Landrat Eveslage informierte die Kreistagsmitglieder, dass der Jahresabschluss für das Jahr 2012 derzeit erarbeitet werde, er könne aber bereits mitteilen, dass eine Kreditaufnahme nicht erforderlich sei. Damit liege der Schuldenstand für den Landkreis Cloppenburg Ende des Jahres 2012 bei 49 Mio. EUR.

 

Landrat Eveslage gab folgenden Sachstandsbericht bei der baurechtlichen Überprüfung von Arbeitnehmerunterkünften:

 

„Das Bauamt des Landkreises Cloppenburg hat in den vergangenen Wochen alle von den Städten und Gemeinden an die Kreisverwaltung gemeldeten Arbeitnehmerunterkünfte vor Ort überprüft. Insgesamt handelt es sich um 281 Wohnanschriften.

Nicht enthalten sind die Unterkünfte im Stadtgebiet von Cloppenburg, weil die Stadt Cloppenburg selbst Baugenehmigungsbehörde ist.

Die systematische Überprüfung durch sieben im Bauamt gebildete Prüfteams hat ergeben, dass in den Wohnungen 3.144 Menschen leben.

Aufgrund der durchgeführten Kontrollen sind bisher 26 Wohnungen komplett aufgegeben worden. In 54 weiteren Fällen sind gravierende Mängel festgestellt worden, die ein sofortiges Einschreiten erforderlich machen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Brandschutzmängel, hygienische Mängel oder starke Überbelegungen. Bei Gefahr im Verzuge ist die sofortige Räumung der Unterkunft oder der mangelhaften Gebäudeteile angeordnet und überwacht worden.

Nach der vorliegenden Übersicht des Bauamtes gibt es weitere 67 Fälle, in denen eine Bettenreduzierung erforderlich ist, damit die geltenden Mindeststandards für Arbeitnehmerunterkünfte eingehalten werden.

Bei 20 Wohnungen wurden geringfügige Mängel festgestellt, so dass ein Einschreiten zum Schutz der Bewohner hier nicht erforderlich ist.

Auch bei kleinen Wohngemeinschaften von maximal sechs Personen in genehmigten Wohnhäusern oder ausreichend großen Wohnungen sind nach den Feststellungen des Kreisbauamtes keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Solche Wohngemeinschaften wurden in 68 Fällen ermittelt. Bei 15 Wohnungen ist die Prüfung und Bewertung noch nicht abgeschlossen.

In Augenschein genommen hat das Bauamt auch 14 baurechtlich genehmigte Arbeitnehmerunterkünfte. Hier gab es in vier Fällen Beanstandungen, die nun von den Gebäudeeigentümern zu beseitigen sind.

Besondert betrachtet worden sind 17 Wohnunterkünfte für Erntehelfer, die nicht dauerhaft bewohnt werden. 

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Bauamt der Kreisverwaltung alle bekannten Arbeitnehmerunterkünfte systematisch kontrolliert hat, um die Missstände in den Arbeitnehmerunterkünften so schnell wie möglich abzustellen.

Die erforderlichen verwaltungsrechtlichen Verfügungen zur Beseitigung von festgestellten Mängeln werden mit Zwangsmitteln durchgesetzt. Die Bewertung der Fälle hat zudem ergeben, dass in 117 Fällen Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten sind.

Bei der Bemessung der Bußgelder wird der durch unrechtmäßige Nutzung erzielte wirtschaftliche Vorteil mit abschöpft.

 

Richtlinien des Landkreises Cloppenburg für Arbeitnehmerunterkünfte

 

Im Landkreis Cloppenburg sind bereits im Jahr 2005 Richtlinien für die Unterbringung von ausländischen Arbeitnehmern entwickelt worden, die seitdem bei der Prüfung der Wohnverhältnisse angewandt werden. Die Anforderungen sind im Dezember 2012 überarbeitet und weiter konkretisiert worden.

Nach diesen Richtlinien sind maximal vier Betten pro Raum zulässig, wobei eine Mindestwohnfläche von acht Quadratmeter pro Person nicht unterschritten werden darf.

Die Räume müssen über angemessene Fensterflächen verfügen und über einen Flur erreichbar sein.

Zudem müssen Aufenthaltsräume mit 1,5 Quadratmeter pro Person und mindestens zehn Quadtratmeter pro Einzelraum sowie Koch- und Spülmöglichkeiten für jeweils acht Personen vorhanden sein. Hinsichtlich der Sanitäranlagen sehen die Regelungen vor, dass pro vier Bewohner mindestens ein Waschbecken, eine Dusche und eine Toilette vorzuhalten sind.

Bezüglich der Einhaltung der Mindeststandards an gesunde Wohnverhältnisse sind Mitte August nochmals 70 Unternehmen und 220 Vermieter vom mir angeschrieben und zur Beachtung der Regelungen aufgefordert worden.

Erste Antworten, in denen sich die Vermieter oder Unternehmen zur Einhaltung der Landkreisrichtlinien verpflichten, sind in dieser Woche eingegangen.

 

Erlassentwurf der Landesregierung

 

Die niedersächsische Landesregierung hat die Forderung der Kommunen nach einer landesweit einheitlichen Regelung der Mindeststandards für Arbeitnehmerunterkünfte aufgegriffen. Vom Sozialministerium wurden am 27. August 2013 Handlungsempfehlungen herausgegeben, die den unteren Bauaufsichtsbehörden zunächst die analoge Anwendung der technischen Regeln für Arbeitsstätten-Unterkünfte empfehlen.

