflege und Entwicklung von Schutzgebieten und der darin vorkommenden Arten dort besonders erfolgreich ist, wo diese Vor-Ort- Betreuung bereits etabliert ist. Dort stehen Ansprechpartner mit Vor-Ort-Kenntnis dauernd zur Verfügung. Sie bilden Netzwerke mit den Bewirtschaftern und setzen im Einklang mit ihnen Maßnahmen schnell und pragmatisch um.

 

Im Vogelschutzbiet V66 „Niederungen der Süd- und Mittelradde und der Marka“ werden seit Jahren im Landkreis Cloppenburg Maßnahmen mit Unterstützung des Landes Niedersachsen durchgeführt. Erhebliche Flächenankäufe wurden realisiert, diese Flächen hergerichtet und extensiviert. Der Gelege- und Kükenschutz wird nach Maßgabe des Landes Niedersachsen jedes Jahr umgesetzt. Hierzu wurde im Ausschuss für Planung und Umwelt letztmalig in der Sitzung am 14.03.2019 berichtet. Gespräche mit Bewirtschaftern und Jägern und Veranstaltungen mit beiden Gruppen werden regelmäßig durchgeführt, um diese zum Wiesenvogelschutz zu informieren und hierfür zu sensibilisieren. Trotzdem können hier derzeit wie in fast allen Wiesenvogelgebieten in Niedersachsen ohne eine Vor-Ort-Betreuung die Bestände von Kiebitz, Uferschnepfe und Großem Brachvogel nur auf niedrigem Niveau gehalten werden. Wesentliche Gründe liegen neben dem Klimawandel und Strukturwandel in der Region in dem nach wie vor hohen Druck durch Raubsäuger auf die Gelege und der bisher fehlenden Wiedervernässung von zentralen Bereichen im Gebiet. Der Gelege- und Kükenschutz ist bei bestehenden Gelegen erfolgreich, landwirtschaftliche Verluste gibt es kaum noch. Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und der Jägerschaft vor Ort ist sehr gut.

Der vom Land Niedersachsen angestrebte Flächentausch von 100 Hektar Landesfläche ins Gebiet hinein konnte bisher nicht umgesetzt werden, wird aber von dort weiterverfolgt. Das gesamte Vogelschutzgebiet ist inzwischen als Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiet sowohl im Emsland als auch in Cloppenburg ausgewiesen.

 

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat wegen der nach wie vor niedrigen Wiesenvogelbestände Ende 2018 Beschwerde bei der EU eingereicht. Eine Rückmeldung von dort steht noch aus.

 

Bereits Anfang 2019 und letztmalig Anfang 2021 hat die Kreisverwaltung dem Nds. Umweltministerium gegenüber auf die dringliche Notwendigkeit der Einrichtung einer landeseigenen Station für das gesamte 4.377 ha große Vogelschutzgebiet für ein intensives Gebietsmanagement vor Ort hingewiesen. Eine Antwort von dort liegt bisher nicht vor. Es wurde jedoch in mehreren Gesprächen signalisiert, dass eine landeseigene Station derzeit im Raddetal nicht gesehen wird.

Auch wenn die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise Emsland und Cloppenburg in vielen Bereichen eine intensive Gebietsbetreuung durchführen, können sie die umfassende Arbeit einer Station mit eigenem Personal nicht leisten.

 

Mit dem NABU Niedersachsen fanden sowohl in 2018 als auch in 2020 und in 2021 mehrere Gespräche zur Thematik der Einrichtung einer Station im Raddetal statt. Aufgrund der Vereinbarungen zum Niedersächsischen Weg sieht der NABU sich als Partner der unteren Naturschutzbehörden und möchte selbst die Station vor Ort betreiben.

Auch mit der Vertretung der Landwirtschaft, dem Kreislandvolk, und der Landwirtschaftskammer sind bereits mehrere Gespräche geführt worden. Auch sie möchten sich im Gebiet einbringen, z. B. mit einer Biodiversitätsberatung für die Landwirte, sehen aber keine von den Naturschutzverbänden geführte Station im Gebiet.

