Beschluss: zur Kenntnis genommen

 

Zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes erläuterte Kreistagsabgeordneter Kolde seine Anfrage und zeigte Bilder des betroffenen Stalles in der Gemeinde Essen.

Die Vorführung eines Videofilms hierzu wurde abgelehnt, da dieser personenbezogene Daten enthielt und somit datenschutzrechtliche Probleme nicht ausgeschlossen werden konnten.

Kreistagsabgeordneter Kolde lobte zunächst die sehr gute Arbeit des Veterinäramtes und verwies dann auf die im Fernsehen gezeigten Bilder vom 20.11.2014, die gravierende Tierschutzverstöße dokumentierten. Er hoffe, dass es sich dabei um einen Einzelfall handele, sei davon aber nicht ganz überzeugt, da der Betrieb strafrechtlich vorbelastet sei und die letzte Kontrolle 2013 stattgefunden habe. Der Bericht im Fernsehen habe erneute Tierschutzvergehen gezeigt, mit denen der Tierhalter nicht nur seine Kollegen, sondern das gesamte Oldenburger Münsterland in Verruf bringe. Die SPD-Fraktion fordere daher die Einführung von Mehrfachkontrollen und zeitlich unbestimmte Kontrollen, die nicht vorher angekündigt würden. Tierschutz und Tierwohl müssten aus Sicht des Verbrauchers bei der Haltung von Tieren unbedingt beachtet werden. Er wies darauf hin, dass nach seinen Informationen die betreffende Stallanlage in Bartmannsholte nach dem strafrechtlich relevanten Tierschutzverstoß im September 2011 insgesamt 8 mal kontrolliert worden sei, in den Jahren 2012 und 2013 davon allerdings nur vier Mal, was rechnerisch nur eine Kontrolle in sechs Monaten bedeute.

Die Tierschutzvereinigung Animal Rights Watch sei am 18.10. und am 11.11.2014 in die Anlage eingedrungen, habe dort illegal Aufnahmen gemacht und damit erneut tierschutzrechtliche Missstände in dem Betrieb dokumentiert.

Abschließend sprach er sich dafür aus, die gesetzlich vorgesehenen Regelkontrollen, Nachkontrollen und anlassbezogenen Kontrollen zukünftig unangekündigt und bei auffälligen Betrieben mehrfach durchzuführen, um solche gravierenden Fälle zu verhindern.

 

 

Im Anschluss daran referierte Frau Dr. Volke- Middendorf vom Veterinäramt zur Kontrollpraxis des Veterinäramtes im Bereich Tierschutz und Tiergesundheit.

 

Vorab wies sie darauf hin, dass bei dem betreffenden Betrieb in einem Stall ein sehr akutes Problem vorgefunden worden sei. Seinerzeit sei der gesamte Betrieb kontrolliert worden. Die übrigen vom Betriebsinhaber betriebenen Ställe seien in Ordnung gewesen. Man habe damals Strafanzeige erstattet. In Absprache mit dem Landrat Eveslage, dem Dezernenten und dem Ministerium sei entschieden worden, kein Tierhaltungsverbot auszusprechen. Es sei für den Betrieb zusammen mit dem Hoftierarzt ein Konzept entwickelt und der Weiterbetrieb zugelassen worden, weil der Betrieb vorher nie aufgefallen sei. Am Anfang habe ein sehr enges Kontrollintervall bestanden, welches nach und nach gelockert worden wäre. In 2013 habe in diesem Betrieb wie in allen übrigen Sauenhaltungsbetrieben auch die Umstellung auf Gruppenhaltung vollzogen werden müssen. Der Tierhalter habe dies vollständig umgesetzt und gehörte damit zum oberen Drittel aller Sauenbetriebe im Landkreis. Der Betrieb habe 2013 keine Mängel mehr aufgewiesen. Es sei dann eine erneute Risikoabschätzung erfolgt, wobei die Entwicklung des Betriebes als durchweg positiv gesehen worden sei. Der Betrieb sei Ende 2014 für eine erneute Kontrolle vorgesehen gewesen. Hätte sich die Tierschutzorganisation gleich bei der ersten Begehung des Stalles im Oktober 2014 an das Veterinäramt gewandt, hätte man sofort eine erneute Kontrolle durchgeführt und die festgestellten Missstände früher abstellen können und den Tieren unnötiges weiteres Leiden erspart.

 

Frau Dr. Volke- Middendorf erläuterte anschließend die Aufgabenbereiche des Veterinäramtes im Bereich Tierschutz und Tiergesundheit und wies darauf hin, dass neben der Kontrolle landwirtschaftlicher und gewerblicher Tierhaltungen andere Überwachungen ebenfalls notwendig seien. Aus diesem Grunde werde jährlich ein Kontrollplan erstellt. Die Rechtsgrundlagen für Tierschutzkontrollen in der Nutztierhaltung seien vielfältig.

