Beschluss: mehrheitlich abgelehnt

Vorsitzender Niehaus stellte fest, dass zwei von einander abweichende Beschlussanträge vorlagen.

 

Er stellte zunächst die gleichlautenden Anträge der Kreistagsabgeordneten Lüdders sowie des Kreistagsabgeordneten Riesenbeck zur Abstimmung.

 

Der Sozialausschuss beschloss mit 2-Ja-Stimmen und 6-Nein-Stimmen, dem Kreistag nicht zu empfehlen, auf den Antrag der Schwangerenberatungsstellen donum vitae und Diakonie als Modellprojekt einen Zuschuss in Höhe von jeweils 8.000 € in den Jahren 2011 bis 2013 zur Übernahme der Kosten für empfängnisverhütende Maßnahmen für Leistungsempfängerinnen gemäß SGB II, SGB XII und AsylbLG zu bewilligen.

 

Danach stellte Vorsitzender Niehaus den Antrag der Kreistagsabgeordneten Wienken zur Abstimmung.

 

Der Sozialausschuss beschloss mit 6-Ja-Stimmen und 2-Nein-Stimmen, dem Kreistag zu empfehlen, den Antrag der Schwangerenberatungsstellen donum vitae und Diakonie auf einen Zuschuss in Höhe von 8.000 € für die  Übernahme der Kosten für empfängnisverhütende Maßnahmen für Leistungsempfängerinnen gemäß SGB II, SGB XII und AsylbLG abzulehnen.


Das beratende Mitglieder Hans-Jürgen Hoffmann nahm wegen Befangenheit an der Beratung nicht teil.

 

Ltd. Medizinaldirektorin Dr. Blömer trug den Sachverhalt entsprechend der Vorlagen-Nr.: V-SOZ/10/014 vor.

 

Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Riesenbeck bestätigte Ltd. Medizinaldirektorin Dr. Blömer, dass der Regelsatzanteil von 15,55 € für Gesundheitspflege für alle erwachsenen Leistungsberechtigten gelte, auch für Männer.

 

Kreistagsabgeordnete Lüdders meinte, dass der Betrag von rd. 15 € in der Regel wohl schon für Medikamente, die nicht  von den Krankenkassen übernommen würden, aufgebraucht werde. Sie unterstütze den Antrag, weil das Projekt dazu beitrage, den betroffenen Frauen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und die Gesellschaft die politische Verantwortung habe, dabei zu helfen. Kreistagsabgeordnete Lüdders schlug daher vor, dem Antrag für die kommenden drei Jahre zu entsprechen. Sie schlug des Weiteren vor, nach 2 bis 3 Jahren eine Überprüfung der Zuschussbewilligung vorzunehmen.

 

Gleichstellungsbeauftragte Dr. Neumann führte aus, dass es immer mehr Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II schwer falle, Verhütungsmittel zu finanzieren. Dies hätten auch die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen von donum vitae und der Diakonie in den letzten Jahren zu spüren bekommen. In den Beratungsstellen würden zunehmend Frauen Hilfe suchen, die auf Grund mangelnder finanzieller Möglichkeiten ungewollt schwanger geworden seien. Aus diesen Erfahrungen der beiden Beratungsstellen sei der vorliegenden Antrag entstanden. Der Antrag diene dazu, auf das Problem aufmerksam zu machen und einen Weg der Abhilfe zu suchen.

 

Der neu berechnete Regelsatz für ALG II-Empfängerinnen enthalte, so Gleichstellungsbeauftragte Dr. Neumann weiter, einen Betrag von monatlich 15,55 € für Gesundheitspflege. Dieser Betrag sei unabhängig vom Geschlecht und dem Alter der leistungsberechtigten Person berechnet worden, zudem würden Kosten für Verhütungsmittel darin keine gesonderte Berücksichtigung finden. Der Betrag von 15,55 € müsse somit auch für den Kauf von Kopfschmerztabletten, Nasenspray, Praxisgebühr und ähnlichem verwendet werden. Insbesondere Verhütungsmittel, die einmalig die Zahlung eines hohen Betrages erfordern (Spirale, Sterilisation) seien daher unerschwinglich, was z. B. bei Unverträglichkeit der Pille weitreichende Folgen haben könne.

