Sitzung: 29.08.2013 Kreistag
Landrat Eveslage informierte die Kreistagsmitglieder, dass der Jahresabschluss für das Jahr 2012 derzeit erarbeitet werde, er könne aber bereits mitteilen, dass eine Kreditaufnahme nicht erforderlich sei. Damit liege der Schuldenstand für den Landkreis Cloppenburg Ende des Jahres 2012 bei 49 Mio. EUR.
Landrat Eveslage gab folgenden Sachstandsbericht bei der baurechtlichen Überprüfung von Arbeitnehmerunterkünften:
„Das Bauamt des
Landkreises Cloppenburg hat in den vergangenen Wochen alle von den Städten und
Gemeinden an die Kreisverwaltung gemeldeten Arbeitnehmerunterkünfte vor Ort
überprüft. Insgesamt handelt es sich um 281 Wohnanschriften.
Nicht enthalten sind
die Unterkünfte im Stadtgebiet von Cloppenburg, weil die Stadt Cloppenburg
selbst Baugenehmigungsbehörde ist.
Die systematische
Überprüfung durch sieben im Bauamt gebildete Prüfteams hat ergeben, dass in den
Wohnungen 3.144 Menschen leben.
Aufgrund der
durchgeführten Kontrollen sind bisher 26 Wohnungen komplett aufgegeben worden.
In 54 weiteren Fällen sind gravierende Mängel festgestellt worden, die ein
sofortiges Einschreiten erforderlich machen. Hierbei handelt es sich
insbesondere um Brandschutzmängel, hygienische Mängel oder starke
Überbelegungen. Bei Gefahr im Verzuge ist die sofortige Räumung der Unterkunft
oder der mangelhaften Gebäudeteile angeordnet und überwacht worden.
Nach der
vorliegenden Übersicht des Bauamtes gibt es weitere 67 Fälle, in denen eine
Bettenreduzierung erforderlich ist, damit die geltenden Mindeststandards für Arbeitnehmerunterkünfte
eingehalten werden.
Bei 20 Wohnungen
wurden geringfügige Mängel festgestellt, so dass ein Einschreiten zum Schutz
der Bewohner hier nicht erforderlich ist.
Auch bei kleinen
Wohngemeinschaften von maximal sechs Personen in genehmigten Wohnhäusern oder
ausreichend großen Wohnungen sind nach den Feststellungen des Kreisbauamtes
keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Solche Wohngemeinschaften wurden in 68
Fällen ermittelt. Bei 15 Wohnungen ist die Prüfung und Bewertung noch nicht
abgeschlossen.
In Augenschein genommen hat das Bauamt auch
14 baurechtlich genehmigte Arbeitnehmerunterkünfte. Hier gab es in vier Fällen
Beanstandungen, die nun von den Gebäudeeigentümern zu beseitigen sind.
Besondert betrachtet worden sind 17
Wohnunterkünfte für Erntehelfer, die nicht dauerhaft bewohnt werden.
Zusammenfassend ist
festzuhalten, dass das Bauamt der Kreisverwaltung alle bekannten
Arbeitnehmerunterkünfte systematisch kontrolliert hat, um die Missstände in den
Arbeitnehmerunterkünften so schnell wie möglich abzustellen.
Die erforderlichen
verwaltungsrechtlichen Verfügungen zur Beseitigung von festgestellten Mängeln
werden mit Zwangsmitteln durchgesetzt. Die Bewertung der Fälle hat zudem
ergeben, dass in 117 Fällen Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten sind.
Bei der Bemessung
der Bußgelder wird der durch unrechtmäßige Nutzung erzielte wirtschaftliche
Vorteil mit abschöpft.
Richtlinien des Landkreises
Cloppenburg für Arbeitnehmerunterkünfte
Im Landkreis
Cloppenburg sind bereits im Jahr 2005 Richtlinien für die Unterbringung von
ausländischen Arbeitnehmern entwickelt worden, die seitdem bei der Prüfung der
Wohnverhältnisse angewandt werden. Die Anforderungen sind im Dezember 2012
überarbeitet und weiter konkretisiert worden.
Nach diesen Richtlinien
sind maximal vier Betten pro Raum zulässig, wobei eine Mindestwohnfläche von
acht Quadratmeter pro Person nicht unterschritten werden darf.
Die Räume müssen
über angemessene Fensterflächen verfügen und über einen Flur erreichbar sein.
Zudem müssen Aufenthaltsräume
mit 1,5 Quadratmeter pro Person und mindestens zehn Quadtratmeter pro
Einzelraum sowie Koch- und Spülmöglichkeiten für jeweils acht Personen
vorhanden sein. Hinsichtlich der Sanitäranlagen sehen die Regelungen vor, dass
pro vier Bewohner mindestens ein Waschbecken, eine Dusche und eine Toilette
vorzuhalten sind.
Bezüglich der
Einhaltung der Mindeststandards an gesunde Wohnverhältnisse sind Mitte August
nochmals 70 Unternehmen und 220 Vermieter vom mir angeschrieben und zur
Beachtung der Regelungen aufgefordert worden.
Erste Antworten, in
denen sich die Vermieter oder Unternehmen zur Einhaltung der
Landkreisrichtlinien verpflichten, sind in dieser Woche eingegangen.
Erlassentwurf der
Landesregierung
Die niedersächsische
Landesregierung hat die Forderung der Kommunen nach einer landesweit
einheitlichen Regelung der Mindeststandards für Arbeitnehmerunterkünfte
aufgegriffen. Vom Sozialministerium wurden am 27. August 2013
Handlungsempfehlungen herausgegeben, die den unteren Bauaufsichtsbehörden
zunächst die analoge Anwendung der technischen Regeln für
Arbeitsstätten-Unterkünfte empfehlen.