Vor-Ort-Kontrollen sollten in der Regel unangekündigt durchgeführt werden, könnten aber kurzfristig vorher angekündigt werden, wenn der Kontrollzweck dadurch nicht gefährdet sei. Eine Bündelung der CC-Vor-Ort-Kontrollen und anderer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Kontrollen sei möglich, sinnvoll und notwendig, um die Personalkapazitäten des Amtes effektiv einzusetzen. Dies sei bei der Vielzahl an tierhaltenden Betrieben im Landkreis Cloppenburg unabdingbar. In der Regel werde daher der Betrieb nachmittags vorher über eine Kontrolle informiert.

 

Auf Rückfrage der Abgeordneten Nüdling ergänzte sie, dass diese vorherige Anmeldung nur bei Regelkontrollen praktiziert werde. Dies gelte nicht für anlassbezogene Kontrollen. Da diese oft auf Anzeigen oder Beschwerden zurückgingen, würden derartige Kontrollen immer unangekündigt und die dazu gehörenden späteren Nachkontrollen ebenfalls ohne Anmeldung durchgeführt.

Dem gegenüber umfassten die angekündigten Regelkontrollen Kontrollen nach Tierschutzrecht, Tierseuchenrecht und Arzneimittelrecht. Die Ankündigung erfolge, da es zwingend notwendig sei, dass der Verantwortliche für den Betrieb für kompetente Auskünfte anwesend sei. Außerdem müssten notwendige Dokumentationen vorgelegt werden, die häufig nicht vom Betriebsleiter, sondern von seiner Ehefrau geführt würden. Diese könnten bei unangekündigten Kontrollen oft nicht vollständig vorgelegt werden, so dass durch die Ankündigung auch zeitaufwändige Doppelanfahrten vermieden würden. Nach den Erfahrungen des Veterinäramtes gefährden die Ankündigungen den Kontrollzweck nicht. Trotzdem würden tierschutzrechtlich relevante Feststellungen gemacht. Schwerwiegende bauliche und hygienische Mängel sowie Managementfehler blieben nicht verborgen. Fast 50 % der Kontrollen - auch der angekündigten – führten zur Einleitung von Verwaltungsverfahren. Bei einem Zeitaufwand von 3 bis 8 Stunden pro Betrieb sei es mit dem vorhandenen Personal nicht möglich, auf die Ankündigung grundsätzlich zu verzichten. Einzelfälle wie der aus Essen führten dazu, dass derartige Betriebe als Problembetriebe eingestuft und in einem individuell festgelegten Intervall kontrolliert würden.

Zur Kontrollhäufigkeit wies sie darauf hin, dass die Anzahl der Kontrollen bei landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Die Zahl der Bußgeld- und Strafverfahren habe sich ebenfalls erhöht.

In ihrer Schlussbetrachtung wies sie darauf hin, dass die Bandbreite der bestehenden Kontrollverpflichtungen nur mit einem strukturierten Arbeits- und Zeitmanagement von den Mitarbeitern des Veterinäramtes bewältigt werden könne. Sie verwies auf die gesetzliche Verantwortung des einzelnen Tierhalters, seinen Betrieb kontinuierlich zu überprüfen.

 

Leitender Veterinärdirektor Dr. Paschertz ergänzte, die Entscheidung und Risikobewertung bei dem auffälligen Betrieb in Essen sei in Zusammenarbeit mit der Fachaufsichtsbehörde getroffen worden. Gerade die Fachaufsicht habe die Richtigkeit des Vorgehens bei den Kontrollen in dem Betrieb bestätigt. Auch die Staatsanwaltschaft habe in ihrem Verfahren kein Tierhaltungsverbot gegen den Tierhalter ausgesprochen.

Im Übrigen sei in 2014 die Tierschutzabteilung des Landkreises Cloppenburg auditiert worden. Im Auditbericht werde ausgeführt, dass das  System zur Risikobeurteilung von Betrieben gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr.  882/2004 überdurchschnittlich gut implementiert ist.

 

Der vorliegende Fall zeige, dass insgesamt aber eine bessere Zusammenarbeit mit den Tierschutzorganisationen wünschenswert sei.

 

Kreistagsabgeordneter Götting erklärte, der Tierschutzfall in Essen sei als absoluter Sonderfall anzusehen und nicht repräsentativ. Es sei verständlich, dass dem Landwirt seinerzeit eine zweite Chance zugestanden worden sei. Skandalös sei, dass die Tierschutzorganisation nicht bereits nach der ersten Begehung des Stalles das Veterinäramt informiert hatte, da die damals vorgefundenen Zustände ja wohl bereits für entsprechende Maßnahmen für das jetzt ausgesprochene Tierhaltungsverbot ausgereicht hätten. Damit hätte man den Tieren weitere Qualen über Wochen ersparen können. Er wolle damit aber nicht die Verantwortung auf die Organisation schieben, die zwar Hausfriedensbruch begangen habe, aber durch ihr Handeln erst die Missstände aufgedeckt habe. Es sei richtig, dass die Angelegenheit im Ausschuss diskutiert werde und der Landwirt zur Verantwortung gezogen werde.

