Vorsitzender Dr. Vaske erinnerte daran, dass Anlass für den TOP der Antrag der Gruppe GRÜNE/UWG vom 10.08.2018 sei. Darin sei eine Wohnungsbau-Offensive für den Landkreis Cloppenburg dahingehend gefordert worden, dass der Landkreis Cloppenburg einen Wohnungsbau-Topf für den sozialen Wohnungsbau schaffe. Nach der Beratung im Sozialausschuss am 04.09.2018 (Vorlage: V-SOZ/18/079) habe der Kreistag in der Sitzung am 25.09.2018 den Antrag abgelehnt. In der Sitzung des Sozialausschusses sei der Wunsch geäußert worden, dass Herr Rolfes zum Wohnungsbau im Landkreis Cloppenburg berichtet.

 

Vorsitzender Dr. Vaske erteilte Herrn Rolfes das Wort.

 

Herr Rolfes sagte einleitend, dass er nach seiner 12-jährigen Tätigkeit als Beamter beim Landkreis Cloppenburg nunmehr seit 30 Jahren Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft sei. Thema seines Vortrages sei die Entwicklung der Wohnungsbaugesellschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Des Weiteren wolle er berichten, was zur Schaffung zusätzlichen bezahlbaren Wohnraums aktuell und in den nächsten Jahren geplant sei.

 

Die Wohnungsbaugesellschaft für den Landkreis Cloppenburg mbH sei 1936 als gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mit dem Zweck gegründet worden, breite Schichten der Bevölkerung des Landkreises mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, erläuterte Herr Rolfes. In der Anfangszeit habe man jedoch noch nicht an Mietwohnungen gedacht. Seinerzeit ging es hauptsächlich darum, Siedlungshäuser, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen und Ähnliches zu bauen. Erst zu Beginn der 1950er-Jahre seien die ersten Mietwohnungen errichtet worden. Später seien dann „normale“ Mehrfamilienhäuser hinzugekommen, dann verstärkt Seniorenwohnungen und auch Einfamilienhäuser für Großfamilien.

 

Aktuell habe die Wohnungsbaugesellschaft einen Mietwohnungsbestand von annähernd 500 Wohneinheiten. Bis Ende der 1990er-Jahre seien Tausende von Bauvorhaben technisch und/oder wirtschaftlich betreut worden, darunter auch viele Gruppenkleinsiedlungen im ganzen Landkreis. Die Betreuungstätigkeit sei dann in den letzten 10 – 15 Jahren quasi auf Null zurückgegangen.

 

Seit 1991 sei wegen der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes das Wort „gemeinnützig“ aus dem Firmennamen gelöscht worden. Im Hinblick auf die Frage aus der Einwohnerfragestunde betonte Herr Rolfes, dass das einzig aufgrund der gesetzlichen Änderung erfolgt sei. Das bedeute jedoch nicht, dass sich der Gesellschaftszweck grundlegend geändert habe.

 

Die Wohnungsbaugesellschaft sei dem Grunde nach eine ganz normale steuerpflichtige GmbH mit allen Rechten und Pflichten aus dem GmbH-Gesetz, jedoch mit der Besonderheit, dass sie sich zu 100 % in öffentlicher Hand befinde. Gesellschafter sei seit jeher der Landkreis Cloppenburg mit ca. 52 % der Anteile, die Städte und Gemeinden des Landkreises mit zusammen ca. 18 %, sowie seit kurzem die Bremer Landesbank (jetzt NordLB) und die Landessparkasse zu Oldenburg mit jeweils 15 %. Das Stammkapital betrage etwas über 1 Mio. EUR. Die Wohnungsbaugesellschaft sei wirtschaftlich eigenständig und schütte jährlich Dividenden aus (jährlich etwa 120.000 EUR).

 

Der Mietwohnungsbestand sei zur Hälfte in der Stadt Cloppenburg belegen, die andere Hälfte verteile sich auf die übrigen Städte und Gemeinden des Landkreises. 50 % des gesamten Wohnungsbestandes seien Seniorenwohnungen, so Herr Rolfes weiter.

