Betreff
Antrag der CDU-Fraktion im Kreistag des Landkreises Cloppenburg auf Prüfung von Raumluftfilter für kreiseigene Schulen vom 16.11.2020
Vorlage
V-SCHUL/21/194
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

Dem Kreistag wird folgende Beschlussfassung empfohlen:

 

Eine standardmäßige nachträgliche Ausstattung der kreiseigenen Schulen sowie laufenden Schulbauvorhaben mit Luftfilteranlagen erfolgt nicht.

 

Für zukünftige Neubauvorhaben im Bereich von Schulen sollen raumlufttechnische Anlagen im Zuge von Planungsvorgaben zukünftig von Beginn an Berücksichtigung finden. Als Ergänzung für eine praktikable nutzungsspezifische Fensterlüftung soll eine RLT-Anlage eingebaut werden. Hierbei soll die Belüftung der Schulbereiche über eine Hybrid-Lüftung erfolgen, die eine auf den Grundluftwechsel ausgelegte raumlufttechnische Anlage für die Bereitstellung des Grundluftwechsels vorsieht. Gleichzeitig sollen CO2-Ampel als Warnfunktion berücksichtigt werden.

 

Nur in begründeten Einzelfällen werden mobile Raumluftfiltergeräte für Klassenräume der kreiseigenen Schulen – als Unterstützung – angeschafft.

 

Den Schulen werden für die Jahre 2021 und 2022 Budgets zur Anschaffung von mobilen CO2-Ampeln (jeweils 95.000,00 EUR) für die Bestandsgebäude zur Verfügung gestellt.

 

Der Kreistag stimmt einer außerplanmäßigen Ausgabe für das Jahr 2021 in Höhe von 95.000,00 EUR zu, und stellt die Haushaltsmittel für die Anschaffung von CO2-Ampeln zur Verfügung.

 


Sachverhalt:

Die CDU-Fraktion beantragt mit Schreiben vom 16.11.2020, den folgenden Punkt in die Tagesordnung der Sitzung des Kreisausschusses am 10.12.2020 und des Kreistages am 17.12.2020 aufzunehmen:

 

Raumluftfilter für Schulen in Trägerschaft des Landkreises Cloppenburg

 

Die Verwaltung des Landkreises Cloppenburg wird – vor dem Hintergrund des Corona-Infektionsrisikos – beauftragt, eine Ausstattung der kreiseigenen Schulen mit Luftfilteranlagen zu prüfen.

In Anbetracht der Dringlichkeit des Anliegens soll die Prüfung zeitnah erfolgen.

 

Der Kreisausschuss sowie der Kreistag haben den Prüfauftrag an die Verwaltung in seiner Sitzung am 10.12.2020 bzw. 04.03.2021 entsprechend antragsgemäß erteilt (V-SCHUL/20/180).

 

Der Landkreis Cloppenburg ist verantwortlicher Schulträger für 11 Schulen (Förderschulen, BBSen und Gymnasien) an 14 Schulstandorten. Damit hat er die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit der notwendigen Einrichtung auszustatten und zu unterhalten (§108 NSchG).

 

Im Rahmen des Prüfauftrages hat die Verwaltung die wesentlichen in Frage kommenden technischen Möglichkeiten zur Verbesserung der Lüftung von Schulen zusammengefasst. Nachfolgend sind die Wesentlichen in Frage kommenden technischen Möglichkeiten aufgelistet:

 

·        Fensterlüftung

 

durch das vollständige Öffnen von Fensterflügeln ist ein Stoß- und Querlüften möglich

 

·        raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen)

 

RLT-Anlagen sind festverbaute Ventilator-Anlagen, die mindestens eine der Funktionen FilternBefeuchten oder Entfeuchten bereitstellen. Durch eine geeignete Kombination dieser Funktionen wird es möglich, gewünschte Luftzustände hinsichtlich Reinheit, Temperatur und Feuchte in Räumen sicherzustellen

 

·        mobile Luftreinigungsgeräte

 

frei im Raum aufstellbare elektrische Geräte

 

·        CO2-Ampeln

 

Mit einer CO2-Ampel, auch als Luftgüteampel oder Messgerät zur Bestimmung der CO2- Konzentration bezeichnet, lässt sich keine Aussage über virushaltige Aerosole machen. Wohl aber verdeutlicht das Gerät durch die CO2-Wert-Anzeige und ggf. ein akustisches Signal, dass die Luft verbraucht und es Zeit zum Lüften ist, um so auch das Infektionsrisiko zu senken

 

Die Verwaltung hat die aktuellen Empfehlungen des Umweltbundesamtes zum Luftaustausch und effizientem Lüften zur Reduzierung des Infektionsrisikos durch virushaltige Aerosole in Schulen, sowie zahlreiche weitere Fachliteratur und Publikationen beigezogen und ausgewertet.