Er wies darauf hin, dass die Landwirtschaft aus diesem Fall Konsequenzen ziehen werde. Das Landvolk wolle eine psychologische Beratungsstelle einrichten, an die sich betroffene Landwirte anonym wenden könnten und dort auch Hilfen erhalten könnten. Außerdem sei bekannt, dass sowohl die Schlachthöfe als auch die Oldenburger Fleischmehlfabrik sich bei Auffälligkeiten am Tiermaterial sofort an das zuständige Veterinäramt wenden würden. Er kenne aus eigener Erfahrung als Landwirt die umfangreichen Dokumentationspflichten eines Tierhalters. Die Bilder des Tierschutzfalles seien noch bei jedermann so präsent, dass man auf ein Vorführen in der Sitzung hätte verzichten können.

 

Auf Rückfrage des Abgeordneten Loots erklärte Frau Dr. Volke- Middendorf, dass Stallanlagen grundsätzlich nur im Beisein des Betriebsleiters betreten würden. Nur bei akuten Anzeigen gehe man allein in den Stall. Die Mitarbeiter des Amtes seien in der Regel allein vor Ort, bei Problemfällen kontrolliere das Amt soweit möglich zu zweit.

 

Kreistagsabgeordneter Dobelmann verwies darauf, dass seiner Ansicht nach derartige Vorfälle systembedingt seien aufgrund falscher Haltungsformen und zu hohen Tierzahlen in den Betrieben. Die steigenden Beanstandungen deuteten darauf hin, dass die Tierhalter überfordert seien bzw. deren Mitarbeiter nicht hinreichend geschult seien.

 

Frau Dr. Volke- Middendorf erklärte hierzu, dass die Verstöße nicht an den Tierzahlen festzumachen seien. Verstöße lägen nicht nur bei den Massentierhaltungen vor, sondern auch bei kleineren Betrieben. Es bestehe vielmehr der Eindruck, dass einige Landwirte mit der Vielzahl der Aufgaben und den immer steigenden Dokumentationspflichten stark belastet seien. Hinzu komme, dass landwirtschaftliche Produkte oftmals nicht hinreichend entlohnt würden.

 

Kreistagsabgeordneter Götting warf ein, auch er sehe keinen zwingenden Zusammenhang zwischen den Verstößen und den hohen Tierzahlen.

 

Leitender Veterinärdirektor Paschertz verwies darauf, dass Anfang der 90er Jahre ca. ein Drittel der heutigen Tierplätze vorhanden gewesen seien. Eine sehr hohe Exporttätigkeit sei dazu gekommen. Nur an der Betriebsgröße könne man die Verstöße nicht festmachen, da Biobetriebe und konventionelle Betriebe gleichermaßen betroffen seien. Es gehe bei derartigen Verstößen häufig um menschliche Schicksale.

 

Kreistagsabgeordneter Kolde erkundigte sich danach, ob die rechtlichen Vorgaben und die vorhandenen Befugnisse ausreichten oder ob hier nachgesteuert werden müsse.

 

Frau Dr. Volke-Middendorf erklärte hierzu, die rechtlichen Vorgaben seien absolut ausreichend und die Grundlagen für ein Einschreiten sehr sicher. Die üblichen Klageverfahren gegen das Tierhaltungsverbot seien in der Vergangenheit immer zugunsten des Landkreises entschieden worden.

 

Abschließend wies Landrat Johann Wimberg darauf hin, dass er die Ausstrahlung in den Tagesthemen nicht für glücklich halte. Es sei der Eindruck entstanden, der Landkreis kontrolliere seine Tierhalter nicht in ausreichendem Umfang. Das Veterinäramt habe den Fall zum Anlass genommen, sein bisheriges Verfahren nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Es dürfe nicht geschehen, dass solche Fälle für reine Effekthascherei genutzt würden. Durch die Darstellung in den Medien werde der Öffentlichkeit Glauben gemacht, man könne solche Fälle verhindern, wenn nur genügend kontrolliert werde. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass man derartige Fälle nie ganz verhindern könne, so viel Personal man auch beschäftige.

 

Das Handout zum Vortrag von Frau Dr. Volke-Middendorf liegt dem Protokoll an.

 

Der Ausschuss für Planung und Umwelt nahm die Ausführungen zur Kenntnis.