Sitzung: 17.01.2019 Kreistag
Mit Datum vom 14.01.2019 stellte die SPD-Fraktion zu den aktuellen Tuberkulose-Erkrankungen folgende Anfrage:
1. Wie oft wurden bisher seit 2013 die dem Landkreis Cloppenburg bekannten
Arbeitnehmerunterkünfte in der Landkreisfläche überprüft?
2. Wann fand die letzte Überprüfung der Unterkunftsgebäude statt?
3. Wurden bei den Überprüfungen Mängel festgestellt?
3. a) Wenn ja, welche Mängel lagen vor?
4. Welche Maßnahmen wurden zur Mängelabstellung durchgeführt?
4. a) Wenn ja, wird eine Nachprüfung der festgestellten Mängel durchgeführt?
5. Hat sich die Anzahl der von den Gemeinden gemeldeten Unterkünften
geändert?
6. Gibt es seitens des Landkreises regelmäßige Abfragen an die Gemeinden
über die Anzahl, den Standort und Besonderheiten der Unterkünfte?
7. Sind dem Landkreis Cloppenburg die Unterkünfte im Stadtgebiet Cloppenburg
bekannt?
8. Gibt es einen Informationsaustausch zwischen dem Landkreis und der Stadt
Cloppenburg über die Unterkünfte in der Stadt Cloppenburg?
9. Wie viele Bedienstete des Landkreises Cloppenburg arbeiten auf den
Schlachthöfen im Landkreis Cloppenburg?
10. Wie viele Werkvertragsbeschäftigte arbeiten in den Schlachthöfen im
Landkreis Cloppenburg
11. Welche Werkvertragsfirmen sind in den einzelnen Unternehmen tätig?
12. Gibt es Informationsquellen, eine Informationsplattform und einen Austausch
über die Wohnverhältnisse, Arbeits- und Lebensbedingungen und der
ausländischen Schlachtbeschäftigten?
13. Gibt es genaue Informationen über die Erkrankungen der Beschäftigten auf
den Schlachthöfen?
13. a) Wenn ja, wie hoch ist der Anteil männlich/weiblich, welche Nationalität?
13. b) Wenn ja, in welcher Form waren die an TBC erkrankten Personen auf dem
Schlachthof tätig, bzw. wie entstand womöglich der Kontakt zu einer
erkrankten Person?
14. Gibt es einen Informationsaustausch über die Tuberkulose-Erkrankungen in
den Landkreisen Vechta und Oldenburg-Land sowie Emsland und
Osnabrück?
14. a) Wenn ja, wie viele erkrankte Schlachthofbeschäftigte arbeiten davon im
Landkreis Cloppenburg und wohnen lediglich in den Nachbarlandkreisen?
15. Es liegen vage Hinweise vor, dass es im Landkreis Cloppenburg womöglich
zu einem weiteren Todesfall eines Schlachters gekommen sein soll, der an
Tuberkulose erkrankt war und im Nachbarlandkreis, vermutlich in
Quakenbrück, wohnhaft bzw. aufhältig war. Kann diese Hinweislage
bestätigt werden?
16. Wie hoch ist der Anteil der Kreismitarbeiter, die an den freiwilligen TBC-
Testprüfungen teilnehmen?
17. Welche weiteren Maßnahmen wurden bisher/werden durch den Landkreis
Cloppenburg getroffen, um weitere TBC-Erkrankungen zu verhindern und die
Betroffenen und das jeweilige Umfeld zu informieren?
18. Gibt es bei der Beratungsstelle für Werkvertragsarbeiter in Lohne
Beratungsbedarf und/oder deliktsbezogene Tätigkeiten zu den
Erkrankungsfällen im Landkreis Cloppenburg?
19. Auf Basis des bisherigen Krankheitsbildes prognostiziert der Landkreis
Cloppenburg die Seuchenbekämpfung TBC wie folgt?
Erster Kreisrat Frische beantwortete die vorgenannte Anfrage wie folgt:
„1. Wie oft wurden bisher seit
2013 die dem Landkreis Cloppenburg bekannten Arbeitnehmerunterkünfte in der
Landkreisfläche überprüft?