Die Handlungsempfehlungen sollen kurzfristig in einen Erlass überführt werden.

 

Bezüglich der Mindestwohnflächen je Bewohner, der zulässigen Personenzahl je Schlafraum und der erforderlichen Sanitäreinrichtungen bleiben die vom Land beabsichtigten Regelungen erheblich hinter den in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta angewandten Mindeststandards zurück.

So will das Land sechs und im Ausnahmefall sogar bis zu acht Betten pro Raum zulassen.

Als Mindestwohnfläche im Schlafraum sehen die vorliegenden Handlungsempfehlungen des Landes sechs Quadratmeter vor. Hier fordert der Landkreis Cloppenburg derzeit mindestens acht Quadratmeter.

Gravierend sind auch die Abweichungen bei den Sanitäranlagen. Vom Land werden eine Dusche pro zehn Bewohner sowie eine Toilette und ein Waschbecken für fünf Bewohner für ausreichend erachtet. Der Landkreis Cloppenburg fordert bisher für vier Personen ein Waschbecken, eine Dusche und ein WC.

Aus Sicht des Landkreises Cloppenburg ist zumindest fraglich, ob die analoge Anwendung der Regelungen für Arbeitsstätten-Unterkünfte sachgerecht ist.

Die Regelungen der Arbeitstättenverordnung sind insbesondere für Montagearbeiter gedacht, die während der Arbeitswoche diese Unterkünfte nutzen. Diese Montagearbeiter haben in den Unterkünften nicht ihren Lebensmittelpunkt, sondern sie fahren an den Wochenenden und im Urlaub regelmäßig nach Hause.

Problematisch erscheinen auch die beabsichtigten Regelungen zu den Sanitärräumen. Ob eine Dusche für zehn Bewohner ausreichend ist, muss im Hinblick auf die Abläufe in einer Arbeitnehmerunterkunft bezweifelt werden. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Bewohner morgens zur gleichen Zeit zur Arbeit fahren und abends gleichzeitig zurück kommen.

Die empfohlene Ausstattung der Sanitäranlagen ist in der Arbeitstättenverordnung nicht geregelt. Dort ist nur von ausreichenden Sanitäreinrichtungen die Rede.

 

Der Landkreis Cloppenburg wird zu dem vom Land angekündigten Erlass über den Niedersächsischen Landkreistag Stellung nehmen und die vorhandenen Bedenken vortragen.

Wenn die vorliegenden Handlungsempfehlungen tatsächlich in einen Erlass überführt werden, kann der Landkreis Cloppenburg seine strengeren Regelungen wohl nicht mehr aufrecht erhalten. In diesem Fall müssten alle Arbeitnehmerunterkünfte im Landkreis Cloppenburg erneut geprüft und bewertet werden. 

 

Gestatten Sie mir noch zwei weitere Anmerkungen.

Bei der Diskussion um Werkverträge geht es parteiübergreifend nicht um diese Arbeitsmöglichkeit an sich, sondern um den Missbrauch dieser Möglichkeit. Werkverträge müssen für eine wachsende und „atmende“ Wirtschaft möglich sein. Deshalb wird es die dort Beschäftigten auch zukünftig geben. Der Landkreis ermuntert und unterstützt seine Gemeinden schon seit längerer Zeit, über die Bauleitplanung dafür zu sorgen, dass Unterkünfte für Werkvertragsarbeitnehmer in den Gemeinden gebaut werden können. Auch damit leisten wir als Kommunen einen Beitrag für gesunden und menschenwürdigen Wohnraum für diese Menschen.

Investoren für solche Unterkünfte gibt es.

 

Wir müssen uns darauf einstellen, dass viele Arbeitnehmer aus Südosteuropa, aus dem Baltikum, aus Polen oder aus Ungarn dauerhaft im Landkreis Cloppenburg bleiben werden und ihre Familien nachziehen lassen. Diese Entwicklung ist in einigen Gemeinden schon deutlich spürbar mit entsprechenden Problemen in Kindergärten und Grundschulen. Somit stehen wir vor gravierenden Problemen bei der Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft, ähnlich wie bei der Integration der Deutschen aus Russland und Kasachstan Ende der 90er Jahre.

Zusammen mit anderen Landräten habe ich den Ministerpräsidenten bei seinem Besuch in der Gemeinde Essen darauf hingewiesen, dass die schwierige Integrationsarbeit nur gemeinsam von den Kommunen und vom Land bewältigt werden kann.“

 

Ergänzend fügte Landrat Eveslage hinzu, dass die Mehrzahl der Werksvertragsarbeiter aus osteuropäischen Ländern stammten und meist dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland blieben und ihre Familien nach gewisser Zeit nachholten. Dieser Personenkreis müsse in das hiesige Umfeld integriert werden, zumal durch die europäische Grenzöffnung ab dem Jahr 2014 ein dauerhaftes Bleiberecht bestehe. Auch unter diesem Hintergrund müsse dafür Sorge getragen werden, dass entsprechende Wohnungen nach den gesetzlichen Bestimmungen vorgehalten würden.