Beschlussvorschlag:
Dem Kreistag wird empfohlen zu beschließen, der
Stiftung Edith Stein wird für die Fachstelle Sucht und Suchtprävention für die
Jahre 2019 und 2020 ein jeweils um 32.318,80 EUR erhöhter Zuschuss in Höhe von
bis zu 363.737,57 EUR als Defizitausgleich gewährt.
Sachverhalt:
Die Stiftung Edith Stein beantragt mit
Schreiben vom 05.10.2018 die Erhöhung des bereits gewährten Zuschusses für die
Jahre 2019 und 2020 um jeweils 32.318,80 EUR auf insgesamt 363.737,57 EUR.
Begründet wird der erhöhte Zuschussbedarf
mit der Notwendigkeit einer weiteren Sozialarbeiterstelle im Umfang 50 % der
regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Aufgabenwahrnehmung im Bereich der
psychosozialen Beratung.
Aktuell zeigt
sich die Problematik in der Versorgung der Patienten mit Hartdrogenabhängigkeit
dramatisch verändert, sodass es aus amtsärztliches
Sicht zwingend erforderlich ist, dass das Gesundheitsamt/der sozialpsychiatrische
Dienst bzw. die beiden externen Institutionen Drobs (STEP gGmbH) und Stiftung
Edith Stein sich hinsichtlich der Versorgung dieses Patientenklientels
strukturell neu aufstellen müssen.
Aufgabe
des übertragenen Wirkungskreises des sozialpsychiatrischen Dienstes ist gemäß
dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch
Kranke (NPsychKG) die Betreuung und Versorgung psychisch kranker Menschen.
Hierzu gehört auch der Patientenbereich der Suchtkranken (F10-F19 Psychische
und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen gemäß ICD 10). Dieses
Klientel ist dahingehend charakterisiert, dass es erhebliche soziale,
sozialmedizinische wie auch medizinische Begleitprobleme aufweist!
Der Aufgabenbereich der psychosozialen
Beratung wurde an zwei Institutionen delegiert:
-
Drogenberatungsstelle/Step
-
Stiftung Edith Stein
Die
Zuständigkeiten dieser beiden Institutionen wurden dahingehend aufgeteilt, dass
die Drogenberatungsstelle (Drobs) die niedrigwellig ausgerichtete Versorgung
der Hartdrogenabhängigen sicherstellt, demgegenüber die Stiftung Edith Stein
eine höherschwellig ausgerichtete Versorgung von Patienten mit Abhängigkeit
legaler und illegaler Suchtstoffe (Beratung und Therapie) umsetzt.
Zusätzlich fand auf ambulanter Ebene eine
ärztlich-medizinische Versorgung im Rahmen der Substitutionstherapie durch vier
niedergelassene Ärzte und einer Ärztin beim Gesundheitsamt statt. Hierbei ist
zu ergänzen, dass die Patienten parallel zur Situationstherapie von den
niedergelassenen Ärzten auch medizinisch-diagnostisch wie therapeutisch
versorgt wurden, was insbesondere aufgrund der nicht immer bestehenden
Begleiterkrankungen zwingend erforderlich ist. Am Wochenende erfolgte die
Substitutionstherapie im Krankenhaus St. Josef.
Aktuell gestaltet sich die Situation derart,
dass es im Landkreis Cloppenburg nur noch einen substituierenden Arzt im
Gesundheitsamt gibt. Eine Versorgung der Patienten im Substitutionsprogramm am
Wochenende durch das Krankenhaus ist nicht mehr gegeben. Das führt zu der
Problematik, dass die Patienten hinsichtlich ihrer Begleiterkrankungen nicht
mehr adäquat versorgt sind, da der substituierende Arzt nicht dafür zugelassen
ist und auch nicht die entsprechenden Strukturen (diagnostische Geräte,
Personal, etc.) vorhält. Eine Anbindung an Hausärzte gestaltet sich sehr
schwierig, da die Patienten ärztliche Kontakte meiden, was pathognomonisch für
diese ist.
Viele
Patienten sind zudem gar nicht in der Lage, die Anforderungen - die die
Substitutionstherapie erfordert - zu erfüllen, sodass sie regelmäßig leider aus
dem Substitutionsprogramm entlassen werden müssen und damit unweigerlich dem
illegalen (Sucht)Konsum ausgeliefert sind.
Aber
auch die Struktur der substituierten Patienten hat sich geändert: Waren es zuvor
überwiegend junge Menschen, sind aufgrund der Substitutionstherapie die
Suchtpatienten jetzt älter geworden, was nicht selten auch mit einer
Verschlechterung der Begleiterkrankungen einhergeht. Des Weiteren sind aber
auch junge Patienten nachgerückt, die sehr schwerwiegende soziale wie auch
sozialmedizinische Probleme haben. Eine weitere Problematik besteht darin, dass
viele Pat. kleinere/jüngere Enkel-/Kinder haben, die zumindest zeitweise in
deren Haushalt leben. Da am Wochenende eine Substitution im Krankenhaus nicht
mehr gegeben ist, muss das Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen
Einnahme rezeptiert werden. Dies erfordert von den Patienten einen sorgsamen
Umgang mit dem Substitutionsmittel im häuslichen Umfeld (Verschließen), um so
nicht Dritte zu gefährden (Kinder).