 

 

Fensterlüftung:

 

Durch das Umweltbundesamt wurde eine Empfehlung zum Umgang mit dem Lüftungsverhalten in Schulen erstellt. (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/umweltbundesamt_lueften_in_schulen__0.pdf)

 

Daraus ergibt sich, das regelmäßiges Stoß- und Querlüften als ausreichend sowie als zweckmäßig erachtet wird. Die Möglichkeit der Fensterlüftung muss in allen Nutzungsbereichen gegeben sein, so dass die Luftmengen durch die Nutzer gezielt gesteuert werden können.

 

In notwendigen Einzelfällen (z.B. an der Soesteschule in Barßel und an der BBS Technik in Cloppenburg) sind bereits technische und bauliche Anpassungen (z.B. durch teilweisen Austausch von Fenstern oder dem Einbau einer Lüftungsanlage für einen Klassenraum) durchgeführt worden, so dass nunmehr im Wesentlichen die Umsetzbarkeit zur ausreichenden Stoß- und Querlüftung in den kreiseigenen Schulen gegeben ist.

 

 

raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen)

 

Der Einbau von raumlufttechnischen Anlagen in allen Klassenräumen wird durch das Umweltbundesamt für nicht erforderlich gehalten.

 

Die Verwaltung teilt diese fachliche Einschätzung und beabsichtigt daher grundsätzlich keine raumlufttechnischen Anlagen in seinen Schulen nachträglich zu installieren.

 

Für Neubauvorhaben im Bereich von Schulen empfiehlt die Verwaltung, dass raumlufttechnische Anlagen im Zuge von Planungsvorgaben zukünftig von Beginn an Berücksichtigung finden sollen. Die Verwaltung nimmt hierzu Bezug auf das aktuelle vorliegende Energiekonzept des Ingenieurbüros zum Neubau- und Erweiterungsbau der BBS Technik in Cloppenburg. Hieraus haben sich wesentliche Erkenntnisse ergeben mit dem Ergebnis, dass eine praktikable nutzungsspezifische Fensterlüftung durch eine RLT-Anlage unterstützt werden soll. Hierbei soll die Belüftung der Schulbereiche über eine Hybrid-Lüftung erfolgen, die eine auf den Grundluftwechsel ausgelegte raumlufttechnische Anlage für die Bereitstellung des Grundluftwechsels vorsieht. Grundsätzlich ist nur der Einbau einer Lüftungsanlage geplant. Gleichzeitig sollen die Klassenräume mit einer Warnfunktion (CO2-Ampeln) ausgestattet werden.

 

Die Verwaltung kommt ferner zu dem Ergebnis, dass die Installation von umweltbelasteten Klimaanlagen (Kühlen bzw. Erwärmen der Luft) in Schulen auch weiterhin ausdrücklich keine Berücksichtigung finden soll, da durch die hier vorstellten Maßnahmen aus fachlicher Sicht und aus Klimaschutzgründen kein Erfordernis gesehen wird.

 

 

mobile Luftreinigungsgeräte

 

Mobile Luftreinigungsgeräte sind nicht dafür ausgelegt, verbrauchte Raumluft abzuführen bzw. Frischluft von außen heranzuführen; sie leisten daher keinen nennenswerten Beitrag, das entstehende Kohlendioxid (CO2), überschüssige Luftfeuchte und andere Stoffe aus dem Klassenraum zu entfernen.

 

Das Umweltbundesamt und der GUV kommen vielmehr nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass mobile Luftreinigungsgeräte nicht als Ersatz, sondern allenfalls als Ergänzung zum aktiven Lüften geeignet sind. Vor dem Einsatz dieser Geräte ist vorab immer der individuelle Beitrag zum Infektionsschutz konkret durch Berücksichtigung der Leistungsdaten sowie der Einsatzbedingungen fachgerecht zu bewerten. Eine Nutzung mobiler Luftreiniger ohne diese Prüfungen ist nicht sinnvoll.

 

Des Weiteren weist das Umweltbundesamt daraufhin, dass mobile Luftreinigungsgeräte regelmäßig fachgerecht gewartet werden müssen, ansonsten besteht die Gefahr von weiteren Gesundheitsgefahren. Durch die notwendigen Wartungen entstehen weitere derzeit unkalkulierbare Kosten.

 

Zur Veranschaulichung hat das Schul- und Kulturamt – exemplarisch für einen Klassenraum - ein mobiles Luftreinigungsgerät getestet. Die Verwaltung kommt zu dem Ergebnis, dass die Dimension der Geräte und der Gesamt-Umstände (z.B. Geräuschentwicklung und hoher Wartungsaufwand) in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen.