 

Seniorenwohnungen seien mit öffentlichen Baudarlehen geförderte Wohnungen für nicht mehr im Erwerbsleben stehende Personen über 60 Jahre mit niedriger Rente. Diese Wohnungen unterlägen einer Belegungs- und auch Mietpreisbindung, bis die öffentlichen Mittel zurückgezahlt sind. Zurzeit würden noch etwa 140 Seniorenwohnungen und 40 „normale“ Mietwohnungen offiziell einer solchen Belegungs- und Mietpreisbindung unterliegen.

 

Die Wohnungsbaugesellschaft versuche dort, wo die Bindungen ausliefen, die Wohnungen weiterhin so zu behandeln, als wären es noch „Sozialwohnungen“. Außerdem sei man bemüht, für die bisherigen Seniorenwohnungen wieder Senioren als Mieter zu finden. Ferner würde die Anhebung der Mieten in der Regel nur im gleichen Maße erfolgen, wie es vorher während der Bindung zulässig war. Daher liege die durchschnittliche Quadratmetermiete quer durch den Bestand per 31.12.2017 bei lediglich 5,05 EUR. Die Wirtschafts- und Finanzplanung der Wohnungsbaugesellschaft sehe auch für die Zukunft weiterhin planmäßige Mieterhöhungen von durchschnittlich lediglich 1 % pro Jahr vor – das bedeute, die Wohnungen würden auch in Zukunft bezahlbar bleiben.

 

Vor dem Hintergrund, dass es von 2000 bis 2015 keine öffentlichen Mittel mehr für den Sozialwohnungsneubau gegeben habe, könne auch die Wohnungsbaugesellschaft Neubauwohnungen in den letzten Jahren nicht mehr für 5,00 EUR anbieten, erläuterte Herr Rolfes. Trotzdem und gegen den Trend des damals rückläufigen Mietwohnungsneubaus habe man in dieser Zeit im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin Neubau betrieben, insbesondere für die Zielgruppe im mittleren Einkommenssegment. Ferner sei in den Bestand investiert worden.

 

Der Wohnungsbestand sei nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ stets ausgebaut worden. Größere Leerstände kenne die Wohnungsbaugesellschaft bis jetzt praktisch nicht.

 

Das bedeute jedoch nicht, dass immer eine direkte Anschlussvermietung gelinge. Es könne auch schon mal 3 Monate oder länger dauern, bis eine Wohnung wieder belegt sei. Die Nachfragesituation habe sich im Landkreis in den letzten Jahren nicht gravierend geändert. Es habe früher wie heute Wohnungen gegeben, die schwer vermietbar seien und solche, die mehrfach vermieten werden könnten. Schwer vermietbar seien zum Beispiel Seniorenwohnungen im Nordkreis, aktuell auch mal in den Südkreisgemeinden. Gut vermietbar seien zum Beispiel kleine Wohnungen in zentraler Lage in Cloppenburg. Aktuell seien ca. 150 Mietinteressenten registriert, davon annähernd 80 % für Cloppenburg und die nähere Umgebung.

 

Derzeit werde überall gebaut, sogar sehr viel gebaut, hob Herr Rolfes hervor. Das Eigenheim sei im Landkreis noch immer die gängigste Wohnform und werde es sicherlich auch bleiben, sofern es den Kommunen gelinge, weiterhin bezahlbare Baugrundstücke hierfür anzubieten. Festzustellen sei aber auch, dass kleine und große Investoren verstärkt auf Mehrfamilienhäuser setzen. Und auch das sei eigentlich im Hinblick auf bezahlbaren Wohnraum gut so, betonte Herr Rolfes!

 

Die neuen Wohnungen könnten nicht im unteren Preissegment angeboten werden. Aber dadurch, dass eine teure Wohnung neu errichtet und bezogen werde, würde durch den sog. „Sickereffekt“ in der Regel eine Wohnung in einem niedrigeren Preissegment wieder frei werden. Es sei absehbar, dass dadurch auch Wohnungen aus den unteren Preissegmenten auf den Markt kämen. Und außerdem müsse nach den Gesetzen des Marktes auch ein Überangebot an teuren Wohnungen irgendwann wieder zu einer Reduzierung des Mietenniveaus führen.