2013 fand erstmals die Überprüfung aller 281 bekannten Unterkünfte
statt.
2016 wurden erneut 23 anhand der Höhe der Belegungszahlen ausgewählte
Unterkünfte im gesamten Kreisgebiet überprüft.
In 2017 wurden dann aufgrund der Aufstellung des B-Plans Nr. 131
„Steuerung Gemeinschaftsunterkünfte“ der Gemeinde Emstek 11 Unterkünfte in der
Gemeinde Emstek gezielt überprüft. Darüber hinaus fanden immer wieder
anlassbezogene Kontrollen statt. Im Regelfall handelte es sich hierbei um
Hinweise der Gemeinden oder aus der Nachbarschaft.
Seit 2018 werden die Arbeitnehmerunterkünfte systematisch gemeindeweise
durch ein speziell für diesen Zweck gebildetes Team aus einem Bauingenieur und
einer Verwaltungsfachkraft überprüft. Nach diesem Konzept wurden seit Anfang
2018 112 Wohnungen in den Gemeinden Cappeln (abgeschlossen) und Emstek (nahezu
abgeschlossen) überprüft. In Kürze werden die Überprüfungen in der Gemeinde
Essen beginnen. Im Fokus liegen zunächst die Gemeinden im Einzugsgebiet der
größten Schlachthöfe im Landkreis Cloppenburg.
2. Wann fand die letzte
Überprüfung der Unterkunftsgebäude statt?
s. Antwort zu 1.
3. Wurden bei den
Überprüfungen Mängel festgestellt?
Ja, es wurden Mängel festgestellt.
3. a) Wenn ja, welche Mängel
lagen vor?
Bezogen auf den Überprüfungszeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018 wurden
folgende Feststellungen getroffen, wobei Gebäude mit verschiedenartigen Mängeln
mehrfach enthalten sind:
14 Brandschutzmängel (Rauchwarnmelder, Feuerlöscher,
Rettungswege/Brandlasten)
17 Überbelegungen (gemessen an den „Anforderungen an gesunde
Wohnverhältnisse bei der Unterbringung von Arbeitnehmern in Wohngemeinschaften
des Landkreises Cloppenburg“. Die festgestellten Überbelegungen waren in
der Regel geringfügig; 1 bis 3 Personen)
18 ungenehmigte An- und Umbauten sowie Nutzungsänderungen
3 Hygienemängel (Schimmelbildung)
2 sonstige Mängel (z.B. fehlendes Balkongeländer)
4. Welche Maßnahmen wurden zur
Mängelabstellung durchgeführt?
Es wurden bauordnungsrechtliche Verfahren eingeleitet. In der Regel
reagieren die Eigentümer bereits im Anhörungsverfahren und beheben die Mängel.
In den übrigen Fällen wird die Mängelbeseitigung oder ggf. die Nutzungsaufgabe
(bisher 1 Fall) verfügt.
4. a) Wenn ja, wird eine
Nachprüfung der festgestellten Mängel durchgeführt?
Ja, je nach Gewichtigkeit des Mangels findet entweder eine erneute
örtliche Überprüfung statt oder es werden Nachweise von den Eigentümern
angefordert.
5. Hat sich die Anzahl der von
den Gemeinden gemeldeten Unterkünfte geändert?
Die Anzahl der insgesamt gemeldeten/bekannten Unterkünfte bewegt sich
ohne große Veränderungen in einem Rahmen von 250 bis 300 Unterkünften.
Allerdings treten immer wieder neue Unterkünfte hinzu, während dafür bisher
bekannte Unterkünfte aufgegeben werden.
6. Gibt es seitens des
Landkreises regelmäßige Abfragen an die Gemeinden über die Anzahl, den Standort
und Besonderheiten der Unterkünfte?
Eine Gesamtabfrage fand 2016 statt. Mit den Städten und Gemeinden
besteht die Absprache, dass sie dort bekannt werdende Arbeitnehmerunterkünfte
an die Kreisverwaltung melden. Dies gilt insbesondere bei auffälligen
Anmeldungen in den Meldeämtern. Die so geführte aktualisierte Liste bildet den
Grundstein für das gegenwärtige Überprüfungskonzept. Bevor mit der Überprüfung
innerhalb einer Gemeinde gestartet wird, werden nochmals aktuelle Meldedaten
von der jeweiligen Gemeinde angefordert.