 

Die Verwaltung teilt die fachliche Bewertung des Umweltbundesamtes und befürwortet deshalb lediglich die Anschaffung von mobilen Raumluftfiltern in begründeten Einzelfällen. Die standardisierte Ausstattung aller ca. 950 Klassenräume mit mobilen Raumluftfiltern ist nicht zweckmäßig und sachlich nicht geboten. Bei Anschaffungskosten von ca. 3.000,00 EUR für geeignete Geräte würden insgesamt Kosten in Höhe von 2.850.000,00 EUR entstehen. Entsprechende Haushaltsmittel sind hierfür bislang nicht vorgesehen und eingeplant.

 

Des Weiteren sind die Empfehlungen des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 03.11.2020 zu beachten. (Quelle: LR-Schreiben Nr. 139/2020 - 00 - Hinweise der Kommunalen Spitzenverbände zum Unterstützungsprogramm des MK für Schulen)

 

Das Niedersächsische Kultusministerium kommt in seiner fachlichen Stellungnahme zu einer gleichlautenden Beurteilung wie das Bundesumweltamt und lehnt den Einsatz von mobilen Luftfiltern für alle Klassenräume ab.

 

 

CO2-Ampeln

 

Die Verwaltung hat im Rahmen seiner Prüfung Kenntnisse über den Nutzen von sogenannten CO2-Ampeln erlangt. Diese Ampeln unterstützen das Lüftungsverhalten und messen fortlaufend den Kohlendioxidgehalt in der Luft. Für laufende CO2-Ermittlungen sind verschiedene Techniken anwendbar. Hierzu zählen CO2-Ampeln als Einzelgeräte sowie verschiedene Lösungen mittels Apps für Tablets oder auf den interaktiven Tafeln.

 

Die CO2-Ampeln erfüllen die Vorgaben des Umweltbundesamtes und stellen eine sinnvolle und praktikable Unterstützung im Lüftungsverhalten dar, da der CO2-Gehalt auch einen Rückschlüsse auf die Aerosole in der Luft gibt.

 

Im Zuge eines Pilotprojektes hat die Verwaltung ein Testverfahren ab Dezember 2020 am Copernicus-Gymnasium (CGL) in Löningen durchgeführt, um die Effektivität und den Nutzen verschiedener CO2-Warnfunktionen zu erproben. Zwei mobile Geräte wurden anhand vorgebender Kriterien in unterschiedlichen Klassenräume testweise eingesetzt. Parallel wurden auch App-gesteuerte Lösungen angewandt. Die Verwaltung hat das Pilotprojekt beendet und eine Evaluation in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften des CGL vorgenommen. Das Gesamt-Ergebnis dieser Messungen und die Resultate wurden zusammengefasst. Die Verwaltung stellt fest, dass mobile CO-2-Ampeln im Praxistest nachvollziehbar als bestmögliche Variante überzeugt haben.

 

Da sich die Technik bei Lehrern und Schülern bewährt hat, empfiehlt die Verwaltung die Anschaffung / Installation von CO2-Ampeln an kreiseigenen Schulen für das Jahr 2021, allerdings zunächst im Umfang von 50 % aller Klassenräume. Die Kosten für die CO2-Ampeln können mit ca. 200,00 EUR pro Klassenraum in der Summe (950 Klassenräume * 200,00 EUR) mit insgesamt 190.000,00 EUR beziffert werden.

 

Da die Verantwortlichkeit zum Lüften bei der Schule bzw. der Schulleitung selbst liegt, empfiehlt die Verwaltung den Schulen ein Budget zur kurzfristigen Anschaffung von mobilen CO2-Ampeln der schuleigenen allgemeinen Unterrichtsräume und Fachräume zur Verfügung zu stellen.

 

Da nicht alle Räume an Schulen zeitgleich genutzt werden, und die Verfügbarkeit von CO2-Ampeln auf dem allgemeinen Markt stark eingeschränkt ist, wird die Ausstattung nur mit der hälftigen Anschaffung von Geräten begründet. Die Anschaffungskosten für das Jahr 2021 werden mit ca. 95.000,00 EUR veranschlagt. Dieser Betrag ist nicht im Haushalt 2021 eingeplant, so dass nachträgliche Haushaltsmittel notwendig werden.

 

Für das Jahr 2022 beabsichtigt die Verwaltung einen gleichlautenden Betrag einzuplanen und den Schulen hieraus ein weiteres Budget zur Anschaffung von mobilen CO2-Ampeln zu ermöglichen. Die Verwaltung unterstützt die Schule bei der Anschaffung der CO2-Ampeln und stellt seine Erkenntnisse aus dem vorgenannten Pilotverfahren allen kreiseigenen Schulen zur Verfügung.