In den vergangenen Monaten haben intensive Gespräche mit dem Landkreis Emsland hinsichtlich der Einrichtung einer ökologischen Station stattgefunden, da das Maßnahmenpaket des Niedersächsischen Weges die Möglichkeit der Etablierung weiterer ökologischer Stationen im Interesse des Naturschutzes nun ermöglicht.

Beide Landkreise sind sich einig, dass die unteren Naturschutzbehörden sich wesentlich in eine Station einbringen müssen, allein schon aufgrund der hohen Verfügbarkeit von Eigenflächen und der bisher stets im Einvernehmen mit der Landwirtschaft umgesetzten Maßnahmen im Gebiet. Im Übrigen bleibt auch bei einer verbandlich geführten Station die gesetzliche Verantwortung für das Schutzgebiet und für die dort lebenden Arten bei den unteren Naturschutzbehör-den.

Die Umsetzung wird nach den Gesprächen der beiden Landkreise in der Form eines gemeinnützigen Zweckverbandes beider Landkreise als zielführend angesehen, um auch die bereits begonnene Betreuung des Gebietes zu intensivieren und qualifiziert fortzuführen. Dies wird auch der Verantwortung der Landkreise als größte Flächeneigentümer im Gebiet (LK CLP: 338 ha, LK EL: 209 ha) gerecht. Letztendlich entscheidet die Flächenverfügbarkeit über die Mög-lichkeit der Umsetzung von dauerhaften Maßnahmen.

 

In den letzten Gesprächen mit dem NABU und auch mit der Vertretung der Landwirtschaft und der Landwirtschaftskammer wurde die - vorbehaltlich der politischen Zustimmung - geplante Gründung eines kommunalen Zweckverbandes zum Betrieb einer Station vorgestellt und weitgehend von beiden Seiten akzeptiert, wenn deren Mitarbeit sichergestellt ist.

Ziel ist es, insbesondere den Wiesenvogelschutz im Einklang mit Landwirtschaft und Naturschutz in der Kulturlandschaft des Raddetales zukünftig erfolgreich zu betreiben. Die Landkreise sehen sich hier mit der gemeinsamen Station als Mittler zwischen Landwirtschaft und Naturschutz.

Beim Landkreis Emsland wurde die Planung in der letzten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Natur am 05. Mai 2021 vorgestellt und ihr mehrheitlich zugestimmt.

 

Gründung eines Zweckverbandes „Ökologische Station Raddetäler“

Unter dem Vorbehalt der politischen Zustimmung wurde inzwischen von der Kommunalaufsicht des Landkreises Cloppenburg eine Verbandsordnung erarbeitet und mit dem Landkreis Emsland abgestimmt. Der Entwurf der Verbandsordnung ist als Anlage beigefügt.

 

Es ist die Gründung eines Zweckverbandes „Ökologische Station Raddetäler“ vorgesehen. Mitglieder sind die beiden Landkreise und ggfls. das Land Niedersachsen.

Der in der Verbandsordnung zunächst festgelegte räumliche Wirkungsbereich (Gebietskulisse) erstreckt sich hauptsächlich auf das Raddetal sowie die Naturschutzgebiete „Molberger Dose“ im Bereich des Landkreises Cloppenburg und „Melmmoor/ Kuhdammoor“ im Bereich des Landkreises Emsland. Weitere Gebiete können sich im Rahmen der Antragstellung bzw. bei einer Beteiligung des Landes Niedersachsen ergeben. Insofern ist die Gebietskulisse nicht ab-schließend.

 

Bisher einvernehmlich besprochene Aufgaben der Station sollen sein:

o         die fachliche Beratung sowie die allgemeine Schutzgebietsbetreuung,

o         das Gebietsmanagement mit dem Management des Gelege- und Kükenschutzes, dem Flächenmanagement, dem Wassermanagement und dem Prädationsmanagement,

o         alle Monitoring- und Kartierungsaufgaben im Gebiet,

o         die Durchführung und Vergabe von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

o         die Beratung der Bewirtschafter im Gebiet, die kooperative Steuerung und ggf. die Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen

o         alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Förderanträgen und der Einwerbung von Zuschüssen

o         die Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Aufgaben der Station.