Die Leistungen der Krankenkassen auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln werde nur bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres gewährt.

 

Gleichstellungsbeauftragte Dr. Neumann erläuterte, dass die Beratungsstellen donum vitae und die Diakonie den jährlichen Betrag auf 8.000 € geschätzt hätten, dabei sei Grundlage die Gewährung von Zuwendungen für hormonelle Verhütungsmittel von 50 % sowie für einmalige Kosten für Sterilisation und Spirale von max. 100 € jährlich pro Person gewesen. Der Schätzwert erscheine realistisch, da der Landkreis Oldenburg beispielsweise bei einer 100%igen Bezuschussung aller empfängnisverhütenden Maßnahmen bei 125.000 Einwohnern des Kreises von einem jährlichen Betrag von 10.000 € ausgehe und die Stadt Braunschweig mit 241.000 Einwohner und vollständiger Kostenübernahme 10–20.000 € ansetze.

 

Abschließend verwies Gleichstellungsbeauftragte Dr. Neumann auf das Dilemma, in dem sich die Beraterinnen von donum vitae und der Diakonie befinden würden. Sie müssten den ungewollt schwangeren Frauen im Schwangerschaftskonflikt klar machen, dass ein Schwangerschaftsabbruch zu 100 % vom Land finanziert werde, eine Möglichkeit der Bezuschussung von Verhütungsmitteln jedoch nicht vorhanden sei. Dies sei eine paradoxe Situation, die den ungewollt Schwangeren nicht verständlich zu machen sei und die die Beratungsstellen auch mit bewogen hätten, den vorliegenden Antrag zu stellen.

 

Kreistagsabgeordneter Friedhoff meinte, dass der Betrag von 8.000 € wohl nur eine grobe Schätzung sei, da die Mittel allenfalls für rd. 5 % der betroffenen Frauen ausreichen würden. Er schlug vor, den Betrag zu „deckeln“, das Thema nach einem Jahr erneut zu prüfen und zu ermitteln, welche Auswirkungen sich ergeben hätten, z.B. ob die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zurückgegangen sei.

 

Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Loots erläuterte Ltd. Medizinaldirektorin Dr. Blömer, dass das Projekt in Oldenburg eher langsam anlaufe.

 

Kreistagsabgeordneter Riesenbeck betonte, dass die SPD eine Zuschussbewilligung für das Modellprojekt unterstütze. Durch die Beratungsstellen sei gesichert, dass lediglich in Fällen, in den eine finanzielle Unterstützung notwendig sei, Mittel zur Empfängnisverhütung bewilligt würden.

 

Kreistagsabgeordnete Wienken gab zu bedenken, dass eine Zuschussbewilligung in diesem Falle weitere Anträge für andere Projekte bewirken könnte. Die finanzielle Situation des Landkreises erfordere aber eine strikte Haushaltsdisziplin. Daher schlug sie vor, den Antrag abzulehnen. Abschließend verwies sie darauf, dass auch andere Frauen mit geringem Einkommen in einer vergleichbaren Lage seien und keine zusätzlichen Leistungen erhalten würden.

 

Auf Frage des Kreistagsabgeordneten Friedhoff erläuterte Ltd. Medizinaldirektorin Dr. Blömer, dass die Personalkosten für den Fall der Auszahlung der Mittel über das Gesundheitsamt noch nicht kalkuliert worden seien.

 

Erster Kreisrat Frische ergänzte, dass hinsichtlich der Abwicklung durch die Beratungsstellen kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand geltend gemacht worden sei.