7. Sind dem Landkreis
Cloppenburg die Unterkünfte im Stadtgebiet Cloppenburg bekannt?
Nein, baurechtlich zuständig ist die Stadt Cloppenburg als untere
Bauaufsichtsbehörde.
8. Gibt es einen Informationsaustausch
zwischen dem Landkreis und der Stadt Cloppenburg über die Unterkünfte in der
Stadt Cloppenburg?
Einen regelmäßigen Austausch gibt es nicht. Der Stadt Cloppenburg sind
jedoch die Richtlinien des Landkreises für Arbeitnehmerunterkünfte und die Vorgehensweise
bei der Überprüfung bekannt. Daneben findet ein anlassbezogener kollegialer
Austausch zwischen dem Gesundheitsamt der Kreisverwaltung und dem Bauamt der
Stadt Cloppenburg statt.
9. Wie viele Bedienstete des
Landkreises Cloppenburg arbeiten auf den Schlachthöfen im Landkreis
Cloppenburg?
Der Landkreis Cloppenburg beschäftigt 266 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter auf den Schlachthöfen.
10. Wie viele
Werkvertragsbeschäftigte arbeiten in den Schlachthöfen im Landkreis Cloppenburg
Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Daten vor.
11. Welche Werkvertragsfirmen
sind in den einzelnen Unternehmen tätig?
Hierzu liegen der Kreisverwaltung keine Daten vor.
12. Gibt es
Informationsquellen, eine Informationsplattform und einen Austausch über die
Wohnverhältnisse, Arbeits- und Lebensbedingungen und der ausländischen
Schlachtbeschäftigten?
Es existiert neben der vom Land Niedersachsen geförderten
Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in Oldenburg ein durch die Landkreise
Cloppenburg und Vechta gefördertes Beratungsangebot des Caritassozialwerkes für
ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Beratungsstellen in Lohne
und Cloppenburg.
13. Gibt es genaue
Informationen über die Erkrankungen der Beschäftigten auf den Schlachthöfen?
Vion Emstek:
Insgesamt sind 5 Personen an Tuberkulose erkrankt, eine Person ist
verstorben. Im Rahmen der Umgebungsuntersuchung wurden bei über 100 Personen
Blutentnahmen durchgeführt und zur weiteren Diagnostik durch das Nds.
Landesgesundheitsamt untersucht. Dieser Test war bei ca. 63% der Personen
positiv. Die Betroffenen wurden in der 51. KW 2018 fachärztlich angebunden und
untersucht.
Danish Crown Essen:
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des betroffenen Betriebes wohnen
im Nachbarlandkreis Osnabrück. Als zuständiges Gesundheitsamt werden die Fälle
vom Landkreis Osnabrück bearbeitet. Am genannten Schlachthof hat es 4
Tuberkulose-Fälle gegeben. Keiner der Erkrankten hat seinen Wohnsitz im
Landkreis Cloppenburg. Im Rahmen der Umgebungsuntersuchung (durchgeführt vom LK
Osnabrück) sind über 100 Personen aus dem Umfeld der Erkrankten ermittelt
worden. Von den über 100 Personen haben 42 ihren Wohnsitz im LK Cloppenburg.
Die Betroffenen (aus dem LK Cloppenburg) wurden untersucht bzw. geröntgt,
weitere Erkrankungen haben sich dabei nicht ergeben.
13. a) Wenn ja, wie hoch ist
der Anteil männlich/weiblich, welche Nationalität?
Die Betroffenen sind alle männlich und rumänische Staatsbürger. (Vion)
13. b) Wenn ja, in welcher
Form waren die an TBC erkrankten Personen auf dem Schlachthof tätig, bzw. wie
entstand womöglich der Kontakt zu einer erkrankten Person?
