Betreff
Netzentwicklungsplan Strom 2012 und Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zur Ableitung von Offshore-Windstrom
Vorlage
V-PLA/12/057
Art
Sitzungsvorlage

Sachverhalt:

 

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtet die vier deutschen Betreiber von Stromübertragungsnetzen dazu, einmal jährlich – erstmals zum 3.6.2012 – einen gemeinsamen Netzentwicklungsplan (NEP) vorzulegen. Der gemeinsame Netzentwicklungsplan muss alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Netzes enthalten, die in den nächsten zehn Jahren für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind (§ 12b EnWG). Dieser Verpflichtung sind die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) nachgekommen. Der  Entwurf des NEP beruht auf vier Szenarien, die die voraussichtliche Entwicklungen in den Bereichen erneuerbare Energien, konventionelle Energien sowie Energieverbrauch und Erzeugung in Deutschland bis zum Jahr 2022 bzw. – in einem Ausblick – bis zum Jahr 2032 beschreiben.

 Das Szenario A geht davon aus, dass die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung unter moderatem Anstieg der Energiegewinnung aus Steinkohle verwirklicht werden. Szenario B basiert auf Szenario A mit einem höheren Anteil aus regenerativen Energien und aus Gaskraftwerken und stellt das Leitszenario dar. Szenario C zeichnet sich durch eine besonders hohen Anteil an Strom aus regenerativen Energien ohne wesentlichen konventionellern Kraftwerksneubau aus. Der aus diesen Szenarien resultierende Netzausbaubedarf wird im NEP abgebildet. Netzoptimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen wurden dabei gegenüber Ausbaumaßnahmen priorisiert.

 

Der NEP 2012 unterscheidet im Einzelnen zwischen dem sog. „Startnetz“, dass den Status quo des deutschen Stromnetzes abbildet und beinhaltet darüber hinaus die Leitungen, die bereits im Bau oder genehmigt sind oder sich schon im öffentlichen Antragsverfahren befinden. Auf der Ebene des Startnetzes sind für rund 1.400 km Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen sowie rund 1.000 km Trassenneubau geplant. Einige Maßnahmen des Startnetzes sind raumordnerisch durch die Fortschreibung des Landesraumordnungsprogramms verankert worden. Der Landkreis Cloppenburg ist von den Maßnahmen für das Startnetz nicht betroffen.

 

Für den Zeitraum bis 2022 weist der NEP insgesamt einen weiteren, erheblichen Entwicklungsbedarf aus. Benötigt werden vor allem leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen. Für erforderlich erklärt werden Netzverstärkungen und -optimierungen in vorhandenen Trassen auf einer Länge von 4.400 km. Die Neubauerfordernisse sollen 1.700 km Drehstromleitungen und 2.100 km Korridore für Hochspannungsgleichstromleitungen betragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der NEP lediglich den Übertragungsbedarf zwischen Anfangs- und Endpunkten aufzeigt. Konkrete Trassenkorridore werden erst in der Bundesfachplanung durch die Bundesnetzagentur unter Beachtung des ROG und des UVPG  festgelegt. Diese Bundesplanung ersetzt somit künftig die Raumordnungsverfahren der Länder.

Eine Übersicht über die 4 verschiedenen Szenarien A, B (2022 und 2032) und C vermittelt Anlage 1.

 

Wie der Anlage 1 zu entnehmen ist, wird in allen (4) Szenarien der Landkreis Cloppenburg durch das Projekt 21 tangiert. Eine Beschreibung des Projektes 21 ist als Anlage 2 beigefügt.

Das Projekt 21 sieht eine Netzverstärkung in bestehender Trasse der vorhandenen Leitung zwischen Conneforde und Cloppenburg und den Neubau einer 380-kV-Leitung in neuer Trasse zwischen Cloppenburg und Westerkappeln vor. Zur Einbindung der Leitung muss die Schaltanlage (Umspannwerk) Cloppenburg neu errichtet und die Schaltanlage Westerkappeln erweitert werden.

Zur Begründung des Projektes wird angeführt, dass aufgrund des prognostizierten starken Anstiegs vor allem der On- und Offshore- Windenergieleistung im Raum nordwestliches Niedersachsen die vorhandene Netzstruktur aus dem Raum nordwestliches Niedersachsen in Richtung Süden nicht mehr ausreichend ist, um die überschüssige Leistung abtransportieren zu können. Ohne den Neubau in bestehender Trasse bzw. Neubau werden die Stromkreise der 380-kV-Leitungen Diele – Dörpen/West, Elsfleth/West – Ganderkesee sowie Gronau – Hanekenfähr bei Ausfall eines 380-kV-Stromkreises überlastet.

Mit diesem Projekt werden eingeschlafene Überlegungen der Fa. Windland reaktiviert, die im Jahr 2003 mit entsprechenden Überlegungen eines Ausbaus dieser Trasse an den Landkreis Cloppenburg herangetreten war.

Die Realisierung des Projektes 21 hätte weitreichende Auswirkungen auf den Landkreis  Cloppenburg, insbesondere aber auf die im Trassenraum belegenen Südkreisgemeinden, die durch den Neubau einer 380kV – Hochspannungsleitung nachhaltig beeinträchtig würden.

Beim Szenario B  ist für den Zeithorizont 2032 darüber hinaus mit weiteren Beeinträchtigungen zu rechnen,  weil die Trasse Conneforde – Cloppenburg durch eine Stichtrasse an die

östlich verlaufende geplante Haupttrasse von Elsfleth/West nach Philippsburg angebunden werden soll.