Die
Handlungsempfehlungen sollen kurzfristig in einen Erlass überführt werden.
Bezüglich der
Mindestwohnflächen je Bewohner, der zulässigen Personenzahl je Schlafraum und
der erforderlichen Sanitäreinrichtungen bleiben die vom Land beabsichtigten
Regelungen erheblich hinter den in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta
angewandten Mindeststandards zurück.
So will das Land
sechs und im Ausnahmefall sogar bis zu acht Betten pro Raum zulassen.
Als
Mindestwohnfläche im Schlafraum sehen die vorliegenden Handlungsempfehlungen
des Landes sechs Quadratmeter vor. Hier fordert der Landkreis Cloppenburg
derzeit mindestens acht Quadratmeter.
Gravierend sind auch
die Abweichungen bei den Sanitäranlagen. Vom Land werden eine Dusche pro zehn
Bewohner sowie eine Toilette und ein Waschbecken für fünf Bewohner für
ausreichend erachtet. Der Landkreis Cloppenburg fordert bisher für vier
Personen ein Waschbecken, eine Dusche und ein WC.
Aus Sicht des
Landkreises Cloppenburg ist zumindest fraglich, ob die analoge Anwendung der
Regelungen für Arbeitsstätten-Unterkünfte sachgerecht ist.
Die Regelungen der
Arbeitstättenverordnung sind insbesondere für Montagearbeiter gedacht, die
während der Arbeitswoche diese Unterkünfte nutzen. Diese Montagearbeiter haben
in den Unterkünften nicht ihren Lebensmittelpunkt, sondern sie fahren an den
Wochenenden und im Urlaub regelmäßig nach Hause.
Problematisch
erscheinen auch die beabsichtigten Regelungen zu den Sanitärräumen. Ob eine
Dusche für zehn Bewohner ausreichend ist, muss im Hinblick auf die Abläufe in
einer Arbeitnehmerunterkunft bezweifelt werden. Hier ist zu berücksichtigen,
dass die Bewohner morgens zur gleichen Zeit zur Arbeit fahren und abends
gleichzeitig zurück kommen.
Die empfohlene
Ausstattung der Sanitäranlagen ist in der Arbeitstättenverordnung nicht
geregelt. Dort ist nur von ausreichenden Sanitäreinrichtungen die Rede.
Der Landkreis
Cloppenburg wird zu dem vom Land angekündigten Erlass über den
Niedersächsischen Landkreistag Stellung nehmen und die vorhandenen Bedenken
vortragen.
Wenn die
vorliegenden Handlungsempfehlungen tatsächlich in einen Erlass überführt
werden, kann der Landkreis Cloppenburg seine strengeren Regelungen wohl nicht
mehr aufrecht erhalten. In diesem Fall müssten alle Arbeitnehmerunterkünfte im
Landkreis Cloppenburg erneut geprüft und bewertet werden.
Gestatten Sie mir
noch zwei weitere Anmerkungen.
Bei der Diskussion
um Werkverträge geht es parteiübergreifend nicht um diese Arbeitsmöglichkeit an
sich, sondern um den Missbrauch dieser Möglichkeit. Werkverträge müssen für
eine wachsende und „atmende“ Wirtschaft möglich sein. Deshalb wird es die dort
Beschäftigten auch zukünftig geben. Der Landkreis ermuntert und unterstützt
seine Gemeinden schon seit längerer Zeit, über die Bauleitplanung dafür zu
sorgen, dass Unterkünfte für Werkvertragsarbeitnehmer in den Gemeinden gebaut
werden können. Auch damit leisten wir als Kommunen einen Beitrag für gesunden
und menschenwürdigen Wohnraum für diese Menschen.
Investoren für
solche Unterkünfte gibt es.
Wir müssen uns
darauf einstellen, dass viele Arbeitnehmer aus Südosteuropa, aus dem Baltikum,
aus Polen oder aus Ungarn dauerhaft im Landkreis Cloppenburg bleiben werden und
ihre Familien nachziehen lassen. Diese Entwicklung ist in einigen Gemeinden
schon deutlich spürbar mit entsprechenden Problemen in Kindergärten und
Grundschulen. Somit stehen wir vor gravierenden Problemen bei der Integration
dieser Menschen in unsere Gesellschaft, ähnlich wie bei der Integration der
Deutschen aus Russland und Kasachstan Ende der 90er Jahre.
Zusammen mit anderen
Landräten habe ich den Ministerpräsidenten bei seinem Besuch in der Gemeinde
Essen darauf hingewiesen, dass die schwierige Integrationsarbeit nur gemeinsam
von den Kommunen und vom Land bewältigt werden kann.“
Ergänzend fügte
Landrat Eveslage hinzu, dass die Mehrzahl der Werksvertragsarbeiter aus
osteuropäischen Ländern stammten und meist dauerhaft in der Bundesrepublik
Deutschland blieben und ihre Familien nach gewisser Zeit nachholten. Dieser
Personenkreis müsse in das hiesige Umfeld integriert werden, zumal durch die
europäische Grenzöffnung ab dem Jahr 2014 ein dauerhaftes Bleiberecht bestehe.
Auch unter diesem Hintergrund müsse dafür Sorge getragen werden, dass
entsprechende Wohnungen nach den gesetzlichen Bestimmungen vorgehalten würden.