Die an TBC erkrankten Personen waren in der Grobzerlegung bzw. im
Kühllager des Schlachthofes tätig. Rein theoretisch ist eine Übertragung im
Betrieb bzw. im Wohnumfeld möglich. Bei den Betroffenen wurden z. T.
unterschiedliche Erregerstämme identifiziert. Hier steht allerdings noch ein
Ergebnis der Erreger- Typisierung aus.
14. Gibt es einen
Informationsaustausch über die Tuberkulose-Erkrankungen in den Landkreisen Vechta
und Oldenburg-Land sowie Emsland und Osnabrück?
Sofern es zu landkreisübergreifenden Infektionsgeschehen kommt, findet
ein entsprechender Austausch statt.
14. a) Wenn ja, wie viele
erkrankte Schlachthofbeschäftigte arbeiten davon im Landkreis Cloppenburg und
wohnen lediglich in den Nachbarlandkreisen?
s. Frage 13
15. Es liegen vage Hinweise
vor, dass es im Landkreis Cloppenburg womöglich zu einem weiteren Todesfall
eines Schlachters gekommen sein soll, der an Tuberkulose erkrankt war und im
Nachbarlandkreis, vermutlich in Quakenbrück, wohnhaft bzw. aufhältig war. Kann
diese Hinweislage bestätigt werden?
Entsprechende Hinweise liegen hier nicht vor.
16. Wie hoch ist der Anteil
der Kreismitarbeiter, die an den freiwilligen TBC-Testprüfungen teilnehmen?
Rund die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Angebot
angenommen (136).
17. Welche weiteren Maßnahmen
wurden bisher/werden durch den Landkreis Cloppenburg getroffen, um weitere
TBC-Erkrankungen zu verhindern und die Betroffenen und das jeweilige Umfeld zu
informieren?
Nach § 6 (1) Infektionsschutzgesetz ist die Erkrankung an einer
Tuberkulose meldepflichtig. Das Gesundheitsamt trifft dann gem. §§ 25 ff IfSG
die weiteren notwendigen Maßnahmen, wie z. B. Ermittlung von Kontaktpersonen
und Schutzmaßnahmen. Bei jedem gemeldeten Fall von ansteckender
Lungentuberkulose ermitteln die Gesundheitsämter, wer mit der erkrankten Person
in Kontakt war und sich eventuell angesteckt haben könnte. Die betroffenen
Personen werden dann im Verlauf auf eine Tuberkuloseinfektion getestet und
eingehend beraten. Dazu gibt es sehr genaue Empfehlungen des Deutschen
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), an denen sich die
Gesundheitsämter orientieren. Das oberste Ziel des Gesundheitsamtes ist es, die
Weiterverbreitung der Erkrankung zu verhindern.
18. Gibt es bei der
Beratungsstelle für Werkvertragsarbeiter in Lohne Beratungsbedarf und/oder
deliktsbezogene Tätigkeiten zu den Erkrankungsfällen im Landkreis Cloppenburg?
Bislang hat die Beratungsstelle keinen Kontakt zum Gesundheitsamt
aufgenommen.
19. Auf Basis des bisherigen
Krankheitsbildes prognostiziert der Landkreis Cloppenburg die Seuchenbekämpfung
TBC wie folgt?
In Niedersachsen wurden im Jahr 2018 bisher 396 Tuberkulosefälle
gemeldet. In den vorherigen Jahren schwankten die jährlichen Fallzahlen
zwischen 340 und 405 Fällen. Es ist auch in Zukunft mit entsprechenden
Erkrankungen zu rechnen. Alle Fälle werden entsprechend der aktuellen
DZK-Empfehlung ermittelt und versorgt.“
Kreistagsabgeordneter Kolde nahm Bezug auf Punkt 18. der Anfrage der
SPD-Fraktion und hinterfragte nochmals den Kontakt zu der Beratungsstelle für
Werkvertragsarbeiter in Lohne.
Erster Kreisrat Frische teilte hierzu mit, es gäbe regelmäßige Treffen mit der
Beratungsstelle. Bei der letzten Zusammenkunft sei bezüglich eines
Beratungsbedarf und/oder deliktsbezogene Tätigkeiten zu den Erkrankungsfällen
im Landkreis Cloppenburg nichts gesagt worden. Die Problemlage sei aber bekannt
und würde intensiv beobachtet.