Zu noch massiveren Beeinträchtigungen käme es beim Szenario C, weil dann neben der Trasse des Projektes 21 auch noch die geplante von Norden nach Süden verlaufende Haupttrasse über Cloppenburg führen würde.

 

Für den Netzentwicklungsplan Strom 2012 hat die Bundesnetzagentur ein sogenanntes Konsultationsverfahren durchgeführt, in der sowohl die Träger öffentlicher Belange als auch Private ihre Stellungnahmen zum vorgelegten Entwurf abgeben konnten. Die gemeinsame Stellungnahme des Landkreises Cloppenburg und der voraussichtlich betroffenen Städte und Gemeinden (incl. Stadt Dinklage und Gemeinde Bakum) ist als Anlage 3 beigefügt.

Nach Abschluss dieses Verfahrens hat die Bundesnetzagentur der Bundesregierung am 26.11.2012 die sogenannte „finale Fassung“ des Netzentwicklungsplanes übergeben. Von den ursprünglich 75 Vorhaben, die sich im ersten Entwurf des Netzentwicklungsplanes fanden, tragen in der „finalen Fassung“ 51 Projekte den Bestätigungsvermerk, die restlichen Projekte sind nach Ansicht der Netzagentur nicht vordringlich. Die vierseitige Liste mit den bestätigten Projekten, darunter auch das Projekt 21, ist als Anlage 4 beigefügt. Die kartenmäßige Darstellung der geplanten Stromtrassen nach dem Netzentwicklungsplan ist Anlage 5 zu entnehmen.

 

Als einen Schritt zur Teilumsetzung des Netzentwicklungsplanes Strom 2012 plant die TenneT Offshore GmbH für die Anbindung von zukünftigen Offshore- Windparks neue Trassenkorridore im Küstenmeer und an Land bis zu den Netzverknüpfungspunkten Wilhelmshaven Nord, Halbemond, Elsfleth/Moorriem und Cloppenburg Ost. Hierfür ist ein Raumordnungsverfahren eingeleitet worden. Die Antragskonferenz für dieses Verfahren hat am 12.11.2012 bei der Regierungsvertretung in Oldenburg stattgefunden.

 

Hintergrund des eingeleiteten Raumordnungsverfahrens ist, dass aus den geplanten Offshore- Windparks insgesamt 25 GW Strom abgeleitet werden müssen. Für 8 GW sind die erforderlichen Verfahren bereits durchgeführt worden. Für weitere 10 GW ist jetzt das Raumordnungsverfahren eingeleitet worden. Die Ableitung der verbleibenden 7 GW wird zur Zeit in Niedersachsen noch nicht beplant, weil auch ein Teil des Offshore- Windstroms über Schleswig-Holstein abgeleitet werden kann (siehe Anlage 6„Übersichtskarte Landkorridore“). Dieser Übersichtskarte ist auch zu entnehmen, wie viele Netzübertragungssysteme mit je rd. 1 GW Kapazität an die jeweiligen Netzverknüpfungspunkte (Umspannwerke) angeschlossen werden sollen. So bedeutet die in Klammern gesetzte „3“ hinter dem „UW Cloppenburg Ost“, dass 3 Übertragungssysteme mit rd. 3 GW Gesamtleistung angebunden werden sollen.

 

Die Offshore- Windstromübertragung von den Anlandungspunkten der Seekabel bis zum Verknüpfungspunkt Cloppenburg Ost soll durch erdverkabelte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstrassen (HGÜ- Trassen) erfolgen. Die verschiedenen Varianten der HGÜ- Trassenführung sind in Anlage 6 dargestellt. Für den Anknüpfungspunkt Cloppenburg Ost steht gegenwärtig noch nicht fest, ob die Übertragungssysteme auf verschiedene Trassenvarianten verteilt werden oder gebündelt nur eine der aufgezeigten Alternativen nutzen. Fest steht nur, dass 3 Übertragungssysteme an den Verknüpfungspunkt Cloppenburg Ost anbinden sollen. Ob und insbesondere wie die HGÜ- Trassenführung vorgenommen wird, soll im Rahmen des eingeleiteten Raumordnungsverfahrens geklärt werden.

 

Bereits gegenwärtig ist absehbar, dass nicht die erdverkabelten HGÜ- Trassen, sondern die an den Verknüpfungspunkten zu erstellenden Umspannwerke und die im Anschluss daran in der Regel als oberirdische Hochspannungsleitungen auszubauenden Wechsel- und Drehstrom-Übertragungstrassen sowohl die gravierendsten Raumwiderstände als auch die weitaus größten Widerstände in der betroffenen Wohnbevölkerung erzeugen werden. Obwohl allein das neu zu erstellende Umspannwerk für den Verknüpfungspunkt Cloppenburg Ost mit den 3 anzubindenden HGÜ- Systemen einen Flächenbedarf von 15 ha zur Folge hätte und somit ohne Zweifel raumbedeutsam ist, soll es nicht Bestandteil des eingeleiteten Raumordnungsverfahrens sein. Hierauf ist der Landkreis Cloppenburg in seiner als Anlage 7 beigefügten Stellungnahme vom 19.11.2012 ausführlich eingegangen.

 

Es ist zu beraten, wie weiter vorgegangen werden soll.