Vorsitzender Möller erteilte dem Kreistagsabgeordneten Kolde
das Wort.
Kreistagsabgeordneter Kolde nahm Bezug auf sein Schreiben vom 17.05.2013 und
verwies darauf, dass sich in der Zwischenzeit einiges getan habe. Seinen
ursprünglichen Antrag, das Thema auf die Tagesordnung der nächstfolgenden
Sitzung des Planungsausschusses zu setzen, habe er in Absprache mit dem Ersten Kreisrat Frische dahingehend geändert,
die Thematik im Sozialausschuss zu erörtern. Da die grundlegenden Probleme nach
wie vor bestehen würden, sei nach seiner Auffassung eine umfassende Information
und Erörterung erforderlich.
Kreistagsabgeordneter Kolde gab zu bedenken, dass die Probleme im Laufe
von über 10 Jahre entstanden seien und insbesondere die Schlachtbetriebe sich
nicht ausreichend bemühen würden, die Situation von Werkvertragsarbeitnehmern
zu verbessern. Anhand einer Powerpointpräsentation verdeutlichte er die
Problemlage (Anlage 1).
Kreistagsabgeordneter Kolde nahm Bezug auf die letzte Kreistagssitzung am
29.08.2013, in der insbesondere die Maßnahmen zur Wohnsituation von
Werkvertragsarbeitnehmern zur Sprache gekommen seien. Er begrüßte, dass der
Landkreis strenge Wohnstandards anwende, bemängelte aber, dass die kommunalen
Spitzenverbände in Bezug auf die Empfehlungen des Landes vom 27.08.2013 dies
wohl anders sähen.
Kreistagsabgeordneter Kolde führte – unter Bezug auf Seite
26 seiner Präsentation - weiter aus, dass die SPD-Fraktion verschiedene
Lösungsansätze sehe. Das eigentliche Problem liege bei den Schlachtbetrieben
und deren Preispolitik. Nicht die einzelnen Werkvertragsarbeiter, sondern die
Betriebe müssten Gesprächspartner werden. Nach dem Motto: „Wir haben Probleme,
wir brauchen vernünftige Wohnungen und vernünftige Löhne“. In diesem Sinne
forderte Kreistagsabgeordneter Kolde eine Zertifizierung der Schlachtbetriebe.
Landrat Eveslage erwiderte, dass der Landkreis im Rahmen seiner Zuständigkeiten
alles Erforderliche unternommen habe und weiter veranlassen werde, um die
Situation der Werkvertragsarbeiter zu verbessern. Es seien alle bekannt
gewordenen Wohnquartiere von Werkvertragsarbeitern baurechtlich geprüft worden.
Der Prüfdruck werde weiterhin aufrechterhalten. Die Wohnstandards seien bereits
im Dezember 2012 verschärft worden. Das Bauamt arbeite mit Hochdruck weiterhin
an der Umsetzung der Richtlinie.
In einer Besprechung der Landräte mit dem Nds. Ministerpräsidenten Weil in
Bevern vor einigen Wochen seien alle anwesenden Landräte der Meinung gewesen,
dass landesweite, einheitliche Wohnstandards erforderlich seien, in der Art,
wie sie in Cloppenburg und Vechta erarbeitet wurden. Daher sei er von der
jetzigen „Minimallösung“ des Landes vom 27.08.2013 enttäuscht (siehe Anlage 2,
Seite 1, Tischvorlage zum Vergleich der Richtlinien). Die Vorgaben des Landes –
so Landrat Eveslage weiter - würden weit unter den Standards des Landkreises
Cloppenburg bleiben. In der Besprechung mit dem Ministerpräsidenten habe zudem
Übereinstimmung dahingehend bestanden, dass Kommunen und Land sich jeweils auf
ihren Zuständigkeitsbereich beschränken, die Kommunen also auf die Bereiche
Wohnen und Integration. Andere Themen dagegen seien den dafür zuständigen
Einrichtungen und Institutionen zu überlassen, den Tarifpartnern, den Finanz-,
Arbeits- und Gewerbebehörden. Einigkeit bestand des Weiteren dahingehend, dass
der Prüfdruck hinsichtlich der Wohnverhältnisse der Werkvertragsarbeiter
bestehen bleiben solle.
Landrat Eveslage betonte nochmals, dass der Landkreis die Überprüfung der Wohnverhältnisse von Werkvertragsarbeitern weiter fortsetze. Das Bauamt sei rechtlich gehalten, die
Vorort-Prüfungen vorher anzukündigen, denn das Betreten
einer Wohnung sei nur mit dem Einverständnis der Wohnungsinhaber zulässig. Dies
sei in Niedersachsen zzt. noch anders als z.B. in Nordrhein-Westfalen. Eine
Änderung der gesetzlichen Bestimmungen dazu sei aber in der Diskussion.
Hinsichtlich der vom Sozialministerium am 27.08.2013 herausgegebenen
Handlungsempfehlungen zu den Wohnstandards äußerte Landrat Eveslage seine
Hoffnung, dass diese noch geändert und nicht „eins zu eins“ in einen Erlass
einfließen würden. Es müsse beachtet werden, dass Werkvertragsarbeitnehmer in
der Regel mehrere Monate, also längerfristig, hier wohnen würden. Die
Regelungen der Arbeitsstättenverordnung seien insbesondere für Montagearbeiter
gedacht, die die Unterkünfte nur unter der Woche nutzten. Dies habe der
Landkreis Cloppenburg dem Land und auch dem Nds. Landkreistag nachdrücklich
mitgeteilt (siehe Anlage 2, Seite 2 u. 3).
Abschließend verwies Landrat Eveslage darauf, dass die Kreisverwaltung nicht für das Gebiet der Stadt Cloppenburg zuständig sei. Er gehe aber davon aus, dass dort dieselben Maßstäbe angewandt und die gleichen Maßnahmen ergriffen würden, wie beim Kreis.
Erster Kreisrat
Frische erläuterte unter Bezug auf die Sitzungsvorlage, dass die Wohnstandards
des Landkreises Cloppenburg bereits 2005 erstellt und dann im Dezember 2012
überarbeitet worden seien. Sobald Anhaltspunkte vorgelegen hätten, seien auch
in den vergangenen Jahren schon Prüfungen vorgenommen worden.
In den Besprechungen mit den Bürgermeistern hätte der Landkreis darüber hinaus bereits vor 2012 auf die Probleme und den Wohnbedarf der Werkvertragsarbeiter hingewiesen und eine entsprechende Bauleitplanung angeregt, so Erster Kreisrat Frische weiter. Hinsichtlich dieser Bauleitplanung scheine es aber Bedenken zu geben. Potenzielle Investoren für solche Wohnungen gebe es immer noch.
Bezüglich des
Umfanges und der Ergebnisse der Überprüfungen seit 2012 bis August 2013 verwies
Erster Kreisrat Frische auf die Sitzungsvorlage. Festgestellte baurechtliche
Mängel würden abgearbeitet, bis hin zu Nutzungsuntersagungen. Es käme dann
nicht selten zu folgender Rückmeldung der Vermieter: „Wohin mit den Leuten?“
Erster Kreisrat Frische machte deutlich, dass die Kreisverwaltung darauf
angewiesen sei, Informationen über den Standort der Wohnungen von
Werkvertragswohnungen zu erhalten. Dazu gebe es eine enge Zusammenarbeit mit
den Meldeämtern, wobei sich herausgestellt habe, dass die dortigen Daten nur
bedingt den Realitäten entsprächen. Abmeldungen bei den Meldeämtern würden oft
unterlassen, wenn Werkvertragsarbeiter die Kommune wieder verließen.
Erster Kreisrat Frische äußerte sich ebenfalls enttäuscht über die
Landesvorgaben. Sollten diese Vorgaben als Erlass Gültigkeit erlangen, müsste
die Kreisverwaltung sämtliche bisherigen Überprüfungen neu aufrollen. Der
Landkreis könne keine eigenen, strengeren Maßstäbe setzen und durchsetzen. Die
Landesvorgaben müssten dann bindend umgesetzt werden. Die Initiative des
Landkreises Cloppenburg, dass das Land schärfere Maßstäbe vorgebe, werde von
den benachbarten Landkreisen unterstützt.
Landrat Eveslage machte ergänzend deutlich, dass die Richtlinien der Landkreise
Vechta und Cloppenburg in der praktischen Umsetzung nahezu gleich seien. Die
Unterschiede seien minimal.