Bei
der aktuellen Arbeitskreissitzung allgemeine Sucht des sozialpsychiatrischen
Verbundes wies die Polizeiinspektion Cloppenburg auf einen weiter zunehmenden
Konsum von illegalen Drogen (Amphetamine und Cannabis) insbesondere bei
Jugendlichen hin. Diese Entwicklung ist sehr problematisch und beinhaltet eine
nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein gewisser Prozentsatz
mittelbar einem Hartdrogenkonsum verfällt.
Anzumerken
und hervorzuheben ist zudem, dass bereits im Rahmen der im Gesundheitsamt zu
überblickenden zwölf Monate drei Todesfälle und ein sehr tragisch kommunikativ
verlaufender Fall (apallisches Syndrom) zu verzeichnen ist. Leider wird sich die Versorgung der Suchtpatienten
mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter verschlechtern, da die noch
substituierenden Ärzte im regionalen Umfeld im fortgeschrittenen Alter sind und
zumindest mittelbar ihre berufliche Tätigkeit einstellen. Es zeigt sich
bedauerlicherweise auch keine Bereitschaft anderer niedergelassener Ärzte, eine
Substitutionstherapie umzusetzen. Dies ist begründet aufgrund der sehr hohen
und zunehmenden Arbeitsbelastung der niedergelassenen Ärzteschaft sowie des
schwierigen Auftretens dieser Patienten. Auch die formalrechtlichen
Anforderungen gemäß Betäubungsmittelgesetz,
Betäubungsmittelverschreibungs-verordnung in Verbindung mit den Empfehlungen
der Bundesärztekammer sind derart hoch und können zudem auch kaum umgesetzt
werden, sodass sich auch aus dieser Sicht verständlicherweise kaum junge Ärzte
finden werden, die diese Aufgabe übernehmen wollen.
Letztendlich
ist es daher erforderlich, die Versorgungsstrukturen im Landkreis Cloppenburg
hinsichtlich der Versorgung der hartdrogenabhängigen Patienten den
Veränderungen anzupassen. Hierzu steht das Gesundheitsamt im engen Austausch
mit den beiden oben genannten Institutionen. Beide Institutionen sehen die
Notwendigkeit einer Neuausrichtung und sind dahingehend auch ausgesprochen
kooperativ. Hierbei ist es zum Beispiel erforderlich, dass die Drogenberatungsstelle
(Drobs) ihren niedrigschwelligen Zugang zu den Patienten im Rahmen der
ausufernden Hilfe erweitert. Demgegenüber muss die Stiftung Edith Stein die
psychosoziale Begleitung aller substituierten Patienten, bei Bedarf auch im
Krisenfall, sicherstellen. Beide Institutionen haben die präventive Arbeit
hinsichtlich der Drogenproblematik im jugendlichen Alter auszuweiten. Dieses
muss aufgrund der nicht unerheblichen Mehrarbeit zwangsläufig personell
kompensiert werden und begründet die aktuell vorliegenden Anträge sowohl der
Drobs als auch der Stiftung Edith Stein bezüglich der Kostenübernahme jeweils
einer halben Stelle Sozialarbeit.
Aus amtsärztlicher Sicht ist hier die
Notwendigkeit der Neustrukturierung hinsichtlich der Versorgung von
Suchtpatienten, wie oben beschrieben, gegeben, was eine nicht unerhebliche
Mehrarbeit beinhaltet, welche den Umfang von zwei halben Stellen Sozialarbeit
(STEP (Drobs) und Edith-Stein) beinhalten dürfte.
Seitens der Verwaltung wird vorgeschlagen,
der Erhöhung des bereits gewährten Zuschusses um jeweils 31.318,80 EUR für die
Jahre 2019 und 2020 auf insgesamt 363.737,57 EUR zuzustimmen.
Es ist zu beraten, ob
-
für die
Fachstelle Sucht und Suchtprävention der Stiftung Edith Stein ein um 32.318,80
EUR erhöhter Zuschuss gewährt werden soll,
-
der Zuschuss
jeweils für die Jahre 2019 und 2020 gewährt werden soll und
-
der Zuschuss
jeweils als Defizitausgleich gewährt werden soll.
Finanzierung:
In der Haushaltsplanung ist der von der Stiftung
Edith Stein beantragte Zuschuss vorsorglich berücksichtigt worden.
Produkt: P1.367500
Erziehungs-, Jugend-, Familienberatungsstellen
Anlagenverzeichnis:
Antrag der Stiftung Edith Stein vom 05.10.2018 einschließlich Begründung und Kostenberechnung für die Jahre 2019 und 2020.