 

Zu den Stichworten „unteres Preissegment“ und Sozialmietniveau, führte Herr Rolfes weiter aus, dass das Land vor zwei Jahren entschieden habe, dass auch in eher ländlichen Kommunen wieder öffentliche Förderung von Sozialwohnungsneubau möglich sein solle. Voraussetzung hierfür sei unter anderem das Vorliegen eines kommunalen Wohnraumversorgungskonzeptes. Dies habe der Landkreis und die Stadt Cloppenburg mittlerweile erstellt.

 

Der Wohnungsbaugesellschaft seien die ersten öffentlichen Mittel für den Neubau von Sozialwohnungen bereits bewilligt worden. In den nächsten Jahren würden zunächst für etwa 60 weitere Wohnungen in verschiedenen Städten und Gemeinden Mittel beantragt werden. Später sicherlich noch für weitere Objekte.

 

Herr Rolfes stellte die Frage in den Raum, was es bedeute, öffentliche Mittel zu beantragen?

 

Von den veranschlagten (und belegten) Gesamtkosten würden 75 % als zinsloses Darlehen bewilligt. Jährlich seien lediglich 0,5 % Verwaltungskosten zu zahlen. Die Wohnungen dürfen dann nur an Personen vermietet werden, die einen Wohnberechtigungsschein vorlegen könnten. Der Wohnberechtigungsschein werde erteilt, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten würden (1 Person ca. 1.400 EUR netto, 2 Pers ca. 2.000 EUR usw.). Die Grundmiete dürfe zunächst 5,60 EUR / qm im Monat nicht übersteigen. Die Grundmiete von 5,60 EUR / qm zu halten, sei nicht einfach. Das gelinge zumindest momentan noch, solange die Baugrundstücke nicht zu horrenden Preisen erworben werden müssten, die Baupreise nicht noch schneller steigen würden und die Wohnungsbaugesellschaft in der Lage sei, alle Architektenleistungen selbst zu erbringen. Die Belegungs- und Mietpreisbindung gelte dann für 30 Jahre. Diese lange Dauer sei für die Wohnungsbaugesellschaft kein Problem, für private Investoren aber eher abschreckend.

 

Das Neubauprogramm der Wohnungsbaugesellschaft könne nur umgesetzt werden, so Herr Rolfes, wenn das Land Niedersachsen die öffentlichen Mittel in jeweils größtmöglicher Höhe bewillige. Dafür sei Voraussetzung, dass das Land – wie inzwischen zugesagt – in den nächsten Jahren nicht nur die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel weiterleite, sondern zusätzlich eigene Mittel zur Verfügung stelle.

 

Als Ergebnis der Bemühungen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen, das im Übrigen der Interessenverband der Wohnungsbaugesellschaften federführend mitinitiiert habe, will das Land Niedersachsen so viel Geld zur Verfügung stellen, dass in Niedersachsen bis 2030 insgesamt 40.000 neue Sozialwohnungen entstehen könnten. Es bestehe damit die Hoffnung, dass nun auch Landkreise abseits der Ballungszentren in den Genuss der öffentlichen Wohnungsbauförderung im gewünschten Umfange kommen.

 

Er wäre sehr froh, betonte Herr Rolfes, wenn die für die nächsten vier bis fünf Jahre vorgesehenen Neubauten tatsächlich in diesem Zeitraum realisiert werden könnten. Mehr könne die Wohnungsbaugesellschaft als vergleichsweise kleines Unternehmen kaum leisten. Im Vergleich zur Unternehmensgröße habe die Wohnungsbaugesellschaft im letzten Jahrzehnt nicht weniger Mietwohnungsneubau betrieben, als die Branchenriesen „GEWOBA“ in Bremen oder „hanova“ in Hannover. Dies solle auch in den nächsten Jahren so sein.

 

Mittlerweile deute sich ein viel größeres Problem an, erläuterte Herr Rolfes. Was nützten alle öffentlichen Mittel, wenn das Handwerk seine Kapazitäten ausgeschöpft habe und niemand da sei, der die neuen Wohnungen bauen könne? Wenn sich die heute schon prekäre Lage hinsichtlich der Auslastung - oftmals schon Überlastung - der Handwerker noch verschärfe, werde es eng. Noch mehr Neubauten seien dann kurzfristig kaum noch zu realisieren.