Der Sitzungsvorlage
sei – so Landrat Eveslage weiter - ein Schreiben beigefügt, mit dem er sich im
August persönlich an rd. 220 Vermieter und 70 Unternehmen gewandt habe. In
vielen Fällen habe er die Rückmeldung erhalten, dass die Wohnstandards der
Kreisverwaltung beachtet werden sollten. Auch von Schlachtbetrieben habe er
eine positive Rückmeldung erhalten.
Kreistagsabgeordneter Poppe vertrat die Auffassung, der Landkreis habe nur
aufgrund des öffentlichen Druckes reagiert, aber nicht agiert.
Landrat Eveslage
trat dieser Meinung nachdrücklich entgegen. Die Kreisverwaltung könne erst
handeln, wenn Missstände bekannt würden. Die Richtlinie für die Wohnstandards
sei von Anfang an – ab 2005 - bei Bauanträgen, z.B. bei Unterkünften von
Erntehelfern, angewandt worden. Auch vor 2012 sei bei Verdacht auf
Nichteinhaltung jedem Einzelfall nachgegangen worden, sobald die
Kreisverwaltung davon Kenntnis erlangt habe. Dies alles schon vor der aktuellen
öffentlichen Diskussion.
Kreistagsabgeordneter Kolde verwies auf sein Antragsschreiben 17.05.2013 für die nächstfolgende Sitzung des Planungsausschusses sowie die Verweisung an den Sozialausschuss. Es entstehe der Eindruck, die Kontrollen seien nach dem Antrag und aufgrund des öffentlichen Druckes erfolgt. Außerdem bestehe weiterhin der Eindruck, dass die kommunalen Spitzenverbände die strengeren Maßstäbe nicht mittragen.
Kreistagsabgeordneter Kolde erläuterte weiter, dass sein Antragsschreiben als Anregung zu verstehen sei, Gespräche mit den Schlachtbetrieben aufzunehmen.
Erster Kreisrat
Frische widersprach entschieden dem Vorwurf, dass früher zu wenig gemacht
worden sei und verwies auf die Ausführungen des Landrates.
Landrat Eveslage betonte nochmals, dass hinsichtlich der Bauleitplanung schon Ende 2012 intensiv mit den Städten und Gemeinden gesprochen worden sei. Die Durchführung der flächendeckenden Kontrollen der Wohnungen sei bereits im März angelaufen.
Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen zeigte sich bezüglich der
vom Land vorgegebenen Wohnstandards ebenfalls enttäuscht. Sie habe zu diesem
Thema bereits Kontakt mit der Landtagsfraktion ihrer Partei aufgenommen. Sie
begrüße es, wenn weiterhin für strengere Standards geworben werde.
Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen war der Meinung, dass die Vorgaben des
Landkreises Vechta besser seien. Sie verwies darauf, dass vom Landkreis Vechta
Einzelzimmer gefordert würden. Vor dem Hintergrund, dass Werkvertragsarbeiter
langfristig hier wohnten, sei die Forderung von Einzelzimmern angebracht und
entspräche dem Verständnis einer menschwürdigen Unterbringung.
Hinsichtlich des Schreibens des Landrates an Vermieter und
Unternehmen merkte Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen an, dass dort von
„Imageschaden“ gesprochen werde. Die Wohnstandards seien aber vorrangig ein
Aspekt der Menschenwürde. Es gebe ein Recht auf menschenwürdiges Wohnen, dies
müsse in den Vordergrund gestellt werden. Es sei erforderlich, den „höchsten
gemeinsamen Nenner“ anzulegen.
Kreistagsabgeordnete Dr. Kannen plädierte dafür, alle Einflussmöglichkeiten zu
nutzen und den Prüfdruck weiterhin aufrechtzuerhalten. Die Probleme seien noch
nicht gelöst.
Auf die Anmerkung des Vorsitzenden Möller, bezüglich der Landesvorgaben die Abgeordneten des Landtages anzusprechen, teilte Kreistagsabgeordneter Kolde mit, dass er dies bereits getan habe.
Vorsitzender Möller schloss diesen Tagesordnungspunkt mit einem Dank für die rege Diskussion.