 

Weitere Aufgaben sind möglich.

 

Organe des Zweckverbandes sind die Zweckverbandsversammlung und der ehrenamtliche Geschäftsführer.

 

Die nach den Vorgaben des Niedersächsischen Weges erforderliche Beteiligung von Natur-schutz und Landwirtschaft soll in einem Beirat realisiert werden, in dem auch weitere interessierte Stellen, Vereine und Verbände Gelegenheit zur Mitarbeit erhalten sollen und damit den Zweckverband bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen können. Der Beirat tagt mindestens einmal im Jahr und fasst mehrheitliche Empfehlungen an die Verbandsversammlung.

 

Finanzierung

Ökologische Stationen werden in Niedersachsen, wenn es keine landeseigenen Stationen sind, über Zuschüsse finanziert. Nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen des Natur- und Artenschutzes und der Landschaftspflege (Richtlinie NAL) erfolgt die Förderung naturschutzfachlicher Vor-Ort-Betreuungen von Schutzgebieten grundsätzlich als Vollfinanzierung. Antragsberechtigt sind Gebietskörperschaften und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als gemeinnützige Zweckbetriebe dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen. Zahlungen werden für Aufgaben und Maßnahmen auf Basis schriftlich vereinbarter Arbeitspläne jährlich gewährt. Förderfähig sind die Kosten für das eingesetzte Personal sowie die laufenden Personalgemein- und Sachkosten sowie Sach- und Personalausgaben, die durch die Beauftragung Dritter entstehen, sowie befristet eingestelltes Projektpersonal. Die Projektlaufzeit beträgt jeweils 4 Jahre.

Da derzeit nicht absehbar ist, ob dauerhaft eine vollständige Finanzierung der Station durch das Land Niedersachsen und ggfls. noch einzuwerbende Zuschüsse sichergestellt ist, wird mit §10 der Verbandsordnung die Finanzierung der Station sichergestellt.

 

Personal

Derzeit wird von einem Personalbestand von 3-5 Beschäftigten der Station incl. des Leiters der Station ausgegangen. Einzelheiten müssen noch in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Emsland und dem Land Niedersachsen besprochen werden. Der Personalbestand ist abhängig von der Größe des zu betreuenden Gebietes. Die Einstellungen erfolgen durch den Zweckverband. Die Verträge sind entsprechend der Förderung befristet.

Dienstvorgesetzter des Personals ist der Verbandsgeschäftsführer.

 

Standort

Die beiden Landkreise sorgen einvernehmlich für eine Ansiedlung der Station an einem adäquaten Standort in unmittelbarer Nähe zum bzw. im Schutzgebiet.

Hier hat sich Mitte Mai die Gemeinde Vrees um den Standort der Station im Umweltbildungszentrum Vrees beworben.

Aufgrund der hohen Flächenanteile im Gebiet sieht die Kreisverwaltung Cloppenburg eher die Option einer unabhängigen Station im Kreisgebiet.

Sollte die Station im Kreisgebiet angesiedelt werden, schlägt die Kreisverwaltung vor, die Personalverwaltung analog zum Zweckverband Erholungsgebiet Thülsfelder Talsperre durch die Kreisverwaltung durchführen zu lassen.

 

Weiteres Verfahren

Bis Ende November 2021 können beim Land Niedersachsen noch Anträge auf Errichtung einer ökologischen Station gestellt werden. Dies soll fristgerecht erfolgen, zumal absehbar ist, dass mehr Stationen als vorgesehen beantragt werden.

Sollte der Antrag bewilligt werden, wird der Zweckverband gegründet und seine Arbeit auf-nehmen.

 


Anlagenverzeichnis:

Verbandsordnung des Zweckverbandes „Ökologische Station Raddetäler“