 

Die Wohnungsbaugesellschaft werde künftig weiterhin versuchen, Sozialwohnungsneubau im größtmöglichen Umfange zu realisieren. Der Bestand bleibe auch in Zukunft bezahlbar, unabhängig davon, ob mit oder ohne offizielle Bindung. Er hoffe auf den Sickereffekt auf dem Wohnungsmarkt durch die vielen Neubauwohnungen und darauf, dass die für das nächste Jahr angekündigten überarbeiteten Förderbestimmungen des Landes tatsächlich wie prognostiziert vermehrt private Investoren ansprächen. Wobei die vorgesehene Verlängerung der Bindung von 30 auf 35 Jahre hier wohl eher nicht ins Bild passe und die Überhitzung im Bausektor diese mögliche Entwicklung ausbremsen könne.

 

Herr Rolfes betonte, dass im Landkreis Cloppenburg die Situation am Wohnungsmarkt bei Weitem nicht so dramatisch sei, wie in einigen Ballungszentren oder Universitätsstädten. Dennoch sei an einigen Standorten neuer preiswerter Wohnraum natürlich wünschenswert. Im Hinblick auf die derzeit überhitzte Baukonjunktur könne aber nicht in 2 bis 3 Jahren nachgeholt werden, was in den letzten 10 bis 15 Jahren wegen der fehlenden öffentlichen Förderung versäumt wurde. Die Schaffung von Wohnungen im unteren Preissegment - den sozialen Wohnungsbau - gelte es, mit Augenmaß mittel- und langfristig zu verstetigen. Herr Rolfes äußerte abschließend die Hoffnung, dass das Problem, wo immer es denn eines sei, langfristig gelöst werden könne. In der Immobilienwirtschaft sei man es gewohnt, langfristig zu denken.

 

Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Arkenau erläuterte Herr Rolfes, dass die Gründe für die Vermietungsprobleme bei Seniorenwohnungen im Südkreis nicht erkennbar seien. Des Weiteren erläuterte er, dass aktuell 26 Wohnungen im Kreisgebiet gebaut würden, u.a. auch in Cappeln, Molbergen und Emstek.

 

Kreistagsabgeordneter Riesenbeck hielt das Angebot von Seniorenwohnungen mit Altersbindung oder für Menschen mit Behinderungen für grundsätzlich erforderlich. Er fragte, ob es Probleme bereite, günstige Grundstücke zu kaufen. Herr Rolfes erwiderte, dass die Städte und Gemeinden die Grundstücke noch günstig anbieten würden. Für den Baubereich gelte derzeit, dass das Geld nicht das Problem sei. Problematisch sei es, die Handwerker zu finden.

 

Kreistagsabgeordneter Dr. Hoffschroer bat um Einschätzung, ob aus Sicht der Wohnungsbaugesellschaft der Landkreis in der Pflicht sei, Maßnahmen zu ergreifen.

Herr Rolfes entgegnete, dass die zzt. bestehenden Fördermöglichkeiten ausreichen würden. Angesichts der überhitzten Baukonjunktur seien weitere Fördermaßnahmen das falsche Zeichen.

 

Kreistagsabgeordneter Mutlu bat um Auskunft, ob Bestandsobjekte genutzt und Sanierungsobjekte angekauft würden. Herr Rolfes erläuterte, dass freie Grundstücke und Möglichkeiten zur Verdichtung der Bebauung genutzt würden. Allerdings sei man damit am Ende. Jetzt gelte es, neue Baugrundstücke anzukaufen. Sanierungsobjekte würden nicht erworben. Dies sei nicht Aufgabe der Wohnungsbaugesellschaft.

 

Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Holthaus erläuterte Herr Rolfes, dass die Bauobjekte der Wohnungsbaugesellschaft vom Einfamilienhaus bis zum Mehrfamilienhaus mit 30 Wohneinheiten reichen würden.

 

Vorsitzender Dr. Vaske dankte Herrn Rolfes für die Ausführungen und stellte fest, dass weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vorlagen. Zudem merkte er an, dass nach seiner Einschätzung die Frage aus der Einwohnerfragestunde ausreichend beantwortet wurde. Bedenken hierzu wurden nicht erhoben.


Abstimmungsergebnis:

 

Ja:

 

Nein:

 

Enthaltung: